Sagen wir LaHonda

Honda NSX: Geschmeidiger Sportler mit vier Herzen

Motor
24.01.2017 19:58

Supersportwagen brauchen wildes Geflügel? Müssen laut brüllen und diffizil zu fahren sein? Anstrengend? Der Honda NSX ist das alles nicht. Jedenfalls nicht unbedingt. Er ist ein Supersportler, der ebenso brachial wie sophisticated einen Tanz auf den Flügeln der Physik auf den Asphalt legt, mit seiner Kombi aus Doppelturbo-V6 und den drei Elektromotoren so spontan antritt wie ein Elektroauto, dabei das ganze Hightech aber nicht wie ein Fanal vor sich herträgt. Obwohl er manches so unglaublich gut löst wie kein anderer.

(Bild: kmm)

Als vor zehn Jahren zum ersten Mal ein Nachfolger für den Honda NSX gezeigt wurde, war noch ein V10-Frontmittelmotor eingebaut. Damals konnte niemand ahnen, was am Ende herauskommen würde: eine Hybridrakete, die in einem Atemzug mit Porsche 918, LaFerrari oder auch McLaren P1 genannt werden. Wollen wir ihn "LaHonda" nennen?

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Heute, nach zwischenzeitlichem, krisenbedingtem Entwicklungsstopp und letztlich vier Jahren Entwicklung haben wir hier einen klassischen Mittelmotor mit 507 PS, sechs Zylinder und 3,5 Liter groß, der von drei Elektromotoren unterstützt wird: Ein 48 PS starker sitzt direkt am Neungang-Doppelkupplungsgetriebe, während zwei 37-PS-Elektriker je ein Vorderrad exklusiv bedienen (genau, das bedeutet auch Allradantrieb). Dadurch können diese beiden nicht nur für Vortrieb, sondern auch für feinste Verteilung von Antriebs- und Bremsmomenten sorgen, zu jeder Zeit. Honda spricht von einer "direkten Giersteuerung", Torque Vectoring sowieso.

(Bild: Stephan Schätzl)

Als Systemleistung geben die Japaner 581 PS an und damit weit weniger als die anderen genannten Hybridsportler, dafür kostet er auch nur einen Bruchteil, auch wenn 230.000 Euro inklusive NoVA kaum unauffällig unter Porto zu verbuchen sind. Zum Vergleich: Audi R8+ und Lamborghini Huracán liegen darüber.

Die Optik kommt völlig ohne Show aus
Zugegeben, ein Honda NSX macht optisch nicht so an wie manch Konkurrent, aber das ist kein Zufall. Der Japaner ist kein Showcar, sondern ein Keil, der seine Form und Ausprägungen komplett der Technik unterwirft. Das ganze Aerodynamik-Konzept ist so durchdacht, dass alle Aggregate gut gekühlt werden, dabei Abtrieb erzeugt und auch noch der Luftwiderstand gering gehalten wird - dabei hat er nicht einmal einen Heckflügel.

Hier das Aero-System im Einzelnen:

Überhaupt hat er nicht den Nimbus eines furchteinflößenden Stiers, sondern wirkt beinahe harmlos. Oder nennen wir es Understatement. Nach dem Einsteigen engt einen auch nichts ein, man sitzt luftig, vielleicht eine Spur höher als anderswo, sieht aber dank extrem schmaler A-Säulen besonders gut nach vorn seitlich - ein Segen nicht nur auf engen, kurvigen Bergstraßen. Das Einzige, was die Sicht einschränkt, ist an einem sonnigen Tag die starke Spiegelung des Armaturenbretts in der Frontscheibe.

Über den zentralen Wahlschalter lassen sich vier Fahrmodi abrufen, je nach Neigungsgruppe oder Tagsverfassung - oder Freundlichkeit, denn im Quiet Mode ist alles auf einen möglichst dezenten Auftritt gepolt. Die Automatik schaltet früh, die E-Motoren werden bevorzugt, die Auspuffklappen stellen die Ohren auf. Wer je frühmorgens in einem Wohngebiet einen Supersportler (oder auch nur einen Jaguar F-Type) gestartet hat, weiß, wie angenehm das ist.

