Krise in Italien

Prodi nach Votum zurückgetreten

Ausland
25.01.2008 17:13
Italiens Ministerpräsident Romano Prodi ist am Donnerstag bei der heiklen Vertrauensabstimmung im Senat gescheitert. 161 Senatoren stimmten gegen das Mitte-links-Kabinett, für die Regierung stimmten 156 Senatoren. Ein einziger Senator enthielt sich der Stimme, drei Senatoren waren nicht anwesend, darunter der siebenmalige Regierungschef Giulio Andreotti. Noch am Abend hat der italienische Regierungschef dann bei Staatspräsident Giorgio Napolitano seinen Rücktritt eingereicht. Indes wittert "Hyäne" Silvio Berlusconi bereits Beute - und ein Comeback.

Prodi suchte sofort nach seiner Niederlage den Staatspräsidenten im Quirinale auf und überreichte ihm die Demission seiner Mitte-Links-Regierung. Napolitano ließ vorerst offen, ob er den Rücktritt annimmt. Er bat die Regierung Prodi, zunächst im Amt zu bleiben und kündigte erste Konsultationen mit den Parlamentspräsidenten an.

Napolitano kann nun entweder vorzeitige Neuwahlen anberaumen oder einen Politiker mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Eine Übergangsregierung mit der Aufgabe, eine Wahlrechtsreform über die Bühne zu bringen, scheint die wahrscheinlichste Lösung für die Regierungskrise in Italien zu sein.

„Hyäne" Berlusconi wittert Beute
Das Wort „Übergangsregierung“will ein alter Bekannter der Politik Italiens und der Medienzampano des Landes schlechthin nicht hören: „Jetzt muss gewählt werden, wir wollen eine große Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat“, forderte der Oppositionsführer und frühere Regierungschef Silvio Berlusconi augenblicklich nach Prodis Niederlage. Er faltete nach der Niederlage die Hände und streckte sie - offenbar als Dank für viele, viele Gebete - gen Himmel. Das Prodi-Debakel sei „eine große Freude“ für das Land, triumphierte der umstrittene Politiker. „Die Mehrheit der Italiener hat dieses Ergebnis erwartet“, betonte Berlusconi.

Dagegen warnte Walter Veltroni, Chef der neuen Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei) vor vorzeitigen Wahlen, „die das Land in eine dramatische Krisensituation stürzen würden.“ Zuvor hatte Prodi angesichts des sich abzeichnenden Sturzes der Regierung letzte Rettungsversuche unternommen. So kam er erneut mit Napolitano zusammen, der ihm nahegelegt hatte, die Niederlage im Senat zu vermeiden und vorher zurückzutreten. Nach dem Debakel faltete Prodi ebenfalls wie Berlusconi die Hände - wohl eher aber, um ein Aufwachen aus dem Albtraum zu erbitten.

Tumulte vor Vertrauensabstimmung
Kurz vor Beginn der Vertrauensabstimmung war es im Senat zu heftigen Tumulten gekommen. Nachdem der christdemokratische Senator Nuccio Cusumano erklärt hatte, er werde trotz Parteirichtlinien für den Regierungschef stimmen, brachen heftige Proteste aus. Der Udeur-Chef im Senat, Tommaso Barbato, beschimpfte den Parteikollegen als Verräter und machte eine Geste, als würde er mit einem Gewehr auf ihn schießen. Cusumano wurde bespuckt, dann fiel er in Ohnmacht und musste mit einer Liege aus der Versammlung getragen werden.

Die christdemokratische Udeur-Partei hatte am Montag mit ihrem Beschluss, aus der Mitte-links-Koalition auszutreten, die Regierungskrise ausgelöst. Die Udeur hatte sich aus Solidarität mit Justizminister Clemente Mastella zu diesem Schritt entschlossen. Mastella war vergangene Woche zurückgetreten, nachdem gegen ihn und seine Frau Korruptionsermittlungen aufgenommen worden waren. Mastella, Chef der Udeur, hatte Prodis Regierung beschuldigt, ihn im Stich gelassen zu haben.

Opposition lässt im Senat Korken knallen
Unmittelbar nach Verkündung des Ergebnisses der Vertrauensabstimmung im Senat brach die Opposition in Applaus aus. Parlamentarier der rechten Alleanza Nazionale (AN) ließen die Korken knallen und verteilten Champagner unter den Kollegen der Opposition. "Jetzt muss es sofort zu Neuwahlen kommen", betonte AN-Chef Gianfranco Fini. Eine Gruppe von Anhängern der AN defilierte vor dem Senat und sang Italiens Nationalhymne.

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