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Athen will armen Griechen Schulden teils erlassen

Ausland
18.02.2015 19:10
Die griechische Regierung unter Premier Alexis Tsipras will nun mittellosen Privatleuten und Firmen einen wesentlichen Teil der Schulden erlassen - und provoziert damit einmal mehr die eigenen Gläubiger. Wer 200 Euro seiner Ausstände beim Staat bezahle, dem könne die Hälfte der übrigen Schuld ganz erlassen werden, sagte Finanzstaatssekretärin Nadia Valvani am Mittwoch. Griechenland will voraussichtlich am Donnerstag eine Verlängerung der laufenden Kredite der Euro-Partner beantragen. Völlig offen ist aber nach wie vor, ob Athen die vereinbarten Auflagen der Geldgeber überhaupt akzeptiert.

Wie Valvani in Athen mitteilte, hätten Vorgängerregierungen Kleinstschuldner bedrängt und vermögende Griechen verschont. "Das wird korrigiert. Wir nehmen die größeren Schulden ins Visier", so die Staatssekretärin. Insgesamt hätten sich 76 Milliarden Euro an ausstehenden Steuern und nicht bezahlten Sozialbeiträgen angehäuft, "aber realistisch gesehen können nur neun Milliarden wirklich eingetrieben werden".

Der angekündigte Schuldenerlass für die eigenen Landsleute läuft den Vorgaben der internationalen Geldgeber, bei denen Athen mit 320 Milliarden Euro in der Kreide steht, zuwider. Die Aufseher von Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds hatten bereits entsprechende Pläne der abgewählten Regierung gestoppt, weil der Staat jeden Euro benötigt.

Zähes Ringen zwischen Athen und den Euro-Partnern
Seit Tagen ringt die neue Regierung mit den übrigen Euro-Finanzministern darum, gegen welche Auflagen weitere Hilfe gewährt werden soll, damit das Land nicht zahlungsunfähig wird. Aus Athen verlautete am Mittwoch, Griechenland werde voraussichtlich am Donnerstag eine Verlängerung der laufenden Kredite beantragen. Zuvor war der Antrag noch für Mittwoch in Aussicht gestellt worden. Die Euro-Länder haben eine Frist bis Ende der Woche gesetzt, um zu einem Kompromiss zu kommen.

Demnach führt an einer Verlängerung des Ende Februar auslaufenden aktuellen Kreditprogramms für das finanzschwache Land kein Weg vorbei. Offen bleibt jedoch weiter, ob Griechenland die bisher vereinbarten Bedingungen der internationalen Geldgeber akzeptiert. Ohne ein Einlenken in dieser Frage sind die Euro-Partner nicht zu Zugeständnissen bereit.

Schäuble verärgert über Vorgehensweise der Griechen
Aus dem Büro von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, der sich in den vergangenen Tagen mehrmals offen verärgert über die Vorgehensweise der griechischen Regierung geäußert hatte, hieß es dazu am Mittwoch unmissverständlich, es könne keine Verlängerung geben, ohne dass zugesagte Reformen eingehalten werden: "Beides ist untrennbar miteinander verbunden."

Schäubles Sprecher Martin Jäger meinte: "Wir wissen nicht, wie der nunmehrige Antrag der griechischen Regierung aussieht, wenn er denn gestellt wird." Einer möglichen Verlängerung müsse zudem auch noch der Bundestag zustimmen - und das bis Monatsende. Außerdem sei eine Veränderung lediglich als Brückenfinanzierung, um Zeit zu gewinnen, nicht akzeptabel. Die Bedingungen würden weiterhin gelten, es gebe eine klare Übereinkunft aller anderen 18 Euro-Länder für die Kriterien. "Davon gibt es überhaupt nichts zurückzunehmen", sagte Jäger.

EU-Kommission skeptisch: Richtung ist "nicht positiv"
Die Zeit wird knapp: Am 28. Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer aus, dann würde Athen kein Geld mehr haben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die EU-Kommission äußerte sich am Mittwoch sehr beunruhigt über die derzeitige Situation. "Wir sehen, dass die finanzielle und wirtschaftliche Situation nicht besser wird, im Gegenteil, wir sehen besorgniserregende Tendenzen", sagte der für den Euro zuständige EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Die Richtung sei demnach "nicht positiv".

Konservativer Politiker zum Präsidenten gewählt
Indes ist am Mittwochabend der 64-jährige konservative Politiker Prokopis Pavlopoulos vom griechischen Parlament mit einer deutlichen Mehrheit zum neuen Staatspräsidenten gewählt worden. Für den Verfassungsrechtler stimmten 233 der insgesamt 300 Abgeordneten. Sein Gegenkandidat Nikos Alivizatos bekam lediglich 30 Stimmen, 32 Abgeordnete enthielten sich.

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