Trotz Protesten:

Polens Präsident unterzeichnet umstrittene Reform

Ausland
25.07.2017 13:43

Nach dem überraschenden Stopp zweier auch internatinal umstrittenen Justizreformen per Veto hat Polens Präsident Andrzej Duda einer weiteren Reform der nationalkonservativen Regierung zugestimmt. Das teilte das Präsidialamt in Warschau am Dienstag mit. Damit kann der Justizminister nun alle leitenden Richter an den gewöhnlichen Gerichten, einschließlich der Berufungsgerichte, ernennen oder entlassen.

Für seine Personalentscheidungen ist der Justizminister den Justizbehörden künftig keinerlei Rechenschaft schuldig. Er muss nicht mehr die Vollversammlung der polnischen Richter konsultieren oder im Falle einer Ablehnung durch dieses Gremium den Landesrichterrat befragen. "Sie ist unterschrieben, sie wird in Kraft treten", sagte der Vizechef der Präsidentenkanzlei, Pawel Mucha, im polnischen Radio zu der Teilreform. Dass Duda die Reform der normalen Gerichte unterschreiben werde, hatte seine Kanzlei bereits angekündigt.

Zwei Reformen vorerst verhindert
Erst am Montag hatte Duda gegen die umstrittenen Reformen zum Obersten Gericht und des über die Unabhängigkeit der Justiz wachenden Landesrichterrats (KRS) unerwartet Veto eingelegt. Damit reagierte er auf Proteste Tausender Menschen sowie Sanktionsdrohungen der EU-Kommission.

Experten äußerten Sorge zu ihrer Verfassungswidrigkeit. Die Novelle sollte es der Regierung ermöglichen, Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand zu schicken und ihre Posten neu zu besetzen. Die Richterposten in dem Landesrichterrat sollten ebenfalls neu besetzt werden. Kritiker fürchteten, dass ein befangenes Oberstes Gericht sogar Wahlen für ungültig erklären könnte.

Weitere Demonstrationen gegen dritte Reform
Auch wenn sich die Demonstranten über die zwei Vetos freuen, wird gegen die dritte Reform weiterhin präsentiert. "Die Proteste für ein drittes Veto sind sinnlos, der Präsident hat das Gesetz bereits unterschrieben", erteilte ihnen Mucha eine Absage. Die Reform der allgemeinen Gerichte sei aus Sicht der Bürger die wichtigste Justizreform, sagte er.

Regierungschefin Beata Szydlo gab Dudas Veto am Abend kontra: "Wir werden nicht zurückrudern", teilte die Ministerpräsidentin in einer Ansprache mit. Die Justiz funktioniere schlecht. Das Veto des Präsidenten habe die Arbeiten an der Reform bloß verlangsamt, meinte die PiS-Politikerin. Man warte nun auf Dudas Vorschläge.

Möglicherweise Entscheidung in Brüssel
Der Umbau des Justizwesens löste auch international massive Kritik aus. Die EU-Kommission droht Warschau mit Strafmaßnahmen, die bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen könnten. Dazu könnte es heute in Brüssel eine Entscheidung geben. Anfang 2016 hatte Brüssel bereits ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet.

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