Historische Wende

Condoleezza Rice trifft Muammar Gaddafi

Ausland
06.09.2008 14:59
Mit einem Treffen von US-Außenministerin Condoleezza Rice und Revolutionsführer Muammar al Gaddafi haben die USA und Libyen am Freitag eine historische Wende in ihren jahrzehntelang schwierigen bis feindseligen Beziehungen vollzogen. Gaddafi empfing Rice in seinem vor 22 Jahren von US-Kampfflugzeugen bombardierten Amtssitz mit einer Verbeugung. "Die Beziehungen haben sich seit Jahren in eine gute Richtung entwickelt", sagte Rice nach dem Treffen. "Dieser Abend heute markiert eine neue Phase."

Rice ist die ranghöchste US-Politikerin seit 50 Jahren, die Libyen besucht. Ihr Treffen mit Gaddafi bedeutete die Rehabilitierung des libyschen Politikers, nachdem er sich vom Terrorismus losgesagt und Pläne aufgegeben hatte, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu kommen.

Handbewegung zum Herzen
Die Reise beweise, dass es für die USA keine ewigen Feindschaften gebe, sagte Rice bei ihrer Ankunft. "Ehrlich gesagt habe ich nie gedacht, dass ich Libyen besuchen würde", ergänzte sie. Ihr Besuch sei dabei "nicht das Ende der Geschichte, sondern der Anfang". Zunächst traf sie ihren libyschen Kollegen Mohammed Abdel-Rahman Shalgam, bevor sie am Abend mit Staatschef Gaddafi selbst zusammenkam. Die beiden Politiker gaben sich nicht die Hand. Als Rice den Raum betrat, begrüßte Gaddafi sie mit einer traditionellen Handbewegung zum Herzen. Anschließend schüttelte er den männlichen Mitgliedern ihrer Delegation die Hände. (Muslimen gilt es im Allgemeinen als ungehörig, einer nicht verwandten Frau die Hand zu schütteln, Anm.)

Der US-Angriff von 1986 war vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan als Vergeltung für einen Terroranschlag angeordnet worden, bei dem zwei US-Soldaten getötet wurden. Die USA sahen Libyen hinter dem Anschlag. Bei dem Gegenschlag kamen 37 Menschen ums Leben, darunter die Adoptivtochter Gaddafis.

"Libyen hat sich geändert, Amerika hat sich geändert"
Der Besuch von Rice soll nach den Jahrzehnten der Feindschaft eine weitere Normalisierung der Beziehungen markieren. Im Gespräch ist der Abschluss eines Handels- und Investitionsabkommens. Zudem sind die USA und Libyen dabei, eine "militärische Absichtserklärung" zu verhandeln, wie das amerikanische Außenministerium mitteilte. Dies beinhalte unter anderem eine Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus. Der libysche Außenminister sagte nach dem Treffen mit Rice: "Libyen hat sich geändert, Amerika hat sich geändert, die Welt hat sich geändert. Vergessen wir die Vergangenheit."

Libyen hat sich im UNO-Sicherheitsrat in jüngster Zeit mehrfach auf die Seite der USA gestellt, etwa im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm oder der Krise in der sudanesischen Krisenregion Darfur. Andererseits gibt es noch viele ungeklärte Fragen, die das bilaterale Verhältnis belasten. Dabei geht es vor allem um Entschädigungszahlungen an die Opfer von Lockerbie. Über dieser schottischen Stadt explodierte Ende 1988 eine amerikanische Passagiermaschine, an deren Bord eine Bombe deponiert war - offenbar von libyschen Geheimdienstagenten. Libyen hat sich nie zu dem Anschlag bekannt, doch hat sich Gaddafi zu Entschädigungsleistungen für die Opfer bereiterklärt. Die Überweisungen stehen allerdings noch aus.

Letzter hoher US-Besuch in Libyen 1953
Das letzte Mal hatte 1953 ein US-Außenminister Libyen besucht, nämlich John Foster Dulles. Rice war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal geboren. Der letzte ranghohe US-Politiker als Gast in Tripolis überhaupt war 1957 der damalige Vizepräsident Richard Nixon.

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