Mit 93 Jahren

Beihilfe zum Mord: Ex-Auschwitz-Aufseher verhaftet

Ausland
07.05.2013 07:18
Ein 93 Jahre alter früherer Wärter des Konzentrationslagers Auschwitz ist am Montag verhaftet worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Stuttgart steht der Mann aus Aalen im deutschen Bundesland Baden-Württemberg unter dringendem Tatverdacht, von Herbst 1941 bis zur Auflösung des Lagers im Frühjahr 1945 Morde im Konzentrationslager unterstützt zu haben. Eine Anklage gegen den 93-Jährigen wegen Beihilfe zum Mord werde vorbereitet, so die Staatsanwaltschaft.

Der Mann gehörte dem Totenkopf-Sturmbann an - der Wachmannschaft des Konzentrationslagers. Später arbeitete er für die dortige SS-Standortverwaltung als Koch. Auf die Frage, ob er in Auschwitz gewesen sei, sagte der Mann der "Welt am Sonntag": "Ja, als Koch, die ganze Zeit."

Nach dem Krieg wanderte der gebürtige Litauer 1956 in die USA aus. In Chicago arbeitete er nach Medienberichten bei einer Gitarrenfirma. 1982 wurde er ausgewiesen, weil er den USA seine SS-Vergangenheit verschwiegen hatte. Seit seiner Einreise nach Deutschland wohnte er in Aalen.

Platz vier auf Liste der meistgesuchten Nazi-Verbrecher
Das Wiesenthal-Zentrum in Israel begrüßte die Verhaftung. Der Leiter der Einrichtung, Efraim Zuroff, sprach von einem positiven ersten Schritt. "Wir hoffen, dass es noch eine ganze Reihe erfolgreicher juristischer Schritte der deutschen Behörden gegen KZ-Personal und Mitglieder der Einsatzgruppen geben wird", sagte er. Nach Angaben des Wiesenthal-Zentrums stand der Mann auf der Liste der zehn meistgesuchten Nazi-Verbrecher auf Platz vier.

Die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg hatte im vergangenen Jahr zwei weitere wichtige Vorermittlungsverfahren abgeschlossen. In beiden Fällen handelt es sich um frühere Aufseher in Auschwitz. Ihnen wird Beihilfe zur Ermordung von mehreren Hunderttausend Menschen, überwiegend Juden, vorgeworfen.

Noch Dutzende Prozesse gegen Ex-KZ-Aufseher möglich
Seit dem spektakulären Prozess gegen den KZ-Aufseher John Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord in Tausenden von Fällen (siehe Infobox) hat die NS-Stelle mehr Möglichkeiten, NS-Verbrecher vor Gericht zu bringen. Bis zu dem Richterspruch waren die Ermittlungsbehörden davon ausgegangen, dass bei NS-Delikten für eine Verurteilung eine Individualschuld nachgewiesen werden muss. Das ist nun nicht mehr der Fall.

Beobachter gehen davon aus, dass sich noch heuer bis zu 50 mutmaßliche KZ-Aufseher aus den Vernichtungslagern Auschwitz und Auschwitz-Birkenau wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht verantworten müssen.

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