Auftritt in Hamburg

Türken-Minister: “Hört auf, Lektionen zu erteilen”

Ausland
08.03.2017 10:11

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Deutschland bei einem Auftritt in Hamburg am Dienstagabend scharf angegriffen. Deutschland verfolge eine "systematische Gegnerschaft zur Türkei", sagte Cavusoglu. Türkische Staatsbürger würden "systematisch unterdrückt. Bitte hört auf, uns Lektionen in Menschenrechten und Demokratie zu erteilen", meinte er unter dem Jubel seiner Anhänger. Am Mittwochmorgen traf Cavusoglu dann in Berlin mit seinem deutschen Amtskollegen Sigmar Gabriel zusammen. Laut diesem verlief das Gespräch "gut, ehrlich und freundlich", aber auch "hart und kontrovers in der Sache".

Das gehöre sich nicht für eine Freundschaft, meinte Cavusoglu vor der Residenz des türkischen Generalkonsuls in der Hansestadt. Laut einer Simultanübersetzung des Fernsehsenders n-tv kritisierte der Minister eine "systematische Kampagne" gegen die Türkei, obwohl sein Land niemals eine feindselige Haltung gegenüber Deutschland oder den Deutschen eingenommen habe. Die Türkei habe Deutschland immer als "befreundetes Land" angesehen.

Der Außenminister sagte, Zusammentreffen türkischer Politiker mit türkischstämmigen Bürgern in Deutschland würden gezielt verhindert. "Passt das zu den Menschenrechten, passt das zu den Versammlungsrechten?", fragte Cavusoglu.

Ursprünglich geplante Veranstaltung untersagt
Cavusoglu hatte ursprünglich am Dienstagabend in einer Hochzeitshalle im Stadtteil Wilhelmsburg vor Hunderten Landsleuten auftreten wollen, um für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems zugunsten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan in der Türkei zu werben. Dazu gibt es im April eine Referendum, bei dem auch in Deutschland lebende Türken abstimmen dürfen. Die Behörden beanstandeten bei der Begehung jedoch erhebliche "brandschutzrechtliche Mängel" und untersagten die Veranstaltung daher.

Cavusoglu: "Wir beugen uns nur vor Gott"
Der Außenminister sprach letztlich von einem Balkon der Residenz des Generalkonsuls aus. Mit diesen Behinderungen könne die türkische Regierung nicht aufgehalten werden, sagte Cavusoglu, der seinen Anhängern Grüße Erdogans überbrachte. "Wir beugen uns nur vor Gott, sonst vor niemandem", fügte er hinzu und rief die Deutschen auf: "Bitte kehrt ab von diesen falschen Verhaltensweisen."

Werbeauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland sorgen seit Tagen immer wieder für Wirbel. Schon mehrfach untersagten die zuständigen kommunalen Aufsichtsbehörden Veranstaltungen wegen Sicherheitsrisiken. Die türkische Regierung kritisierte dies scharf. Im Vorfeld des Auftritts in Hamburg hatte der Außenminister Erdogans Vergleich der Absagen der Wahlkampfauftritte mit "Nazi-Methoden" wiederholt. Diese Äußerung hatte Erdogan in Deutschland heftige Kritik eingebracht.

Gabriel: "Solche Vorwürfe dürfen sich nicht wiederholen"
Am Mittwochmorgen traf Cavusoglu in einem Berliner Hotel mit Gabriel zusammen. Der deutsche Außenminister sagte, er habe mit Cavusoglu über alle zwischen Berlin und Ankara  strittigen Themen gesprochen, also das türkische Verfassungsreferendum, den Fall des inhaftierten deutschen Journalisten Deniz Yücel und die Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland.

"Solche Vorwürfe wie in den letzten Tagen dürfen sich nicht wiederholen", sagte Gabriel. Er habe deutlich gemacht, dass es Grenzen gebe, "die man nicht überschreiten darf - und dazu gehört auch der Vergleich mit Nazi-Deutschland". Es gehe nun darum, "Schritt für Schritt" zu einem normalen und auch wieder freundschaftlichen Verhältnis zurückzukehren. "Wir waren uns einig, dass keine der beiden Seiten ein Interesse daran hat, die Beziehungen nachhaltig zu beschädigen", so Gabriel.

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