Krebserkrankung

Venezuelas Präsident Hugo Chavez ist tot

Ausland
06.03.2013 07:09
Der venezolanische Präsident Hugo Chavez ist tot. Der 58-Jährige erlag am Dienstag seiner Krebserkrankung. Die Regierung kündigte Neuwahlen innerhalb von 30 Tagen an und ernannte Vizepräsident Nicolas Maduro zum interimistischen Staatsoberhaupt. Das Begräbnis des Linkspopulisten soll am Freitag stattfinden, eine siebentägige Staatstrauer wurde ausgerufen. Im gesamten Land marschierten Truppen auf, um "den Frieden zu sichern", wie Maduro im Staatsfernsehen erklärte.

Maduro, der direkt nach dem Ableben des "Commandante" von der Regierung zum Interimspräsidenten ernannt wurde und dem hochrangige Militärs im Staatsfernsehen ihre Solidarität aussprachen, bezeichnete den Tod von Chavez als "die tragischste und bedrückendste Information, die wir unserem Volk mitteilen können". Es handle sich "um einen Moment großen Schmerzes".

Der Vizepräsident rief seine Landsleute zur Besonnenheit auf. "Im immensen Schmerz dieser historischen Tragödie, die unser Vaterland berührt, rufen wir alle Landsleute auf, Wächter des Friedens, der Liebe, des Respekts und der Ruhe in diesem Vaterland zu sein", sagte der 50-Jährige in seiner Rundfunkansprache. "Das gesamte Militär und die nationale Polizei sind gerade dabei, im gesamten Land aufzumarschieren, um unser Volk zu schützen und den Frieden zu garantieren." Außenminister Elias Jaua erklärte am Dienstagabend aber, das Land befände sich in "völliger Normalität".

Trauernde Anhänger: "Wir alle sind Chavez"
Das Krankenhaus in Caracas, in dem Chavez den Kampf gegen den Krebs verlor, wird indessen zum Wallfahrtsort für seine trauernden Anhänger. Hunderte Menschen versammelten sich bereits nach Bekanntwerden des Todes des Staatschefs vor der Klinik, weinten gemeinsam, riefen in Sprechchören: "Wir alle sind Chavez!" Auf Schildern und Bannern kündigten die "Chavistas" an: "Chavez und die Revolution, der Kampf geht weiter!"

Staatstrauer auch in Kuba, Argentinien und Ecuador
Vor allem die Venezuela politisch nahestehenden Länder Lateinamerikas reagierten mit Entsetzen auf die Nachricht des Ablebens des "Comandante". Kuba, Argentinien und Ecuador riefen eine dreitägige Staatstrauer aus. Die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner machte sich gemeinsam mit ihrem uruguayischen Amtskollege Jose Mujica noch in der Nacht auf den Weg nach Caracas. Auch Boliviens Präsident Evo Morales kündigte an, nach Venezuela reisen zu wollen.

Chavez habe den kubanischen Ex-Präsidenten und Revolutionär "wie einen Sohn begleitet", hieß es aus Kuba. Ecuadors Präsident Rafael Correa sprach von einem "Verlust für das gesamte große Vaterland" und würdigte wie auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Leistung des Venezolaners zur Bekämpfung der Armut. Ban, der sich "betrübt" über Chavez' Tod zeigte, würdigte zudem dessen Bemühungen im Kampf gegen den Drogenhandel und die kolumbianische FARC-Guerilla.

Obama sieht Beginn eines neuen Kapitels
Für US-Präsident Barack Obama beginnt mit dem Tod Chavez hingegen ein neues Kapitel in der Geschichte Venezuelas. Die USA seien daran interessiert, mit der Regierung in Caracas in einen konstruktiven Dialog zu treten. Sein Land sei weiterhin bereit, der venezolanischen Bevölkerung zu helfen, so Obama. Chavez hatte spätestens seit der Amtseinführung George W. Bushs die USA als den Erzfeind Venezuelas betrachtet - auch wenn das Land bis zu seinem Tod der wichtigste Abnehmer venezolanischen Erdöls blieb.

Sean Penn und Oliver Stone: "Held" und "Champion"
Die Hollywood-Größen Sean Penn und Oliver Stone würdigten den verstorbenen Präsidenten als großen Staatsmann. "Die Bevölkerung in den USA hat einen Freund verloren, von dem sie nicht wusste, dass es ihn gibt", erklärte Schauspieler Penn. Chavez sei ein "Champion" für die Armen gewesen. Filmemacher Stone, der 2009 einen Dokumentarfilm über Chavez gedreht hatte, pries Chavez als "großartigen Helden". Chavez werde "für immer in der Geschichte weiterleben".

Neue schwere Infektion
In Venezuela kursierten in den vergangenen Tagen Gerüchte über eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Chavez, es gab sogar Vermutungen, dass der Präsident bereits tot sei. Offizielle Stellen hatten dementsprechende Meldungen immer zurückgewiesen, erklärten aber am Montag, das Immunsystem des 58-jährigen Staatsoberhauptes sei so geschwächt, dass eine neue schwere Infektion aufgetreten sei.

