Trump legt nach

„Er hat nichts, solange ich es nicht genehmige“

Außenpolitik
27.12.2025 17:00

Kurz vor dem Treffen in Mar-a-Lago mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj stellt US-Präsident Donald Trump klar, wer im Spiel um den Frieden das Sagen hat. Selenskyj mag den „20-Punkte-Plan“ zu 90 Prozent als erfüllt ansehen, doch am Ende zählt nur ein einziges Wort vom Hausherrn der Luxus-Anlage.

Das Ambiente könnte kaum kontrastreicher sein: Hier der ukrainische Präsident, der seit fast vier Jahren im Zentrum eines mörderischen Abnutzungskrieges steht, dort der US-Präsident in der opulenten Kulisse seines Privatclubs. Wenn sich Selenskyj und Trump am Sonntag  (15 Uhr Ortszeit, 21 Uhr MEZ) gegenüberstehen, geht es nicht nur um Paragrafen. Es geht um das Ego eines Mannes, der Weltpolitik wie eine Folge seiner alten Reality-Show „The Apprentice“ führt. Trumps jüngster Satz – „Er hat gar nichts, solange ich es nicht genehmige“ – ist die ultimative Demütigung und zugleich die Spielregel für diesen Gipfel.

US-Präsident Donald Trump empfängt am Sonntag Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj.
US-Präsident Donald Trump empfängt am Sonntag Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj.(Bild: AFP/TOM BRENNER)

Die Kernpunkte des Plans
Der 20-Punkte-Plan, an dem Kiew gemeinsam mit Trumps Beratern Steve Witkoff und Jared Kushner gearbeitet hat, enthält laut „New York Times“ folgende Kernpunkte:

  • Neuwahlen: Um Trumps Kritik an der Legitimität der ukrainischen Führung zu begegnen, sieht der Plan nationale Wahlen „so bald wie möglich“ nach einem Friedensschluss vor – im Gespräch ist eine Frist von 100 Tagen.

  • Demilitarisierte Zonen: Der Entwurf schlägt Pufferzonen vor, die von internationalen Truppen (unter Ausschluss von US-Bodentruppen) überwacht werden sollen. Dies betrifft insbesondere die Kontaktlinien im Donbass.

  • Referendum: Selenskyj plant, territoriale Zugeständnisse oder den finalen Deal einem nationalen Referendum zu unterwerfen. Dies gilt als politische Absicherung gegen internen Widerstand. Voraussetzung dafür wäre aber eine 60-tägige Waffenruhe.

  • Wirtschaftliche Kompensation: Ein zentraler Pfeiler ist die Kooperation bei Rohstoffen. Die USA sollen bevorzugten Zugriff auf Seltene Erden erhalten. Zudem ist ein „Ukraine Development Fund“ geplant, um bis zu 800 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau zu mobilisieren.

  • Sicherheitsgarantien: Die Ukraine fordert Garantien, die dem NATO-Artikel 5 entsprechen. Trump favorisiert jedoch ein zeitlich befristetes, bilaterales Abkommen (ca. 15 Jahre), das keine direkte US-Kriegsbeteiligung vorsieht.

Selenskyj meinte, der 20-Punkte-Plan sei zu 90 Prozent fertig. „Unsere Aufgabe ist jetzt, alles zu 100 Prozent fertigzustellen.“

Der Kreml reagierte bisher abwartend und nannte den Plan „unzureichend“. Moskau beharrt auf der Kontrolle über die bereits besetzten Gebiete und lehnt eine Mitsprache der Ukraine beim Atomkraftwerk Saporischschja ab.

Trump behandelt die Ukraine nicht wie einen Verbündeten auf Augenhöhe, sondern wie ein Unternehmen in Schieflage, das auf die Gnade des Investors angewiesen ist. „Wir werden sehen, was er hat“, legte Trump nach. Es klingt wie die Begutachtung einer Ware. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Frieden, sondern um harte wirtschaftliche Interessen. 

Deal über Europas Köpfe hinweg?
Während in Florida die Würfel fallen, herrscht in Berlin und Paris lähmende Nervosität. Die Sorge, dass Trump über die Köpfe der Europäer hinweg einen Deal mit dem Kreml schließt, ist realer denn je. Wenn Trump „genehmigt“, was Selenskyj vorschlägt, müssen die Europäer am Ende wohl die Zeche für den Wiederaufbau zahlen – ohne beim Deal mit am Tisch gesessen zu haben.

In Trumps Luxusanwesen wird das Treffen stattfinden.
In Trumps Luxusanwesen wird das Treffen stattfinden.(Bild: APA/AP)

Selenskyjs Gang nach Florida ist eine Flucht nach vorn. Er setzt alles auf eine Karte, um Trump auf seine Seite zu ziehen, bevor die Front im Osten vollends zusammenbricht. Er bietet Neuwahlen an, er bietet Rohstoffe an, er bietet Rückzüge an. Doch die Überschrift über diesem Treffen ist bereits geschrieben. Sie stammt nicht aus einem diplomatischen Kommuniqué, sondern aus dem Mund von Donald Trump selbst.

In Mar-a-Lago wird sich am Sonntag zeigen, ob aus den 90 Prozent eines ukrainischen Entwurfs 100 Prozent eines amerikanischen Diktats werden. Denn am Ende gilt in der neuen Weltordnung nur ein Gesetz: Nichts ist beschlossen, bis der Mann in Florida sein „Okay“ gibt.

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