Wahlsieg-Prognosen

Ausland sieht uns “Kaiser Kurz zu Füßen liegen”

Österreich
12.10.2017 16:15

"Kommt Österreich zu Kurz?": Mit Wortspielen wie diesen ist der Wahlkampf in Österreich auch am Donnerstag wieder Inhalt zahlreicher internationaler Pressekommentare gewesen. Neben den Prophezeiungen eines Rechtsrucks dominierte ganz klar ein Spitzenkandidat die Berichterstattung: ÖVP-Chef Sebastian Kurz. "Österreich liegt Kaiser Kurz zu Füßen" oder "Das Wunderkind Kurz" war da unter anderem zu lesen. Zusatz: Der 31-Jährige habe schon einen Fuß am Ballhausplatz, indem er rechts Stimmen stehlen würde.

"Jung, schön und konservativ: Österreich liegt Kaiser Kurz zu Füßen" berichtete das Mailänder Blatt "Il Giornale" am Donnerstag über den Wahlkampf. "Vergessen Sie Emmanuel Macron: Mit 39 Jahren ist er schon alt. Das neue Wunderkind der europäischen Politik ist Sebastian Kurz", heißt es in dem Bericht.

Für die "schläfrige österreichische Politik" werde Kurz' Wahl zum Kanzler ein beträchtlicher Ruck werden, prophezeit das Blatt bereits eine Kurz-Kanzlerschaft. "Wechsel ist der Slogan, um den sich Kurz' ganze Wahlkampagne gedreht hat. Und Wechsel bedeutet den Abschied von der Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ, die jahrzehntelang Österreich beherrscht hat."

Kurz' Sieg und eine mögliche Allianz mit der FPÖ würden in der EU eine neue Situation schaffen: "Erstmals würde eine euroskeptische Partei die Regierung übernehmen. In diesem Fall hätten die österreichischen Falken, die heute schon besonders streng sind, wenn es um die Wirtschaftspolitik der südeuropäischen Länder geht, keine Bremsen mehr."

Römisches Blatt spricht von "Wunderkind Kurz"
Auch die römische "Il Fatto Quotidiano" spricht von einem "Wunderkind Kurz", der in den Umfragen siege, indem er rechts Wählerstimmen stehle. Es gebe Leute, die mit 27 Jahren noch nicht das Universitätsstudium beendet haben oder auf Beschäftigungssuche sind. Sebastian Kurz war mit 27 Jahren schon Außenminister. "Und jetzt könnte er mit 31 Jahren zum jüngsten Kanzler Österreichs werden", so die Analyse der Zeitung.

"Kurz, der laut 'Time' zu den zehn Leadern der nächsten Generation zählt, hat schon einen Fuß am Ballhausplatz. Er hofft auf das Bundeskanzleramt dank einer Wahlkampagne, bei der er den Rivalen auf der rechten Seite Themen wie Migration und bessere Grenzkontrollen entzogen hat."

An Spitze wird wahrscheinlich "blutjunger Konservativer" gelangen
Auch das renommierte Turiner Blatt "La Stampa" prognostiziert, wenn auch etwas vorsichtiger, den Wahlsieg für Kurz. "In wenigen Monaten hat Kurz die ÖVP wieder vom dritten auf den stabilen ersten Platz unter den österreichischen Parteien geführt. Sollte er bis Sonntag keine eklatanten Fehler machen, wird er zum jüngsten Premier der Welt avancieren."

An die Spitze Österreichs werde sehr wahrscheinlich ein "blutjunger Konservativer, ein willensstarker Politiker" gelangen, der das Heer an die EU-Grenzen schicken und die Flüchtlinge abschieben will. "Er verspricht die Pensionierung der Großen Koalition mit den Sozialdemokraten. In Sachen Migranten teilt er die Grundidee der populistischen FPÖ, und zwar die Einwanderung auf Null zu drücken. Nur Kurz' Töne sind weicher", so das Blatt.

Neonazi-Vergangenheit Straches "interessiert niemanden mehr"
In der "Frankfurter Neuen Presse" ist zu lesen: "Falls es so kommt, will sich Österreich von einem 31-jährigen einstigen Jura-Studenten ohne Abschluss regieren lassen, der - wie vor einem Monat der Salzburger Schriftsteller Karl-Markus Gauß schrieb - 'sein ganzes junges Leben als Erwachsener nichts anderes gewesen ist als Politiker'." Auch die Frankfurter Zeitung bringt das Thema FPÖ und Neonazis aufs Parkett: Unterstützen solle Kurz einer (FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Anm.) mit umfangreich dokumentierter mindestens Nähe zur Neonazi-Szene als junger Erwachsener. "Interessiert niemanden mehr, finden die Österreicher. Was heißen soll: Das ist Schmutz von gestern."

Die Schlacht der 'Slim-Fit-Warriors' - der jugendlichen Krieger Kurz und Kern mit den schlanken, fitten, perfekten Körpern, auf die vor allem Österreichs Jugend abfährt, wie das Meinungsforschungsinstitut T-Factory im Sommer herausfand - tobe demnach klar unter allen Gürtellinien. Es gäbe - wie in Deutschland - genug wirklich wichtige Themen: Steuern, Bildung, Wirtschaft, Arbeitsplätze. "Diskutiert wird der Dreck. Und - wie in Deutschland - die Ausländer- und Flüchtlingspolitik."

"Haaretz" sieht "Wettbewerb der Anti-Antisemiten"
Harte Worte waren auch in der israelischen Tageszeitung "Haaretz" zu lesen: "Als Ironie der Geschichte findet in Österreich ein neuer politischer Wettbewerb statt: Wer ist der mutigste Anti-Antisemit." So hätten während des derzeitigen Wahlkampfes alle österreichischen Politiker versichert, wie sehr sie die jüdische Gemeinde in Österreich schätzen.

Das Blatt zeigte sich in seiner Analyse optimistisch, dass "das Nutzen von Antisemitismus als politische Waffe in der österreichischen Politik auch weiterhin auf dem Rückzug sein wird. Das ermöglicht eine weitere Normalisierung des jüdischen Lebens in Österreich und eine noch weitergehende Annäherung in den bereits engen Beziehungen zwischen Österreich und Israel."

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