Bisher wurde angenommen, dass sich junge Ringelwühlen von bereits abgefallenen Hautresten ihrer Mutter ernähren. Neueste Untersuchungen des Jenaer Evolutionsbiologen in Zusammenarbeit mit dem Natural History Museum in London sowie dem Instituto Butantan in São Paulo widerlegen diese Annahme jedoch: Die Jungtiere ziehen ihren Müttern die Haut regelrecht vom Leib und fressen die Hautfetzen anschließend auf. "Eine derart ausgeprägte Mutterfürsorge ist uns neu", weiß der Jenaer Wissenschaftler zu berichten. Kupfer und seine Kollegen vermuten, dass das "Hautfressen" als Form der Brutpflege bei den Amphibien bereits seit mehr als 100 Millionen Jahren existiert.
"Bereits während der Brutzeit verändert sich die Physiologie der Haut des Muttertiers. Fette und Proteine werden eingelagert, die Hautzellen vergrößern sich und der Nährstoffreichtum der Haut nimmt erheblich zu", so Kupfer. Ist die Haut komplett abgefressen, regeneriert sie sich und die Prozedur beginnt von vorne. "Über einen Zeitraum von zwei Monaten wird die Haut zweimal in der Woche von acht bis 16 Jungtieren abgefressen", berichtet der Zoologe weiter. Dabei rammen die Jungtiere ihre stark ausgeprägten Zähne in die Haut der Mutter - der Kiefer ist dabei bis zu 90 Grad geöffnet.
Anschließend verlassen die auf eine Größe von rund 15 cm angewachsenen Jungtiere ihre Mutter und gehen alleine auf Beutefang. "Die Mutter dagegen ist sichtlich ausgemergelt und muss sich von der Brutpflege erholen. Dieser enorme Einsatz erklärt, warum sich Ringelwühlen wahrscheinlich nur alle zwei Jahre fortpflanzen." Südamerikanische Ringelwühlen erreichen eine Lebensdauer von bis zu zehn Jahren. Wie oft sie in dieser Zeit Eier legen, ist noch unklar.
Kupfer zufolge ist das brutale Verhalten der Jungtiere und die Aufopferung des Muttertiers unvergleichbar. "Es wäre interessant zu erfahren, was eigentlich die Väter in der Zeit machen, in der die Mütter alles geben."
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