Irre Behauptungen

Honsik zu weiteren zwei Jahren Haft verurteilt

Österreich
09.09.2010 19:52
Der bereits im Vorjahr verurteilte Holocaust-Leugner Gerd Honsik ist Donnerstagabend in einem zweiten Prozess zu weiteren zwei Jahren unbedingte Haftstrafe nach dem Verbotsgesetz verurteilt worden. Gegenstand der stundenlangen Verhandlung am Wiener Straflandesgericht, in denen eine irre Behauptung der nächsten folgte, waren zwei Bücher des 68-Jährigen. Richter Andreas Böhm rechnete Honsik als erschwerenden Umstand an, dass er den Nazi-Jäger Simon Wiesenthal "massiv verunglimpft" habe. Die Verteidigung kündigte Berufung an, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.

Honsik war schon im April 2009 für zahlreiche, im Zeitraum 1997 bis 2003 von ihm veröffentlichte Ausgaben der Zeitschrift "Halt!" im Wiener Straflandesgericht schuldig erkannt worden. Das Wiener Oberlandesgericht reduzierte allerdings die dafür verhängte Strafe von fünf auf vier Jahre Haft.

Daraufhin machte die Anklagebehörde in einer separaten Verhandlung zwei Bücher Honsiks zum Prozessgegenstand. Die inkriminierten Werke "Schelm und Scheusal" und "Der Juden Drittes Reich" waren bereits Inhalt der Anklage im vorangegangen Prozess gewesen, wurden jedoch zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen ausgeschieden und nun zum Gegenstand eines neuen Prozesses.

Die Staatsanwaltschaft warf Honsik vor, in diesen Büchern den NS-Massenmord zu bestreiten, indem er etwa von einem "Gasbetrug" spricht. Der Angeklagte habe zwar im Prozess bestritten, was er geschrieben habe, er zweifle aber noch immer die NS-Verbrechen an, im Konkreten die Existenz von Gaskammern auf "großdeutschem Boden", und verlange eine "forensische Untersuchung" des Holocaust. Darüber hinaus sei er bereits mehrfach vorbestraft. Das alles führte die Anklägerin als erschwerende Umstände an, Milderungsgründe konnte sie dagegen keine finden.

"So einen Nazi werden Sie nie wieder finden"
Die Verhandlung am Donnerstag verlief nicht so stürmisch wie die erste im Juli. Die Verteidigungslinie des Angeklagten war aber ähnlich. In seinen Büchern sei es nicht um das Leugnen von NS-Verbrechen gegangen, sondern um Kritik an Wiesenthal. Die Kritik richte sich dabei aber "nicht gegen den Juden Wiesenthal, sondern gegen den Lügner Wiesenthal". Er, Honsik, sei auch kein Antisemit, sondern treten genau dagegen auf und bedaure die Juden-Verfolgung. "So einen Nazi werden Sie nie wieder finden", führte Honsik "Milderungsgründe" an.

Zum Ausdruck "angebliche Juden-Vergasung" in einem seiner Bücher, die Gegenstand der Anklage sind, meinte er: Das Wort "angeblich" verwende man, wenn man etwas nicht weiß und sich nur auf Angaben anderer beziehe. Das habe aber nichts mit bestreiten zu tun. Er zitierte immer wieder Aussagen vermeintlicher "Zeugen" und "Experten", die u.a. das KZ Dachau als "nachträglich installierte Attrappe" bezeichnen oder Vergasungen im Westen bestreiten und meinen, die Häftlinge seien an Flecktyphus gestorben.

Lage im Dritten Reich nicht "ideal demokratisch"
Auf die Frage, ob er der Meinung sei, dass die Amerikaner 1945 gekommen seien, um "die Demokratie in Deutschland" zu beseitigen, wie das in seinem Buch stehe, sagte Honsik: Dazu müsse man seine Definition von Demokratie kennen. Wenn etwas von der Mehrheit gutgeheißen werde, sei es demokratisch, meinte er sinngemäß. Die Lage im Dritten Reich sei aber nicht "ideal demokratisch" gewesen, weil die Gewaltentrennung verletzt worden sei. Dann setzte er noch nach: Die Amerikaner hätten die deutsche Gesellschaft "insgesamt verändern wollen". Die "Indianer-Mörder" seien "dahergekommen", um uns zu erklären, wie wir leben sollen.

Honsik sprach weiters von einem "Schauprozess" und bezichtigte die "US-geführten Alliierten" des "Völkermordes", der in eine "Befreiung umgedichtet" werde. Der Staatsanwaltschaft sei es egal, dass die "Alliierten 13,5 Millionen Deutsche am Gewissen haben", so Honsik, der sein Schlussplädoyer mit einem Vers schloss.

Chaotischer Verteidiger und "schwadronierender" Honsik

Der durch Richter Andreas Böhm aus der Verhandlung ausgeschlossene Verteidiger Herbert Orlich sah indes in seiner Verweisung die Verletzung eines Menschenrechts, da sich ein Angeklagter seinen Verteidiger frei aussuchen müssen könne: "Das Verfahren ist jetzt schon nichtig". Sobald sein Mandant auf kritische Stellen zu sprechen komme, würde ihm das Wort entzogen, so der Zweitverteidiger. Gleich zu Beginn war auch Hauptverteidiger Herbert Schaller, der sich schon am ersten Verhandlungstag im Juli Schreiduelle mit dem Richter geliefert hatte, wegen störenden Verhaltens das Wort entzogen worden.

Im frühen Verlauf der Verhandlung wurde es auch zwischen Honsik und dem Vorsitzenden lauter. Dieser machte Honsik mehrmals darauf aufmerksam, dass er wegen Holocaust-Leugnung angeklagt sei und seine Ausführungen zu anderen Themen lassen solle. "Sie haben zu 95 Prozent nicht zum angeklagten Gegenstand gesprochen", so der Vorsitzende. Honsik "schwadronierte", wie der Richter sagte, immer wieder über "Verbrechen der Alliierten", Simon Wiesenthal, stellte Rechnungen über angebliche Zahlen von Überlebenden und Toten im Zweiten Weltkrieg an und kam zwischendurch auf ermordete Ukrainer unter Stalin und seine Mutter zu sprechen. Zudem meinte er, er müsste wegen der Leugnung der Befreiung durch die Alliierten und nicht wegen der Leugnung der Gaskammern angeklagt sein.

Anwalt wollte Bundespräsident vorladen lassen
Lange Zeit drehte sich der Prozess dann auch um unzählige Anträge des Verteidigers Herbert Schaller, die allesamt abgelehnt wurden. Der Anwalt beantragte u.a. die Einvernahme von Bundespräsident Heinz Fischer zu Wiesenthal. Unter den Beweisanträgen, für deren Beantragung der Verteidiger zwei Stunden brauchte, fand sich auch die Verlesung des Stichwortes "Lüge" aus dem "Brockhaus"-Lexikon.

Honsik musste zwischendurch seinen etwas betagten Verteidiger zu Recht weisen, dass er nie für den Anschluss eingetreten sei und keine diesbezüglichen Anträge nötig seinen. Für Belustigung sorgte auch ein weiterer Dialog zwischen den beiden: Während der Anwalt nach Unterlagen für weitere Anträge suchte, fragte Honsik: "Herr Doktor, was suchen Sie?" Schaller hielt ein Papier hoch und antwortete: "Das hier. Haben Sie was Besseres?"

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