Lager in Afrika?

Asylkrise: Uneinigkeit zwischen Kurz und Gabriel

Österreich
27.02.2017 16:54

In der Flüchtlingskrise setzen Deutschland und Österreich weiter unterschiedliche Akzente. Das wurde bei einem Treffen der beiden Außenminister Sebastian Kurz und Sigmar Gabriel am Montag in Wien deutlich. Während sich Kurz durch EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani in seinem Vorschlag bestätigt fühlt, nach dem Vorbild Australiens Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika zu errichten, erteilte Gabriel diesem Vorschlag eine klare Absage.

Sein vielkritisierter Vorschlag, "dass wir Menschen, die bei uns illegal ankommen, die den Schlepper gewählt haben, dass wir die an der Außengrenze stoppen, versorgen und zurückstellen", sei "Gott sei Dank mehrheitsfähig geworden", sagte Kurz nach dem Treffen mit Gabriel. Dies sei der einzige Weg, um Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen und "das Sterben im Mittelmeer" zu beenden.

Kurz: "Ende des Weiterwinkens"
Zugleich sprach sich der Außenminister für mehr "Hilfe vor Ort" in den Herkunftsländern von Flüchtlingen und Migranten statt hoher Aufnahme- und Integrationsausgaben in Österreich sowie für "legale Wege" der Neuansiedlung aus. "Je mehr wir die Menschen nach Mitteleuropa weiterwinken, desto mehr machen sich auf den Weg", so Kurz. EU-Parlamentspräsidenten Tajani hatte den Zeitungen der deutschen Funke-Mediengruppe am Montag gesagt: "Es wäre richtig, Auffanglager in Libyen zu installieren. Die EU sollte zu diesem Zweck ein Abkommen mit Libyen vereinbaren."

Gabriel: "KZ-ähnliche Zustände für Flüchtlinge"
Gabriel warnte bezüglich Auffanglagern in Libyen - und auch Tunesien - dagegen klar: Was mit dem Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei geschafft worden sei, könne nicht so einfach mit Libyen erreicht werden. In Libyen, wo die Regierung nur Teile von Staatsgebiet und Grenzen kontrollieren kann, gebe es "keinen Staat": "Mit wem sollen wir Verabredungen über Auffanglager treffen?" Diplomatische Berichte aus Libyen hätten Deutschland erreicht, wonach in dem nordafrikanischen Land "KZ-ähnliche Zustände für Flüchtlinge" herrschten. Auch Tunesien kämpfe im Demokratisierungsprozess nach dem Arabischen Frühling um seine Stabilität.

"In der besten aller Welten kann man natürlich über solche Konzepte legaler Migration aus solchen Auffanglagern mithilfe des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen reden", sagte Gabriel. Er warnte aber davor, Dinge öffentlich vorzustellen, "die wir dann nicht so realisieren können". Die Enttäuschung in der Bevölkerung sei dann umso größer.

Gabriel will Fluchtursachen bekämpfen
Wenn es nach dem deutschen Außenminister geht, sollte tatsächlich die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Vordergrund gestellt werden. Bei einer jüngst in der norwegischen Hauptstadt Oslo abgehaltenen Geberkonferenz für die von Hunger, Wassermangel und Terror durch die Islamisten von Boko Haram betroffene Region um den Tschadsee sei nur rund ein Drittel der nötigen Mittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zugesagt worden, beklagte Gabriel. Solche Aufwendungen seien offenbar schwerer zu erklären, während ansonsten "viel schneller für alles Mögliche" Geld - etwa für Rüstung - aufgestellt werden könnte, hatte Gabriel bereits nach einem vorangehenden Treffen mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bemerkt.

Einigkeit zwischen Gabriel und Kern
Beim Treffen mit Kern herrschte Einigkeit, dass eine Stärkung und Veränderung der EU das Gebot der Stunde sei. Angesichts eines US-Präsidenten Donald Trump, der "eine Schwächung der Europäischen Union" anstrebe, müsse nun eine "Phase des Zusammenstehens" beginnen, sagte Kern. Gabriel betonte, die nachfolgenden Generationen würden alle Politiker verfluchen, die auf nationalstaatliche Lösungen setzten. "Auch Deutschland wird keine Stimme mehr haben, die gehört wird", so Gabriel.

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