Krieg der Bots

Die Twitter-Lüge: Jeder 3. Trump-Fan ist Software

Web
18.10.2016 11:05

Soziale Medien werden im politischen Alltag - insbesondere zu Wahlkampfzeiten - ein immer wichtigeres Werkzeug, um Stimmung zu machen. So auch im Geburtsland von Twitter, den USA. Eine Studie der britischen Uni Oxford legt allerdings nahe, dass ein großer Teil der Tweets rund um die US-Präsidentschaftswahl gar nicht von Menschen kommt, sondern von Bots, die im Auftrag ihrer Hintermänner Stimmung für ein Lager machen.

Wie das IT-Portal "The Next Web" unter Berufung auf die Studie berichtet, haben die Forscher der Uni Oxford die Twitter-Stimmungslage während der letzten TV-Konfrontation zwischen Clinton und Trump unter die Lupe genommen und die Aktivitäten auf Twitter auch in den Tagen danach genau verfolgt. Dabei habe man entdeckt, dass jeder dritte Pro-Trump-Tweet in diesem Zeitraum mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Twitter-Bot, also einer Software, abgesondert wurde.

Hunderttausende Unterstützungs-Tweets kamen von Bots
Insgesamt seien so in fünf Tagen mehr als eine halbe Million Pro-Trump-Tweets zusammengekommen, die von Bots stammen sollen. Das Clinton-Lager setzt freilich auf ähnliche Taktiken: Auch hier sollen mehr als 130.000 Tweets, die sich für Trumps Rivalin aussprechen, von Software generiert worden sein. Das entspricht 22,3 Prozent des gesamten Clinton-Tweetaufkommens. Insgesamt soll rund ein Viertel aller im Untersuchungszeitraum veröffentlichten Tweets zur US-Präsidentenwahl von Software erzeugt worden sein.

Bots weit aktiver als durchschnittliche menschliche User
"Auf Basis der Wahrscheinlichkeiten: Wenn Sie einen stark automatisierten Account auswählen, stehen die Chancen vier zu eins, dass es ein Pro-Trump-Bot ist", sagt Professor Philip Howard, einer der Autoren der Studie. Er legt auch seine Methoden offen: Um Bots zu identifizieren, haben die Forscher nach Konten gesucht, die ausschließlich Nachrichten mit einem zu einem der beiden Kandidaten passenden Hashtag verfasst haben und mindestens 200 Mal im Untersuchungszeitraum aktiv waren. Im Schnitt veröffentlichte damit jeder Bot 50 Tweets pro Tag - deutlich mehr als bei den meisten menschlichen Twitter-Nutzern.

Trump hat die meisten Bots - und Unterstützungs-Tweets
Freilich: Hundertprozentige Sicherheit, nur Bots untersucht zu haben, hat Professor Howards Team nicht. Der verwendete Filter könnte immer noch menschliche Konten eingeschlossen haben. Trotzdem zeigt die Untersuchung eine gewisse Tendenz. Und die fällt - obwohl ein guter Teil seiner Unterstützer Bots sind - zugunsten von Donald Trump aus. Er war im Untersuchungszeitraum auf Twitter 1,8 Millionen Mal positiv erwähnt worden. Zieht man die rund 576.000 vermutlich von Bots veröffentlichten Tweets ab, bleiben immer noch über 1,2 Millionen Pro-Trump-Tweets übrig. Für Hillary Clinton sprachen sich im gleichen Zeitraum auf Twitter nur 613.000 Tweets aus, davon stammen geschätzte 137.000 von Bots.

Stimmungsmache via Twitter gibt's auch bei anderen Wahlen
Wer die Auftraggeber hinter der Stimmungsmache mittels Twitter-Bots sind, ist nicht bekannt. Es ist zwar logisch, dass vor allem die Kandidaten und ihre Parteien von Twitter-Lobhudelei per Bot profitieren, die Autoren der Studie haben aber keine Beweise dafür, dass die Bots zu den Parteien der Kandidaten gehören. Trotzdem zeigt der US-Wahlkampf, dass soziale Medien Wahlkämpfern vielfältige Möglichkeiten bieten, die öffentliche Stimmung und damit potenziell auch den Ausgang einer Wahl zu beeinflussen.

Und das ist übrigens keine neue Erscheinung: Twitter-Bots spielten beispielsweise auch beim "Brexit"-Votum in Großbritannien eine Rolle, hierzulande finden Wahlkämpfe ebenfalls in zunehmendem Ausmaß in sozialen Medien statt - samt gekaufter Facebook-Freunde, wie sie beispielsweise Ex-Kanzler Werner Faymann in Verlegenheit brachten.

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