Todeslenker-Prozess

Richter nehmen Alen R. seine “Show” nicht ab

Österreich
20.09.2016 12:23

Am Grazer Straflandesgericht hat am Dienstagvormittag der Prozess gegen Alen R. begonnen. Der als nicht zurechnungsfähig eingestufte 27-Jährige, der im Vorjahr bei seiner Amokfahrt durch die steirische Hauptstadt drei Menschen getötet und zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt hatte, erschien in einem weißen Anzug vor Gericht. Entschied er sich bewusst für die Farbe der Unschuld? Alen R. präsentierte sich tatsächlich als Unschuldslamm: Alles sei ein Unfall gewesen. Die zuständigen Richter nahmen dem 27-Jährigen das jedoch nicht ab.

Schon in den frühen Morgenstunden versammelten sich zahlreiche Menschen vor dem Gerichtssaal. Ein Großaufgebot an Polizei war vor Ort und kontrollierte die Eingänge. Im Verhandlungssaal selbst sind weder Bild- noch Tonaufnahmen erlaubt.

Gleich zu Beginn kam es zu einer Verzögerung: Da sich die Verteidigerin des Angeklagten verspätete, konnte erst um 9.15 Uhr mit der Verhandlung begonnen werden. Alen R. wurde von Beamten in den Saal geführt. Auffällig ist die Kleiderwahl des 27-Jährigen: Er hatte für den ersten Prozesstermin zu einem schneeweißen Anzug gegriffen.

"Ich wollte niemanden überfahren"
Alen R. betonte in seiner Einvernahme, er habe Panik gehabt, weil er sich verfolgt gefühlt habe. Er habe Schüsse gehört, dann sei er geflüchtet. "Ich wollte niemanden überfahren, ich wollte nur weg, damit ich nicht erschossen werde", gab er an. "Ich habe mich verfolgt gefühlt", kam es immer wieder vom 27-Jährigen. Als es um den Tod des vierjährigen Valentin ging, entschuldigte sich R.: "Das tut mir furchtbar leid."

"Ich glaube Ihnen viel, aber das nicht"
Alen R. beteuerte, nicht daran gedacht zu haben, dass jemand sterben könnte. Dazu konterte Richter Andreas Rom: "Ich glaube Ihnen viel, aber das nicht." Und weiter: "Auf mich macht es den Eindruck, als hätten Sie die Menschen gezielt anvisiert." Und auch die Aussage des 27-Jährigen, dass er kein geübter Autofahrer sei, wollte der vorsitzende Richter nicht glauben: "Ich habe eher den gegenteiligen Eindruck, mit so einem schweren Fahrzeug in einem so engen Radius zu wenden, ist nicht einfach."

Auch die beisitzende Richterin Eva Cesnik stellte einige Behauptungen des Beschuldigten infrage. So hakte sie nach, als dieser erklärte, Christ zu sein. "Seit wann sind Sie Christ? Sie haben immer angegeben, dass Sie Muslim sind. Wann wurden Sie getauft?" "Nie", meinte der 27-Jährige. "Dann sind Sie kein Christ", befand die Richterin. "Kein getaufter", räumte der Befragte ein.

Insgesamt 130 Zeugen geladen
Insgesamt ist der Prozess für neun Tage anberaumt. 130 Zeugen sind geladen, darunter auch drei psychiatrische Sachverständige und andere Gutachter.

Als erster Zeuge sagte am Dienstagnachmittag der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl aus, der Alen R.s Geländewagen am Tag der Horrorfahrt nur knapp entkommen war.

Entscheidung über Einweisung
Im Zuge des Prozesses wird über die Einweisung des 27-Jährigen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher entschieden.

Der 27-Jährige war am 20. Juni 2015 mit einem Geländewagen unter anderem durch die Fußgängerzone in der Herrengasse gerast. Drei Menschen waren sofort tot, ein Mann wurde schwer verletzt und starb einige Monate später, mehr als 100 Personen wurden teilweise beim Flüchten vor dem Fahrzeug verletzt.

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