Im Juni 2011 war bei Chavez Krebs diagnostiziert worden, nach einer Therapie erklärte er sich im vergangenen Sommer für geheilt. Doch dem war nicht so. Ab dem 11. Dezember hatte Chaves sich in Kuba seiner vierten Krebsbehandlung innerhalb von eineinhalb Jahren unterzogen. Seitdem wurden lediglich ein paar Fotos von ihm in einem Krankenhausbett veröffentlicht.

Erst im Oktober war Chavez mit 54 Prozent der Stimmen erneut für eine siebenjährige Amtszeit wiedergewählt worden. Offiziell angelobt werden konnte er jedoch bis zu seinem Tod nicht. Zur geplanten Amtseinführung am 10. Jänner lag Chavez, noch schwer angeschlagen nach seiner jüngsten Krebsoperation, in einem Krankenhaus in Kuba. Mit dem Tod des "Comandante" werden in Venezuela Neuwahlen fällig, die laut Verfassung binnen 30 Tagen abgehalten werden müssen.

Orientierungslosigkeit nach 14 Jahren "Chavismo"
Nach 14 Jahren des "Chavismo" droht Venezuela nun die Orientierungslosigkeit. Denn während Gegner des 58-Jährigen stets von diktatorischen Verhältnissen sprachen, wurde Chavez von der ärmeren Bevölkerung aufgrund seiner Sozial- und Bildungsreformen sowie der Verbesserung des Gesundheitssystems geradezu verehrt.

Dabei wollte das venezolanische Staatsoberhaupt ursprünglich gar nicht in die Politik, sondern lieber Maler oder Baseballspieler werden. Dann trat er jedoch der Armee bei und legte dort den Grundstein für seine spätere militärisch-politische Karriere als Oberstleutnant. Bereits 1992 stand er an der Spitze eines Staatsstreiches gegen den damaligen Präsidenten Carlos Andres Perez. Der Umsturzversuch scheiterte, Chavez landete für zwei Jahre im Gefängnis.

Seit 1999 an der Macht
1999 gelangte der "Soldat des Volkes" schließlich auf demokratische Art und Weise an die Spitze des Staates. Sein Land benannte er nach dem Helden der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, Simon Bolivar (1783 - 1830), in "Bolivarische Republik Venezuela" um und gab ihm eine neue "bolivarische" Verfassung. Seither hat sich der "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" des linkspopulistischen Staats- und Regierungschefs zunehmend radikalisiert, die Attacken gegen den "Imperialismus" der USA wurden heftiger, die Unterstützung Kubas bedingungslos. Einen Großteil der Wirtschaft ließ Chavez verstaatlichen, das Land führt er im autokratischen Stil.

2002 überstand der venezolanische Präsident einen Militärputsch und einen zweimonatigen Generalstreik, 2004 ein von einem Bündnis von Opposition, Unternehmern, Gewerkschaften, Medien, Bürgervereinigungen und Künstlern angestrengtes Referendum über seine Amtsenthebung. 2009 sicherte er sich - nachdem er die Wahlen 2006 klar gewonnen hatte - die Möglichkeit unbegrenzter Wiederwahl per Volksabstimmung.

Maduro als Wunschnachfolger bezeichnet
Venezuelas bolivarische Verfassung gibt auch vor, was im Falle einer "Amtsunfähigkeit" des Präsidenten zu tun sei. Ist diese permanent - etwa im Fall des Todes des Staatsoberhauptes -, so müssen innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen ausgerufen werden. Chavez selbst hatte vor seiner Abreise nach Kuba Nicolas Maduro, der ihn zuletzt auch im tagespolitischen Geschäft vertrat, als seinen Wunschnachfolger bezeichnet.

Auch der Umstand, dass die Armee nach dem Tod Chavez' Maduro augenblicklich das Vertrauen aussprach, spricht wohl eindeutig für ihn. Eine Wahl Maduros zum Präsidenten ist also sehr wahrscheinlich, das Rennen um den Posten des Staatsoberhauptes wird in den kommenden Tagen dennoch ein heftiges sein.

Zwei Konkurrenten für Maduro
Der amtierende Präsident des venezolanischen Parlaments, Diosdado Cabello, gilt als Maduros größter Konkurrent. Er ist seit dem gescheiterten Staatsstreich 1992 ein enger Weggefährte von Chavez. Allerdings haftet ihm nach Angaben seiner Gegner auch der Ruf der Korruption und des Drogenhandels an.

Ebenfalls im Rennen um die Nachfolge des venezolanischen Präsidenten ist dessen unterlegener Herausforderer bei den vergangenen Wahlen, Henrique Capriles Radonski vom Oppositionsbündnis "Mesa de lastand profitieren, dass Chavez' sozialistische Partei in der Bevölkerung bei Weitem unbeliebter ist als ihr Anführer.

Capriles mahnte das Land nach Chavez' Tod zur Einheit. "In diesen schwierigen Augenblicken müssen wir unsere tiefe Liebe und unseren Respekt für unser Venezuela beweisen", schrieb er auf Twitter.

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