1500-€-Deckel

Sobotka macht Druck bei der Mindestsicherung

Österreich
07.07.2016 13:36

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) macht Druck, was die Reform der Mindestsicherung angeht. Der Chef des mächtigen niederösterreichischen ÖAAB fordert eine jahrelange Wartezeit auf die Leistung, einen 1500-Euro-Deckel sowie eine Regelung, die zur Annahme gemeinnütziger Leistungen verpflichtet. Sobotka kann nicht nachvollziehen, wieso bisher keine Verständigung mit dem Koalitionspartner möglich war. Mit seinen Vorschlägen stößt der Innenminister jedenfalls auf breite Ablehnung.

Gerade den Sozialdemokraten könne es ja nicht egal sein, wenn zwischen Erwerbsarbeit und Mindestsicherung kein Unterschied mehr bestehe, verweist Sobotka im Gespräch mit der APA auf niedrige Löhne etwa von Supermarktmitarbeitern oder Raumpflegerinnen. Als Deckel schwebt dem ÖAAB-Politiker unverändert die Summe von 1500 Euro vor, wobei diese nicht als Zahl in ein Gesetz geschrieben werden sollte, sondern ein Überschreiten des Werts durch verschiedene Maßnahmen verhindert werden sollte.

Sobotka fordert fünf Jahre Wartezeit und gemeinnützige Arbeit
Wohl auch als Abschreckung für Flüchtlinge gedacht ist Sobotkas Forderung, eine Anwartschaft für die Leistung einzuziehen. Ihm schweben etwa fünf Jahre ordentlicher Wohnsitz vor, ehe es einen Bezug der Leistung geben könnte. Schließlich will er sich am deutschen Hartz-IV-System orientieren und eine Verpflichtung einführen, gemeinnützige Arbeit im Ausmaß von 20 Stunden anzunehmen, sofern diese vorhanden und der Person zumutbar ist.

Als Stundenlohn sind in Deutschland 1,50 Euro vorgesehen. Zumindest hier zeigt Sobotka Beweglichkeit: "Man kann diskutieren, ob das ein bisschen mehr sein kann." Der Innenminister sähe in der Verpflichtung eine wichtige Maßnahme zur Stärkung der Arbeitsfähigkeit bis zur gewünschten Rückkehr in den Arbeitsmarkt.

Generelle Öffnung des Arbeitsmarktes für Flüchtlinge "nicht denkbar"
Auch bei Asylwerbern steht Sobotka dazu, diesen den Zugang zum Arbeitsmarkt offen zu halten. Die entsprechenden Tätigkeitsfelder sollen ja bis zum Herbst definiert sein. Eine generelle Öffnung des Arbeitsmarkts für Asylwerber ist für ihn dagegen "nicht denkbar", da diese als Einladung nach Österreich interpretiert werden würde.

Drängen auf Notverordnung für Zurückweisung von Flüchtlingen
Ganz im Gegenteil drängt der Innenminister wieder einmal darauf, die Notverordnung umzusetzen, die Österreich eine leichtere Zurückweisung von Flüchtlingen ermöglichen würde. Sobotka hofft, dass die SPÖ hier nicht auf Zeit setzt, sondern dass Sozialminister Alois Stöger die notwendigen Zahlen demnächst - wie von Kanzleramtsminister Thomas Drozda zugesagt - liefert. Für die Notverordnung wichtig wäre, dass die Flüchtlinge z.B. auch von Ungarn zurückgenommen würden. Hier bemängelt Sobotka den Status quo und schließt daher auch nicht die Errichtung von Grenzzäunen zum Nachbarland aus: "Wenn hier mit Ungarn keine substanziellen Schritte erreicht werden, ist es notwendig."

Wenn SPÖ-Ressortchef Stöger jedenfalls trotz der derzeitigen Arbeitslosenzahlen keine Probleme am Arbeitsmarkt sehe, frage er sich, ob der Sozialminister auch einmal raus zu den Menschen gehe. Zudem dürfe man nicht Kriminalität importieren: "Bei Suchtmitteldelikten werden 99 Prozent durch Nicht-Österreicher begangen."

In ein rechtes Eck will sich Sobotka wegen seiner Politik nicht drängen lassen: "Wir können schon aufnehmen Jahr für Jahr, aber nicht in diesen Mengen und nicht nur in den Ballungsräumen." Aber nur weil es keine europäische Lösung gebe und man daher vorerst auf nationale Lösungen setzen müsse, lasse er die ÖVP nicht in ein Eck stellen.

Breite Ablehnung gegen Sobotkas Vorstoß
Sobotka stößt mit seinem Vorschlag jedenfalls auf breite Ablehnung. Die SPÖ spricht von einem Angriff auf Arbeitnehmer und Sozialstaat, während die FPÖ moniert, dass die ÖVP doch endlich "vom Ankündigungs- in den Umsetzungsmodus umschalten" möge. Die Grünen warnen, dass die von Sobotka propagierten Billigjobs zur Vernichtung echter Arbeitsplätze führen könnten, und die NEOS kritisieren seinen Vorstoß als "Zwangsarbeit".

SP-Minister Stöger lehnt die von Sobotka geforderte fünfjährige Wartezeit ab: "Wenn die Menschen hier sind, brauchen sie Betreuung." All diese Kürzungsvorschläge würden letztlich zulasten von Kindern gehen: "Was können die Kinder dafür, dass die Eltern ein niedriges Einkommen haben?" FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl wiederum erinnert die ÖVP an ihre Ankündigung, die Überweisung von Familienbeihilfen ins Ausland reduzieren zu wollen. "Die ÖVP sollte jetzt einmal vom Ankündigungsmodus in den Umsetzungsmodus umschalten", so Kickl.

Die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner warnt bezüglich der gemeinnützigen Arbeit davor, dass solche "Arbeitsprogramme" in anderen Ländern dazu geführt hätten, dass die Betroffenen länger in der Sozialhilfe bleiben, weil sie ihre Grundprobleme nicht lösen können. "Schikanieren ist da keine Hilfe", kritisiert Schwentner. Gegen "Zwangsarbeit" spricht sich auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker aus: "Statt die zahlreichen Schwächen der Mindestsicherung anzupacken, wird eine populistische Nebelgranate abgeschossen."

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