Nach Deal mit Briten

Auch Faymann für “Kindergeld-Klausel” offen

Österreich
20.02.2016 17:04

Bundeskanzler Werner Faymann zieht im "Krone"-Gespräch Bilanz über die zwei Gipfel-Nächte. Den Deal mit den Briten hält er für akzeptabel, und er ist auch offen für Gespräche über eine Übernahme der "Kindergeld-Klausel", also die Anpassung von Kindergeld für EU-Ausländer an das Lebensniveau der Heimatländer, falls die Kinder dort leben.

Die Übernahme hatte Außenminister Sebastian Kurz im "Krone"-Interview gefordert, als in Brüssel der entsprechende Vertragstext von den Diplomaten ausgearbeitet worden war. Dazu signalisiert der SPÖ-Chef nach dem EU-Gipfeltreffen an den Koalitionspartner: "Vorausgesetzt, der Vertrag tritt in Kraft, wenn die Briten bei der Volksabstimmung für den Verbleib in der EU stimmen, sollten wir uns zusammensetzen und darüber reden, was daraus auch für Österreich sinnvoll wäre." Faymann ist mit seinen Überlegungen nicht allein. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte etwa, ebenfalls zu "überlegen": "Ich kann mir gut vorstellen, dass wir das ebenfalls umsetzen in Deutschland."

Kanzler beruhigt Kritiker der Obergrenzen in EU
Seine harte Haltung auf dem EU-Gipfel zu den Obergrenzen für Flüchtlinge nennt Faymann absolut notwendig. Er beruhigte aber Kritiker, etwa im Gespräch mit Griechenlands Alexis Tsipras, dass die strengen Richtlinien eine vorbeugende Maßnahme seien, die vielleicht gar nicht ausgeschöpft werde: "Besser man macht sich in der Vorbereitung zu viel Sorgen als zu wenig."

Im Übrigen hofft Faymann, dass die Flüchtlingsproblematik auf dem Gipfel am 6. März gemeinsam mit den Türken in umfassender Weise aufgerollt wird und nicht immer nur Symptome behandelt werden: "Eine Frage wird sein, was der NATO-Einsatz erreicht hat und erreichen kann." Österreich sei weiter offen für eine gemeinsame Lösung der Flüchtlingsproblematik auf gesamteuropäischer Ebene. Kolportierte Differenzen mit Angela Merkel hält Faymann für übertrieben: "Sie hat mehr Verständnis, als es öffentlich dargestellt wird."

Kurz fordert seit Langem Anpassung der Familienbeihilfe
Zuvor hatte schon Außenminister Kurz auch in Österreich Anpassungen der Familienbeihilfe für EU-Ausländer gefordert. Ausländer sollten außerdem für eine bestimmte Dauer keine Sozialhilfeleistungen wie die Mindestsicherung bekommen, so Kurz am Samstag über seinen Sprecher. In Großbritannien sollen zugewanderte Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten künftig erst nach vier Jahren Anspruch auf volle Sozialleistungen haben. Der EU-Gipfel hatte am Freitagabend auf Drängen Großbritanniens außerdem beschlossen, dass EU-Staaten künftig nicht mehr verpflichtet sein sollen, Kindern von EU-Ausländern den vollen Familienbeihilfensatz zu zahlen, wenn diese in den Herkunftsländern leben.

Bereits im Sommer hatte Kurz seine Forderungen nach einer Anpassung der Familienbeihilfe auf das Niveau des Heimatlandes der Kinder sowie den temporären Ausschluss von ausländischen Arbeitnehmern von Sozialhilfeleistungen erhoben. Entsprechend erfreut zeigte er sich am Samstag über die Ergebnisse des Gipfels in Brüssel. Das Thema soll nun in der Regierung besprochen werden.

Ungarn Spitzenreiter bei Transfers aus Österreich
Österreich hat im Vorjahr 223 Millionen Euro Familienbeihilfe an im EU-Ausland lebende Kinder ausbezahlt, deren Eltern hierzulande arbeiten. 2013 waren es 207 Millionen gewesen, wie aus einer Anfragebeantwortung des Finanzministeriums vom Herbst des Vorjahres hervorgeht. Häufigstes Wohnsitzland der Kinder war Ungarn mit 7744 Beziehern und ausbezahlten 72 Millionen Euro, dahinter folgten Kinder in der Slowakei, Polen, Deutschland, Slowenien und Tschechien.

FPÖ für "Rot-Weiß-Rot-Rabatt" oder "Öxit"
Harald Vilimsky, FPÖ-Generalsekretär und Delegationsleiter im Europaparlament, sieht in einer "Kürzung bzw. überhaupt Streichung von Sozialleistungen für EU-Einwanderer" ein "geeignetes Instrument, um Glücksritter und Wirtschaftsflüchtlinge von Österreich fernzuhalten". Er forderte am Samstag angesichts der österreichischen "Hauptlast der Migrationsströme" einen "saftigen Rot-Weiß-Rot-Rabatt sowie auch andere Besserstellungen für unser Land". Andernfalls wolle er ein Referendum über den Austritt Österreichs aus der EU, "quasi den 'Öxit'", andenken.

Tschechien befürchtet Dominoeffekt bei Sozialleistungen
Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka warnte unterdessen, dass die Zugeständnisse an die Briten einen Dominoeffekt bei den Sozialleistungen auslösen könnten. "Die Summe der Kindergeldzahlungen aus Großbritannien ist bei uns relativ gering, aber bei Deutschland oder Österreich liegen die Zahlen deutlich höher", sagte er dem tschechischen Fernsehen CT. Auch deshalb habe Tschechien bei den Verhandlungen über das beschlossene Reformpaket für Großbritannien auf lange Übergangsfristen gedrängt, so der Sozialdemokrat.

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