Darüber gibt es Sport, Sport+ und Track, wodurch alles mehr und mehr geschärft wird. Im Trackmodus kommt die volle Ladung Motorsound durch die Schallrohre ins Fahrzeuginnere, außen ist es 25 dB lauter als im Quiet Mode. Das ESP lässt deutlich mehr zu. Man kann es aber in jedem Modus auch ganz deaktivieren. Nachteil an dem Ganzen: Die Fahrmodi sind nicht verhandelbar, man muss die Presets also nehmen, wie sie sind. Weiches Fahrwerk in Kombination mit brüllendem Auspuff zum Beispiel gibt es nicht.

Hier ruft man die vier Fahrmodi ab. Die Einstellungen der Presets werden im Display dargestellt ... (Bild: Stephan Schätzl)
Hier ruft man die vier Fahrmodi ab. Die Einstellungen der Presets werden im Display dargestellt ...
Quiet (Bild: Stephan Schätzl)
Quiet
Sport (Bild: Stephan Schätzl)
Sport
Sport (Bild: Stephan Schätzl)
Sport
Track (Bild: Stephan Schätzl)
Track

Und so fährt sich der Honda NSX
Das Gefühl der Beschleunigung aus dem Stand, der Antritt mit jedem Tritt aufs Gaspedal ist beeindruckend. Da Elektromotoren bekanntlich sofort ihr volles Drehmoment abliefern, geht es auch im Honda NSX sofort los, während der V6-Benziner noch sein Turboloch pflegt. Der jubelt natürlich sofort mit, wodurch man gar nicht mitkriegt, dass die eigentliche Power erst einmal aus den Akkus kommt. Das Zusammenspiel der vier Herzen ist so perfekt aufeinander abgestimmt, dass sie wie ein einziges schlagen. Sogar im Quiet- oder Sport-Modus, wo auch mal rein elektrisch gefahren wird (das geht maximal bis zu drei Kilometer weit) und dann wieder der Verbrenner dazukommt, fällt der Wechsel nicht störend ins Gewicht.

Apropos Gewicht: Auch wenn man es beim Fahren praktisch nicht merkt - mit 1787 kg ist der Honda NSX kein Leichtgewicht, da fordert die ganze Technik ihren Tribut (ein BMW M5 ist trotzdem rund 100 kg schwerer). Vielleicht mag das der Grund dafür sein, dass der Hersteller keinen Wert für den Standardsprint auf 100 km/h angibt (es sind knapp über 3 Sekunden). Als Höchsttempo stehen 308 km/h in den Unterlagen.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Besonders bemerkenswert ist das Bremssystem
Als braver Hybrid rekuperiert der NSX beim Tritt auf das Pedal zunächst über die Elektromotoren, bevor die Betriebsbremse dazukommt. In der Regel ist die Folge dieses Zusammenspiels, dass das Bremsgefühl mehr oder weniger ungewöhnlich ist. Ganz anders beim Honda NSX: Hier tritt man wie gewohnt in eine Hydraulik; die ist allerdings nicht mit den Bremsen verbunden, sondern mit einer Steuereinheit, die die notwendige Bremskraft bei den E-Motoren sowie den klassischen Bremsen abruft. Der Fahrer merkt davon nichts, auch von den feinen Regelungen, die an den einzelnen Rädern vorgenommen werden. Intelligenter geht es kaum.

Unterm Strich
Der Honda NSX ist ein Hochgeschmeidigkeitssportwagen, der sich so unaufgeregt und dabei so schnell fahren lässt, dass man sich mit jedem Meter entspannt. Mit seinem Antriebskonzept ist er erste Wahl für Feinspitze, die nicht nach Show lechzen - und trotzdem einen aufsehenerregenden Auftritt haben wollen.

Warum?

  • Allein die Bremsenlösung ist schon ein Kaufargument
  • Weil er sich so geschmeidig fährt

Warum nicht?

  • Wer einen V10 braucht, braucht einen V10.

Oder vielleicht …

… McLaren 570 S, Audi R8/+, Lamborghini Huracán, Porsche 911 Turbo

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(Bild: kmm)



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