"Krone"-Interview

Eliana Burki: “Bin eine geborene Nomadin”

Musik
08.09.2014 13:57
Das Aufsteirern ist bereits seit Jahren eine lieb gewonnene und traditionelle Konstante in der Grazer Event-Landschaft. Bei der diesjährigen Auflage wird die Schweizer Alphorn-Künstlerin Eliana Burki am Samstag auf dem Grazer Hauptplatz für das musikalische Highlight sorgen. Wir sprachen mit der sympatischen Musikerin über ihr Verhältnis zur Tracht, die Freude an der Arbeit mit erkrankten Kindern und weshalb ihr ein Wohnsitz zu wenig ist.
(Bild: kmm)

"Krone": Eliana, du bist mit dem Begriff "Funky Swiss Alphorn" bekannt geworden und verwendest das Alphorn in Jazz-, Funk- und Popsongs. Wie kam es zu diesem eher ungewöhnlichen Instrument?
Eliana Burki: Ich habe das Alphorn erstmals als Sechsjährige gesehen und war vom ersten Moment an begeistert. Das Instrument und die Klänge haben mich von Anfang an berührt und es wurde zu meiner Leidenschaft. Ich hatte zum Glück einen guten Lehrer und wusste schon früh als Kind, dass man mit dem Alphorn auch Jazz und nicht nur traditionelle Musik spielen kann. So habe ich mit dem Lehrer meinen ersten Blues geschrieben.

"Krone": Es ist auch selten, dass man in dem Alter bereits zum Blues und Jazz kommt.
Burki: Ich bin damit schon aufgewachsen, bei uns wurde zu Hause eigentlich immer schon sehr viel Jazz gespielt. Die Musik war dadurch nie wirklich fremd für mich.

"Krone": Du hast bereits in relativ jungen Jahren die Tracht abgelegt. War das ein Statement gegen das Traditionelle?
Burki: Die Tracht war mit mir und meiner Musik nicht mehr authentisch. Man kann nicht Blues spielen und eine Tracht tragen. Ich bin damals aber schon noch in Wettbewerben angetreten, wo ich mit einer Tracht bekleidet war, aber ich wusste, dass das nicht meine Welt ist. Ich wollte mich einfach wohlfühlen und und zu meiner Musik passen - da war die Tracht nicht mehr zeitgemäß.

"Krone": Am Samstag bist du der Headliner beim traditionellen Grazer Aufsteirern. Wirst du bei dieser sehr traditionellen Veranstaltung in Tracht auftreten?
Burki: Auf keinen Fall, das passt gar nicht zu mir. Ich bin dann einfach das Gegenteil von den anderen Besuchern. Deshalb wollen sie mich wohl auch. Weil sie wissen, dass ich das nicht mache. Ich finde die Tracht sehr schön, aber halt nicht an mir und zu meiner Musik.

"Krone": Stichwort Andreas Gabalier.
Burki: Kenne ich natürlich und ich habe sogar ein Bild mit ihm. (lacht) Wir waren vor ein paar Monaten in der gleichen Fernsehsendung.

"Krone": Gabalier hat die Tracht auch bei jüngeren Menschen in Österreich erst wieder salonfähig gemacht. Passt die Tracht zu seinem Volks-Rock-'n'-Roll?
Burki: Sie passt jedenfalls eher als bei mir. Meine Musik hat mit Volksmusik und Schlager überhaupt nichts zu tun. Es ist eher World- oder Rockmusik, wir sind sehr laut und die Band steht im Mittelpunkt. Eine Tracht würde mich nur beim Atmen behindern und außerdem haben meine Bandmitglieder lange Haare und Bärte – wie würde das dann aussehen? (lacht)

"Krone": Wäre eine musikalische Zusammenarbeit mit Gabalier für dich ein Thema?
Burki: Kann ich mir durchaus vorstellen, ich finde ihn wirklich sehr sympathisch. Er war damals in dieser Fernsehsendung auch sehr erstaunt über die Musik, die ich mache. Ich denke schon, dass zwischen uns ein wirklich guter Vibe herrscht. Schauen wir mal.

"Krone": Hast du einen speziellen Bezug zu Österreich?
Burki: Da ihr nicht weit von der Schweiz entfernt seid, bin ich immer wieder bei euch im Land. Außerdem kommt das Alphorn aus den österreichischen Alpen und nicht aus der Schweiz.

