224 Menschen an Bord

Russischer Passagierjet auf dem Sinai abgestürzt

Ausland
31.10.2015 20:42
Ein russisches Passagierflugzeug ist am Samstagmorgen auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten abgestürzt. Laut der Luftfahrtbehörde in Moskau war die Maschine vom Typ A-321 mit 224 Menschen - fast ausschließlich russische Touristen - an Bord auf dem Weg vom ägyptischen Urlaubsort Sharm el-Sheikh in die Metropole Sankt Petersburg gewesen. Die ägyptischen Behörden gehen von einem technischen Defekt aus, der ägyptische Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat hingegen behauptet, er habe den Jet abgeschossen.

23 Minuten nach dem Start in Sharm el-Sheikh am Roten Meer sei der Kontakt zu dem Airbus abgerissen, teilte das ägyptische Luftfahrtministerium am Nachmittag mit. Die Maschine sei zu dieser Zeit in einer Höhe von rund 9.100 Metern geflogen, als sie vom Radar verschwand. Kurz zuvor habe der Pilot Probleme mit dem Kommunikationssystem gemeldet. Gerüchte in Medien, wonach der Pilot versucht haben soll, notzulanden, wurden von offizieller Seite nicht bestätigt.

Im Video sehen Sie eine kurze englischsprachige Zusammenfassung der Ereignisse von euronews:

Behörden sprechen von technischem Problem
Ägyptische Militärflugzeuge entdeckten das Wrack der Maschine in einer bergigen Gegend südlich der Stadt Al-Arisch im äußersten Nordosten des Sinai am Mittelmeer. Rettungskräfte hätten auch bereits einen Flugschreiber gefunden, hieß es. "Der Unfall war das Ergebnis eines technischen Problems", sagte ein Behördenmitarbeiter, der einen Terroranschlag ausschloss.

Der russische Wetterdienst Rosgidrometa teilte mit, in der Region hätten keine schwierigen Flugbedingungen geherrscht.

IS will Maschine vom Himmel geholt haben
Die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat wiederum teilte über Twitter mit, Kämpfer ihres ägyptischen Ablegers hätten das Flugzeug abgeschossen. Die "Soldaten des Kalifats haben es geschafft, ein russisches Flugzeug in der Provinz Sinai" abzuschießen, hieß es. Die mehr als 220 "Kreuzzügler" an Bord der Maschine seien getötet worden. Der Abschuss sei eine Racheaktion für die russische Intervention in Syrien. Russland hat Ende September mit Luftangriffen in Syrien begonnen. Die USA werfen Moskau allerdings vor, dabei nicht in erster Linie den IS zu bekämpfen, sondern vor allem gemäßigte Gegner des syrischen Machthabers Bashar al-Assad.

Überprüfen ließ sich die nunmehrige Abschuss-Behauptung des Islamischen Staates nicht. Moskau reagierte skeptisch: "Diese Information kann nicht als exakt angesehen werden", hieß es am Samstagabend. Russland sei in engem Kontakt mit den "ägyptischen Kollegen und den Luftfahrtbehörden dieses Landes". Diese verfügten derzeit über "keinerlei Information", die "solche Andeutungen" bestätigten, erklärte Verkehrsminister Maxim Sokolow.

Der Sinai wird jedenfalls seit Jahren von Unruhen erschüttert. Die dortigen Terroristen haben enge Verbindungen zum IS und nennen sich Sinai-Provinz des IS.

Nahezu alle Opfer stammten aus Russland
Die russische Luftfahrtbehörde teilte zu dem Absturz mit, das Flugzeug sei kurz nach dem Start "vom Radar verschwunden". In der Region hätten keine schwierigen Flugbedingungen geherrscht. Der Katastrophenschutz habe drei Maschinen mit Bergungsmannschaften auf den Sinai geschickt. Fast alle Menschen an Bord, 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder, seien Russen gewesen. Einige andere Passagiere stammten vermutlich aus der Ukraine und aus Weißrussland, hieß es.

In Sankt Petersburg versammelten sich verzweifelte Angehörige der Passagiere am Flughafen Pulkowo. Psychologen betreuten die Hinterbliebenen am Airport, auf dem die Maschine um die Mittagszeit hätte landen sollen. Die Behörden zufolge sollen die Angehörigen an der Unglücksstelle auf der Sinai-Halbinsel Abschied nehmen können. Ein Großteil der Region ist wegen Terrorgefahr allerdings Sperrgebiet.

Hochrangige Politiker mehrere Staaten - darunter US-Außenminister John Kerry, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk - sprachen Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat ihr Beileid aus.

Airline schließt menschliches Versagen aus
Die Maschine vom Typ A-321 habe laut der Luftfahrtbehörde in Moskau der sibirischen Gesellschaft Kogalymavia, kurz Kolavia, gehört. Das Flugzeug sei russischen Medienberichten zufolge 18 Jahre alt und seit 2012 im Besitz der Gesellschaft gewesen. Der Charterflug 9268 sei demnach vom Subunternehmen MetroJet durchgeführt worden, gebucht hätte ihn der Moskauer Reiseveranstalter Brisco.

Kolavia schloss menschliches Versagen als Grund für den Unfall aus. Mit rund 12.000 Flugstunden sei der Pilot sehr erfahren gewesen, die Maschine habe über alle nötigen Zertifikate verfügt, sagte ein Sprecher. Die russische Justiz ordnete Ermittlungen an. Flugschreiber und Stimmenrekorder würden nach ihrer Bergung in Moskau ausgewertet, hieß es.

Ägypten bei Russen beliebtes Urlaubsziel
Seitdem die ägyptische Armee im Norden des Sinai gegen bewaffnete Islamisten vorgeht, werden die Badeorte im Süden der Halbinsel durch ein Großaufgebot von Militär und Polizei gesichert. Branchenberichten zufolge besuchten im vergangenen Jahr etwa drei Millionen Russen Ägypten - dies sei damit die größte ausländische Gruppe in dem nordafrikanischen Land gewesen. Reisebüros locken mit günstigen Pauschalangeboten und dem guten politischen Verhältnis zwischen Kairo und Moskau. Da viele westliche Touristen wegen mehrerer Terroranschläge und der derzeitigen autoritären Regierung das Land eher meiden, sind russische Gäste für die ägyptische Tourismusbranche von großer Bedeutung.

Lufthansa und Air France umfliegen Sinai
Lufthansa und Air France teilten am Samstagabend mit, dass nach dem Absturz des russischen Passagierflugzeuges die Region aus Sicherheitsgründen nicht mehr überflogen werde. Es handle sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, hieß es. Die AUA müsse hingegen keine Route ändern, da sie den Sinai nicht überfliege.

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