Wochen vor Absturz

Pilot warnte vor Gefahr einer Selbstmord-Aktion

Ausland
01.04.2015 12:37
Nach dem absichtlich herbeigeführten Germanwings-Absturz ist rund um den Globus eine heftige Debatte um neue Sicherheitsmaßnahmen entbrannt. Wie nun bekannt wurde, hat ein niederländischer Berufspilot noch kurz vor der Tragödie vor der Gefahr einer verschlossenen Cockpit-Tür gewarnt. Wenige Wochen bevor der 27-jährige Co-Pilot Andreas Lubitz den Airbus mit 149 weiteren Menschen an Bord in Frankreich an einem Berg zerschellen ließ, brachte Jan Cocheret in einem Luftfahrt-Magazin seine Angst vor möglichen Selbstmord-Aktionen zum Ausdruck: "Ich habe mich manchmal ernsthaft gefragt, wer neben mir im Cockpit sitzt."

"Ich hoffe, ich befinde mich nie in der Situation, dass ich aufs Klo gehe, zurückkomme und vor einer verschlossenen Cockpit-Tür stehe", schrieb der niederländische Pilot knapp zwei Monate vor dem tragischen Absturz von Flug 4U9525 im Luftfahrt-Magazin "Piloot en Vliegtuig" (Pilot und Flugzeug) - und warnte damit genau vor jener Situation, die nun zum Tod von 149 unschuldigen Menschen geführt hat. Co-Pilot Andreas Lubitz hatte den Flugkapitän aus dem Cockpit der Germanwings-Maschine ausgesperrt, als dieser während des Fluges auf die Toilette ging.

Niederländer warnt vor fatalen Folgen der Sicherheitsstandards
Cocheret, der derzeit für die Fluglinie Fly Emirates Boeing-777-Jets fliegt, warnte in seinem Beitrag davor, dass die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeführten Sicherheitsstandards fatale Folgen haben könnten. Demnach könnten die Cockpit-Türen, die aus Sicherheitsgründen von außen nur mittels Code geöffnet werden können, auch gegen die Crew verwendet werden, schrieb er damals. Genau dieses Szenario führte bei Flug 4U9525 laut den internationalen Ermittlern zur Katastrophe.

"Ich habe mich manchmal ernsthaft gefragt, wer da neben mir sitzt", brachte der Niederländer seine Ängste in dem Magazin auf den Punkt. "Ob du sie kennst oder ob du sie im Cockpit zum ersten Mal triffst - wer kann garantieren, dass du ihm oder ihr vertrauen kannst? Vielleicht ist gerade etwas Schreckliches im Leben eines Menschen passiert", so Cocherets brisante Analyse.

Absturz in Namibia 2013 absichtlich von Pilot herbeigeführt
Zur Untermauerung seiner Warnung erinnerte der Pilot an Flugzeugkatastrophen, die gezielt von Piloten verursacht wurden. So etwa ein Crash in Namibia, bei dem 2013 34 Menschen ums Leben gekommen waren. Eine Untersuchungskommission kam nach dem Absturz zu dem Schluss, dass der Pilot aus Mosambik den Absturz absichtlich herbeigeführt hatte.

Demnach schloss sich der Flugkapitän im Cockpit ein, als der Co-Pilot gerade draußen war, ignorierte Warnsignale sowie die Rufe des Co-Piloten, der Einlass forderte und gegen die Tür hämmerte. Nach der Auswertung des Flugschreibers erklärte das mosambikanische Institut für zivile Luftfahrt: Der Pilot habe den Autopiloten auf eine Weise bedient, die die "klare Absicht" zeige, das Flugzeug abstürzen zu lassen.

"Wenn du erst einmal aus dem Cockpit ausgeschlossen bist..."
Das angesichts der nunmehrigen Germanwings-Tragödie umso brisantere Fazit des niederländischen Piloten vor mehr als zwei Monaten: "Wenn du erst einmal aus dem Cockpit ausgeschlossen bist, gibt es keine Möglichkeit mehr einzugreifen. Dann kannst du nur noch zusehen, was passiert."

Als Konsequenz aus dem Airbus-Absturz wurde nun eilig das Vier-Augen-Prinzip gefordert und mittlerweile für etliche Fluggesellschaften - darunter auch die österreichischen Airlines - eingeführt. Demnach soll sich kein Pilot mehr allein im Cockpit aufhalten dürfen. Doch auch diese Maßnahme könne Nachteile bedingen, warnten Experten bereits.

Statt eingehend über eine Verbesserung der bestehenden Sicherheitsmaßnahmen zu diskutieren, habe man "aufgeschreckt reagiert", bemängelten etwa die Luftfahrtexperten Kurt Hofmann und Heinz Frühwirth vom Verband Österreichischer Verkehrspiloten. In anderen Regionen der Welt, etwa in den USA, galt die Zwei-Personen-Regel bereits vor dem Unglück - Sinn der Regel sei aber der Schutz gegen Eindringlinge ins Cockpit, nicht vor einem Fehlverhalten der Piloten.

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