Immer lauter wurde in den letzten Tagen und Wochen der Appell an die Bevölkerung, im Zusammenhang mit den Verhaltensweisen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus doch den Hausverstand einzusetzen. Dabei wird aber anscheinend vergessen, dass die österreichische Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten von unseren politischen Verantwortungsträgern geradezu dazu erzogen wurde, den eigenen Hausverstand bei der Entscheidung ihrer Verhaltensweisen immer mehr in den Hintergrund zu stellen. Wie durch einen fast krankhaften Zwang wurde jede nur erdenkliche Situation des gesellschaftlichen Zusammenlebens durch Gesetze und Verordnungen bis ins kleinste Detail und ohne jeglichen Spielraum für die Betroffenen geregelt und vorgegeben. Die gesetzgebenden Körperschaften haben so zwar das „Hausverstandsdenken“ für die Bevölkerung übernommen, aber ein Beurteilungskriterium „Hausverstand“ in den jeweiligen Vorschriften nicht berücksichtigt. Heute scheint der Hausverstand in vielen Bereichen des Rechtsstaates keinen Platz mehr zu haben. Immer öfter müssen Entscheidungen nicht mehr nach dem eigentlichen Sinn und Zweck der betreffenden Norm (dem Hausverstand?), sondern nur noch nach juristischen Spitzfindigkeiten und formalen rechtlichen Schlupflöchern getroffen werden. Eine bedenkliche Entwicklung. Für die Gesellschaft und den Hausverstand!
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