"Krone": Ein Song von dir heißt "Heimweh" und neben deiner Wohnung in Zürich lebst du auch schon einige Jahre in Los Angeles. Verspürt man da Heimweh bzw. ist es schwierig, immer zwischen diesen beiden Polen zu pendeln?
Burki: Anfangs war es schon schwierig, denn L.A. ist in gewisser Weise sehr speziell. Es öffnet aber auch Horizonte und ich wäre ein ganz anderer Mensch, würde ich nur an einem Ort leben. Zudem bin ich eine geborene Nomadin. Ich muss immer weiterziehen, weil mir sehr schnell langweilig wird. Außerdem sammle ich überall viele Inspirationen für meine neuen Songs. Ich werde immer an zwei Orten leben.

"Krone": Siehst du die Schweiz oder Europa als Wahl-Amerikanerin aus einem anderen Blickwinkel?
Burki: Ich schätze es schon sehr, immer wieder in die Schweiz zurückzukommen, bin ich aber zu lange da, wird mir eben schnell langweilig. Das ist im Prinzip überall so. Ich mag die Unterschiedlichkeit der einzelnen Orte. Für mich ist es wichtig zu wissen, wo meine Wurzeln sind.

"Krone": Heimat definiert sich für dich nicht geografisch?
Burki: Nein, eher in der Kunst. Es geht um meine Lebenseinstellung. Wenn ein Mensch seine Wurzeln gefunden hat, ist er sehr bodenständig. Deshalb kann ich wohl auch sehr leicht in andere Orte und Welten eintauchen – weil ich eben weiß, wo meine Wurzeln liegen, meine Heimat ist.

"Krone": Du hast schon auf verschiedensten Kontinenten in verschiedensten Ländern gespielt – wie viel Einfluss haben diese Erfahrungen auf die Musik?
Burki: Extremen Einfluss. Unsere Reisen nach Indien, Kairo oder in den Mittleren Osten haben uns ganze Songs beschert. Wir haben dort oft mit den einheimischen Musikern gejammt und neue Inspirationen gewonnen. Mit der Gruppe zu reisen schweißt dich auch als Band zusammen.

"Krone": Joss Stone ist gerade dabei, in jedem einzelnen Staat der Welt ein Konzert zu geben. Wäre das auch für dich interessant?
Burki: Absolut. Dafür bin ich wohl geboren. Ich könnte locker ein Jahr auf Tour gehen. Hauptsache ist nur, ich habe meine zwei Hunde dabei. (lacht) Für kurze Reisen lohnt sich das nicht, da bleiben sie bei der Mutter in der Schweiz, aber wenn ich wieder länger nach L.A. fliege, sind sie immer dabei. Auch im Tourbus in Europa.

"Krone": Das letzte richtige Studioalbum "Travellin' Root" ist auch schon wieder drei Jahre alt. Kommt bald neues Material?
Burki: Ja, ich war gerade in New York, um am neuen Album zu schreiben. Es wird nächstes Jahr wahrscheinlich im Frühling auf den Markt kommen. Es wird voraussichtlich eine Mischung aus "Travellin' Root" und einem klassischen Album. Wir vermengen sehr viele elektronische Beats mit schönen Alpenmelodien, in denen man das Alphorn ganz nahe erlebt.

"Krone": Lässt sich das Alphorn mit jeder Art von Musik vermischen?
Burki: Natürlich, man muss nur offen dafür sein und die Inspiration dafür haben. Ich habe eigentlich schon sehr vieles durchprobiert, wie etwa die klassische Musik. Die habe ich schon früh von meiner Mutter mitbekommen und bin damit schon als Kind mit Orchester aufgetreten. Ich habe auch ein Projekt mit meinen Middle-Eastern-Musikern, das mich auch sehr inspiriert hat. Zudem bin ich meistens mit meiner Band, den iAlpinisti, unterwegs. Es fügt sich trotzdem alles immer gut zusammen.

"Krone": Wie ist es, die meiste Zeit als eine Art "Henne im Korb" mit lauter Männern auf Tour zu sein?
Burki: Toll und unkompliziert. Wir kennen uns schon so lange und manchmal ist auch jemand von meiner Familie dabei. Wir sind ein großartiges Team und harmonieren perfekt miteinander.

"Krone": Wie viel Mitspracherecht und Einwirkungsmöglichkeit hat die Band auf das Songwriting?
Burki: Die letzten Alben haben wir schon alle zusammen geschrieben. Das wird sich auch für das kommende Album nicht ändern, obwohl ich die meisten Songs zusammen mit dem bekannten Produzenten Christian Lohr schreibe. Er hatte soeben einen großen Hit mit Gregor Meyle. Er übernimmt die musikalische Leitung für dieses Projekt. Man muss immer ein bisschen wechseln, sonst kommt man in einen zu normalen Fluss.

