Höchststrafe

40.000 Jahre Haft für Hauptangeklagte in Madrid

Ausland
01.11.2007 11:08
Im Prozess um die Terroranschläge von Madrid, bei denen 191 Menschen getötet und mehr als 1.800 verletzt wurden, sind am Mittwoch zwei der vier Hauptangeklagten zur Höchststrafe von jeweils über 40.000 Jahren Haft verurteilt worden. Ein weiterer Hauptangeklagter wurde zu 35.000 Jahren Haft verdonnert. Allerdings darf nach spanischem Recht niemand länger als 40 Jahre im Gefängnis bleiben. Von den 28 Angeklagten wurden 21 verurteilt, sieben wurden jedoch überraschenderweise freigesprochen.

Die Drahtzieher der Attentate, Jamil Zougam und Otman El Ganoui, bekamen Urteile zu 40.000 bzw. 43.000 Jahren Haft. Ein weiterer Drahtzieher Suárez Trashorras wurde zu 34.000 Jahren Haft verurteilt. Sie nahmen wie viele andere Angeklagte die Urteilssprüche mit einem verächtlichen Lachen entgegen.

Der ursprünglich als "Hirn der Anschläge" vom 11. März 2004, bei denen zehn Bomben in vier Pendlerzügen explodierten, bezeichnete Rabei Osman Sayed Ahmed, wurde zusammen mit sechs anderen freigesprochen. 14 Beschuldigte wurden wegen geringerer Straftaten wie der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe, schuldig gesprochen und bekamen bis zu 20 Jahre Haft.

Der auch als „Mohammed der Ägypter“ bekannte Rabei Osman Sayed Ahmedder sitzt derzeit in Italien wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Gefängnis. Er soll sich in einem abgehörten Telefongespräch damit gebrüstet haben, die Anschläge seien seine Idee gewesen. Seine Verteidiger argumentierten jedoch erfolgreich, die Bänder seien falsch übersetzt worden.

Mitbeteiligung der ETA offiziell ausgeschlossen
In seiner Urteilsbegründung schloss Richter Gomez Bermudez auch eine Beteiligung der baskischen Separatistenorganisation ETA an den Anschlägen aus. Dafür gebe es keine Beweise. Die drei Tage nach den Anschlägen abgewählte konservative Regierung hatte die ETA beschuldigt, die Anschläge verübt zu haben. Auch während des Prozesses wurden entsprechende Theorien wiederholt dargelegt.

Allerdings hatten sich Islamisten zu den Anschlägen bekannt und bezeichneten sie als Racheakt für die Entsendung spanischer Truppen in den Irak. Die 28 Angeklagten haben die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Die Verurteilten werden voraussichtlich Rechtsmittel gegen die Schuldsprüche einlegen. Allen 21 Verurteilten bleiben fünf Tage zur Berufung.

Bis zu 1,5 Millionen Euro Schmerzensgeld für Opfer
Die Urteilsverkündung hatte mit bedeutender Verspätung begonnen, da es im Verhandlungssaal vorerst nicht genügend Platz für Angehörige der Opfer gab. Den Opfern sprach das Gericht Entschädigungen zwischen 30.000 Euro und 1,5 Millionen Euro pro Person zu. "Wir sind sehr nervös. Aber wir glauben, dass die Richter genügend Beweise für ein Urteil haben, dass uns zufriedenstellt", sagte Jesus Ramirez, dessen Beine bei dem Anschlag zerfetzt worden waren.

Die Urteilsverkündung durch Richter Javier Gomez Bermudez erfolgte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Polizeihunde durchsuchten den Gerichtssaal nach Sprengstoff, über dem Gebäude in Madrid kreisten Hubschrauber. Wegen des großen Andrangs im Gerichtssaal begann die Urteilsverkündung verspätet.

Insgesamt 311.865 Jahre Haft gefordert
Bereits im Verlauf des Prozesses wurde die Anklage gegen einen der anfangs 29 Angeklagten, einen Marokkaner, mangels Beweisen fallengelassen. Der Prozess hatte heuer von Mitte Februar bis Anfang Juli gedauert. Die Verhandlungstage genauso wie die Urteilsverkündung wurden fast ausnahmslos live im Fernsehen übertragen. Rund 300 Zeugen und 60 Fachleute wurden befragt.

Die Staatsanwaltschaft forderte für die 28 Angeklagten ein Strafmaß in der Rekordhöhe von insgesamt 311.865 Jahren Haft. Spaniens Strafrecht sieht die Addition sämtlicher Einzelstrafen vor, allerdings liegt die maximale Haftzeit bei 40 Jahren. Eine Verurteilung zu lebenslanger Haft gibt es nicht.

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