Es ist eine Schande! Wir sind stolz auf unsere Werte, und wenn immer möglich werden diese besonders betont. Auch die Europäische Union versteht sich vor allem als Werteunion. Doch es genügt ein kritischer Blick, um zu erkennen, dass diese Wertewelt zu oft nur Fassade ist und je nach Situation flexibel gelebt wird. Gerade im Bereich der Migration ist dies beschämend erkennbar. Es gibt in der Europäischen Union immer noch keine Übereinstimmung, wie unter Beachtung der eigenen Werte der Flüchtlings- und Migrationsstrom geregelt werden soll. Um die Zuwanderung möglichst gering zu halten, setzt man daher auf Abhaltung und Abschottung. Die eigene Wertewelt gerät dabei immer mehr aus dem Blickfeld. Ein bezeichnendes Beispiel dafür sind die Flüchtlingslager in Griechenland, wo Migranten und Flüchtlinge unter unzumutbaren Umständen hausen und ein erbarmungswürdiges Dasein fristen. Trotz Milliardenbeträgen aus Brüssel ist das EU-Mitgliedsland Griechenland scheinbar nicht in der Lage oder willens, auch nur annähernd für humane Unterbringung und Betreuung dieser Menschen zu sorgen. Die Absicht ist wohl, den Aufenthalt in den Lagern möglichst abschreckend und unmenschlich zu gestalten. So abschreckend, dass der Weg nach Europa erst gar nicht angetreten wird. Die Bilder aus den Lagern zeigen Umstände, die für ganz Europa eine Schande sind und auch nicht annähernd den immer wieder zitierten Werten entsprechen. Kaum jemand in der Europäischen Union will ansprechen, dass hier Menschenrechte, Würde und Anstand mit Füßen getreten werden. Abhaltung durch Abschreckung, das scheint die Devise zu sein. Dafür ist jedes Mittel und jede Unmenschlichkeit recht. Es kann und darf nicht sein, dass europäische Werte nur für angenehme Situationen gültig sind. Um die Zuwanderung oder Flüchtlingsbewegung von Europa fernzuhalten, wird Unmenschlichkeit als Mittel zum Zweck toleriert. Dass dabei europäische Werte missachtet und zur Nebensache degradiert werden, scheint kaum jemand zu stören.