"Krone": Ist es nach vielen Jahren im Musikgeschäft schwieriger, Ideen zu haben, oder gleich leicht wie zu Beginn?
Burki: Eigentlich ist es besser als am Anfang. Je älter ich werde, umso entspannter bin ich. Als ich jünger wvertrauen und mit denen ich gut arbeiten kann. Man lernt auch mehr Menschen kennen und befindet sich in größeren Musikerkreisen. Das ist sehr gut für die persönliche Weiterentwicklung.

"Krone": Du übst nebenbei eine ungemein wichtige Tätigkeit als Klangtherapeutin für Kinder mit zystischer Fibrose aus. Wie bist du dazu gekommen? Was hat deine Leidenschaft dafür geweckt?
Burki: Mein Vater ist Arzt und als ein Kollege von ihm als Musiktherapeut nach Amerika ausgewandert ist, hat er mich als 19-Jährige damals gefragt, ob ich nicht Lust hätte, einen Workshop zu geben. Damals bin ich erstmals in die Klinik in Davos gekommen und das war sehr positiv. Die Arbeit hat sich dann Schritt für Schritt entwickelt und es war auch für mich eine Entwicklung. Diese Kinder haben eine gute Lebensqualität, bis sie 30 sind, dann geht es rapide bergab. Damit umzugehen war für mich auch neu und dadurch ist meine Persönlichkeit gereift.

"Krone": Welches Feedback bekommst du von den Kindern auf diese Tätigkeit?
Burki: Das kann man gar nicht beschreiben, so intensiv fühlt sich das an. Ich bleibe immer eine ganze Woche in Davos und gebe einen Intensivworkshop. Das Vertrauen, das mir entgegengebracht wird, ist einfach ein Wahnsinn. Am Ende einer Therapiewoche gebe ich ein Konzert und es kommt unheimlich viel von den Kindern zurück. Es ist eine Arbeit, die ich immer machen möchte.

"Krone": Wie kann man sich diese Behandlung vorstellen?
Burki: Ich habe verschiedene Alphörner und die machen verschiedene Töne. Durch gewisse Töne und spezielle Atemtechniken lösen sich bei den Kindern Sekrete, die sie dadurch auf eine natürliche Basis ausspucken. Zudem hat das Alphorn einen meditativen Klang. Wenn man eine Stunde lang im Schneidersitz nur die tiefen Töne spielt, das ist unglaublich. Es ist sehr beruhigend für den Körper.

"Krone": Unlängst hast du auch das "Beverly Hills Playhouse", eine renommierte Schauspielschule in L.A., abgeschlossen. Das deutet stark Richtung Branchenwechsel hin?
Burki: Gar nicht. Ich wollte das einfach immer schon probieren und in L.A. muss so etwas ja fast machen. Ich habe mich einfach angemeldet, bin unerwarteterweise reingekommen und dann hat sich alles so nebenbei entwickelt. Wenn sich also was ergeben sollte, ist das gut, aber ich pushe die Schauspielerei nicht. Musik steht nach wie vor an erster Stelle.

"Krone": Gibt es schon das eine oder andere spruchreife Projekt?
Burki: Ich spiele in einem französischen Dokumentarfilm mit. Ich habe zwar schon das Drehbuch, aber wir haben noch nicht angefangen zu filmen. Es ist immer schwierig, im Vorfeld darüber zu reden. Ich weiß ja noch nicht einmal, wo der Film überall rauskommen wird. Das ist oft Glückssache. Ich habe jetzt auch in der Schweiz eine Agentur, die mich dabei unterstützt, aber eigentlich habe ich ohnehin nicht so viel Zeit. Wenn sich was ergibt, bin ich aber dabei.

"Krone": Und als Fernziel einmal Oscar und Grammy einsacken?
Burki: Ja, genau, das weiß man ja nie. Man muss dranbleiben. (lacht)

"Krone": Abschließend – worauf dürfen sich deine Fans beim Aufsteirern-Auftritt gefasst machen?
Burki: Ich spiele mit meiner Band eine sehr abwechslungsreiche 90-Minuten-Show. Man kann in verschiedene Welten eintauchen und ich freue mich extrem auf das ganze Programm und das Konzert selbst. Das wird bestimmt genial.

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