Ärger für Bundeswehr

D: Neuer Marine-Heli darf nicht über Meer fliegen

Ausland
21.02.2015 17:05
Die geplante Anschaffung von neuem Fluggerät für das Militär sorgt in Deutschland für neues Ungemach: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will für rund 8,5 Milliarden Euro neue Helikopter von Airbus Helicopter ankaufen. Die dabei vorgesehenen Marinehubschrauber vom Typ MH90 sind allerdings laut einem am Samstag durchgesickerten internen Gutachten der Bundeswehr nicht für einen Einsatz über der Nord- und Ostsee geeignet. Das Verteidigungsministerium widersprach den Berichten über das Gutachten und erklärte: "Natürlich wird der MH90 über der See fliegen."

Der geplante Heli-Deal zwischen der Bundeswehr und der Airbus-Tochter Airbus Helicopter (vormals Eurocopter) stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Das milliardenschwere Rüstungsvorhaben hatte gar nach heftiger Kritik des deutschen Rechungshofs an der ausverhandelten Vereinbarung zwischenzeitlich auf Eis gelegt werden müssen. Nach jahrelangem Hin und Her wolle sich Verteidigungsministerin von der Leyen nun aber in der kommenden Woche vom Bundestag einen Beschaffungsvertrag über insgesamt 168 Helikopter genehmigen lassen, berichtete der "Spiegel" am Samstag.

Teil der geplanten Anschaffung sind auch 18 Marinehubschrauber vom Typ MH90 bzw. "NFH NGEN Sea Lion". Von den für die Heli-Anschaffung zuletzt veranschlagten 8,5 Milliarden Euro dürften knapp 1,4 Milliarden für die Marinehubschrauber vorgesehen sein, wie aus als vertraulich eingestuften Vorlagen der Ministerien für Finanzen und Verteidigung für den Haushaltsausschuss des Bundestags hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur und dem "Spiegel" vorliegen.

Bundeswehr-Gutachter warnen vor Ankauf
Doch ein internes Gutachten des Luftfahrtamts der Bundeswehr warnt dem Nachrichtenmagazin zufolge vor dem Ankauf und zählt die Mängel des Helikopters auf. MH90 dürfe demnach nicht über Nord- und Ostsee eingesetzt werden, wenn man international gültige Bestimmungen zugrunde lege. Denn der Helikopter erreiche laut den Experten des Luftfahrtamts der Bundeswehr lediglich die "Flugleistungsklasse 3".

Unter diesen Voraussetzungen seien unter anderem Starts und Landungen in dicht besiedeltem Gebiet und medizinische Noteinsätze untersagt sowie der Betrieb einer Rettungswinde nur eingeschränkt zugelassen. Vor allem aber sei "der Betrieb über Gebieten mit schwierigen Umgebungsbedingungen nicht erlaubt", werden die Beamten des Luftfahrtamts zitiert. Als ein solches Gebiet ist allerdings auch das offene Meer nördlich des 45. Breitengrades definiert - also auch die Nord- und Ostsee. Dort sollen die Marinehubschrauber aber hauptsächlich zum Einsatz kommen.

Die Gutachter raten deshalb dringend davon ab, sich mit Ausnahmeregelungen über die internationalen Sicherheitsstandards hinwegzusetzen, heißt es in dem Bericht weiter. Für ein "neu zu beschaffendes Luftfahrzeug in der Größenklasse des MH90" dürften "keine Ausnahmen notwendig sein".

Ministerium: Seeflug klare Voraussetzung für MH90-Kauf
Das Bundesverteidigungsministerium widersprach dem "Spiegel"-Bericht noch am Samstag. "Natürlich wird der MH90 auf See fliegen und als Rettungshubschrauber eingesetzt werden", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums zur "Bild"-Zeitung. Das sei eine klare Voraussetzung. "Natürlich wird der Sea Lion alle Fähigkeiten haben, um im Seeflug und als Rettungshubschrauber eingesetzt zu werden", so der Sprecher. Das Zulassungsverfahren sei noch ganz am Anfang.

Brisant ist das Gutachten zu MH90 - das möglicherweise geraume Zeit unter Verschluss gehalten worden war, bevor der Inhalt nun kurz vor der Entscheidung über den Ankauf durchsickerte - auch vor dem Hintergrund, dass die Bundeswehr in der jüngsten Vergangenheit bereits mit Problemen bei der regulären Variante des Fluggeräts, dem taktischen Mehrzweckhubschrauber vom Typ NH90 (NATO-Helicopter 90), zu kämpfen hatte.

Im vergangenen Herbst war bekannt geworden, dass ein erheblicher Teil der Bundeswehr-Systeme momentan nicht einsatzfähig ist. Davon betroffen auch NH90: Von 33 der Transporthubschrauber waren im September 2014 nur acht einsatzbereit.

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