"Wirklich absurd"

Kurz kritisiert getrennte AMS-Kurse für Muslime

Österreich
03.12.2015 10:08
Der Umgang mit Flüchtlingen sorgt für weitere koalitionäre Auseinandersetzungen: Integrationsminister Sebastian Kurz kritisiert, dass das AMS Wien Kompetenzchecks für Muslime nach Frauen und Männern getrennt abhält. Die Achtung der Grundwerte müsse von Anfang an verlangt und das Schwänzen von Kursen sanktioniert werden, so Kurz. Scharfe Kritik kam auch von der FPÖ und der ÖVP, Sozialminister Rudolf Hundstorfer hält das AMS-Vorgehen dagegen für zulässig.

Prinzipiell seien die Kompetenzchecks "zutiefst sinnvoll und positiv", sagte Kurz. Aber es sei "wirklich absurd", wenn die Kurse für Muslime nach Geschlechtern getrennt, für Russen und andere aber gemeinsam durchgeführt werden. Da gehe es um die Grundwerte und deren Vermittlung "von Anfang an". Kurz sieht hier "keinen Platz für falsch verstandene Toleranz". Wollen Muslime gemischte Kurse nicht besuchen, dürfe man die Grundwerte nicht aufgeben, sondern müsse auf deren Einhaltung pochen - indem man die Mindestsicherung kürzt, weil die beim AMS gegebene Mitwirkungspflicht verletzt wurde.

Kurz im Video: "Wer sich nicht integriert, wird bestraft"

Pilotversuch läuft bis Weihnachten
Konkret geht es um den Kompetenzcheck im Arbeitsmarktservice Wien, der - vorerst bis Weihachten - im Pilotversuch getestet wird. Dabei werden die mitgebrachten Qualifikationen Asylberechtigter erhoben. Die Kurse werden in den Muttersprachen gehalten - jene in Russisch oder Französisch gemeinsam, jene in Arabisch und Farsi (das im Iran und Afghanistan gesprochen wird) nach Frauen und Männern getrennt. Das AMS Wien will damit die Schwelle für Schutzberechtigte aus muslimischen Ländern niedriger machen, viele Asylberechtigte von dort würden sonst nicht an den Kursen teilnehmen, berichtete das ORF-"Mittagsjournal" am Mittwoch.

Sozialminister Hundstorfer hält es zu Beginn der Eingliederungsprozesses für zulässig, den muslimischen Flüchtlingen "einen kleinen Schritt entgegenzukommen" - wobei aber "umgekehrt vollkommen klar ist, dass vermittelt wird, bei uns ist das Leben anders". Alle anderen Maßnahmen seien dann ohnehin gemischt-geschlechtlich.

Kurz fordert "Einhaltung unserer Grundwerte"
Kurz hält es hingegen für nötig, "vom ersten Tag an" die Einhaltung der Grundwerte einzufordern - man könne doch nicht sagen, dass diese "erst nach Wochen, Monaten oder nach einem Jahr gelten" sollten. Das AMS dürfe nicht nur die Ziele Spracherwerb und Einstieg in den Arbeitsmarkt verfolgen, es müssten auch die Grundwerte vorgelebt und vermittelt werden. Wer nicht von Anfang an verlange, dass diese respektiert werden, "tut diesen Menschen nichts Gutes und auch unserer Gesellschaft nicht".

Jedem Menschen, der in Österreich ist und bleiben wolle, müsse klar sein, dass er "unsere Verfassung, unsere Gesetze und unsere Grundwerte einzuhalten hat". Für die Gleichstellung von Frauen und Männern sei lange gekämpft worden, sie dürfe nicht infrage gestellt werden - auch nicht zu Beginn der Integrationsmaßnahmen, so der Minister.

AMS-Chefin verteidigt getrennte Sprachkurse
Die Chefin des AMS Wien, Petra Draxl, verteidigte nach Geschlechtern getrennte Kurse beim Kompetenzcheck. Dies sei im Sinne der Frauen, deren spezifischen Bedürfnissen man so am besten gerecht werden könne, sagte sie am Donnerstag. Dass die Weigerung von Teilnehmern, in eine gemischte Gruppe zu kommen, der Hintergrund sei, bestritt sie: "Das ist Unsinn." Es gebe auch viele funktionierende gemischte Kurse, etwa im Computerbereich. "Wir kennen keine einzige Beschwerde, dass eine Frau, die jetzt aus Syrien kommt, sagt, sie geht in keine gemischte Gruppe."

Scharfe Kritik von ÖVP und FPÖ
ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald sagte, es müsse Ziel sein, "unsere österreichischen Werte ab der ersten Minute zu vermitteln und auch einzufordern. Die Gleichstellung von Frau und Mann gehört zu diesen Grundwerten." Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel sprach von einem "Verrat unserer Grundwerte". Auch die FPÖ stellte sich strikt gegen getrennte Kurse: Die SPÖ stelle "zutiefst antiquierte Werte" vor die aktuellen europäischen Werte und gebe dadurch "wehrlos die Gleichbehandlung zwischen Mann und Frau auf", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der eine "geschlechtsspezifische Apartheid" ortete.

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