Lauter Müll im Meer

“Boeing-Wrackteile sind kaum mehr auszumachen”

Ausland
02.04.2014 16:34
Wenn die MH370-Suchmannschaften von ihren Flugzeugen aus angestrengt die Meeresoberfläche absuchen, sehen sie dort immer wieder etwas treiben: etwa ein orangefarbenes Objekt, Bojen, ein rechteckiges blaues Teil, einen zackigen rostbraunen Gegenstand oder Taue. Doch nichts davon ließ sich bisher als Wrackteil der verschwundenen Malaysia-Airlines-Boeing identifizieren. Alles Treibgut entpuppt sich als Müll - und davon gibt es in den Weltmeeren immer mehr.

Die Abfälle, die auch in schwimmenden Inseln aus Fischernetzen, Plastikteilen und Holz herumtreiben, erschweren nicht nur die Suche nach dem Flugzeug. Sie stellen auch eine riesige Gefahr für die Tierwelt dar.

Acht Millionen Abfall-Teile landen täglich in den Weltmeeren, schätzt der WWF: Kanister, PET-Flaschen, Zahnbürsten, Einmalrasierer - drei Viertel davon sind aus Plastik. Und das braucht Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte, bis es zersetzt ist.

Australische Wissenschaftlerin: "Sogar Kühlschrank im Meer"
"Ich habe sogar schon einen ganzen Kühlschrank im Meer treiben sehen", sagt dazu Britta Denise Hardesty, Ökologin der australischen Forschungsbehörde CSIRO. Jedoch werde viel Abfall etwa durch Wellen oder Strömungen schnell in immer kleinere Stücke zerlegt. "Vor der Westküste Australiens, wo das Flugzeug abgestürzt sein soll, treiben rund 5.000 bis 30.000 winzige Müll-Teilchen in einem Kubikkilometer Wasser", so Hardesty.

Vögel wie Albatrosse hielten Plastikteile für Futter und verschluckten sie. "In ihren Mägen haben wir schon ganze Leuchtstäbe gefunden, wie sie Angler verwenden, auch Ballone, Schleifen, Feueranzünder oder Flaschenverschlüsse", meint die Ökologin. "Die Vögel verhungern mit vollem Magen." Auch Fischernetze, die über Bord geworfen wurden oder verloren gingen, stellten ein Problem für Delfine oder Robben dar: "Wir nennen sie Geisternetze."

Greenpeace: "Kein Teil der Weltmeere mehr frei von Plastik"
Mittlerweile ist kein Teil der Weltmeere mehr frei von Plastik, wie Thilo Maack, Biodiversitätsaktivist von Greenpeace, erklärt. "Ich habe schon Bilder von einem weißen Gartenstuhl gesehen, der im Schlamm in 9.000 Meter Tiefe stand." Die großen Strömungen würden dafür sorgen, dass eine Plastikflasche, die etwa an der Ostküste Afrikas ins Meer geworfen wurde, in Indonesien an den Strand gespült wird.

Das Schwemmgut bildet in allen Weltmeeren auch riesige Müllstrudel. Der bekannteste ist der "Great Pacific Garbage Patch" im Nordpazifik, der die Größe von Zentraleuropa hat. "Dort war ich tauchen und sah im Gegenlicht, wie sich die Sonne überall in den winzigen, einen halben Millimeter großen Plastikteilchen bricht", so Maack. Die Teile sind so klein wie Makroplankton - und werden etwa von Walen mitgefressen.

Nach Tsunami in Japan Geisterschiffe und Häuser im Wasser
Es gibt auch Medienberichte von Geisterschiffen oder ganzen Häusern, die zum Beispiel durch den Tsunami in Japan auf den Weltmeeren herumschwimmen. Daneben verlieren außerdem Containerschiffe ab und zu ihre Ladung. Der wohl berühmteste diesbezügliche Verlust ist ein Container voller gelber Badeenten, die noch Jahre später an den Küsten des Pazifiks und des Atlantiks trieben.

"Schiffscontainer sind eine große Sorge für uns. Aber die meisten sind entweder leicht zu sehen oder sie sinken", erklären Jon und Sue Hacking per Email. Sie fahren mit ihrer Yacht "Ocelot" seit 2001 um die Welt und sind gerade in Malaysia. Eine größere Sorge für ihren Katamaran seien aufgegebene Fischerstege oder treibende Baumstämme. Hinzu kämen Plastikflaschen, Styropor sowie Kunststoffseile und -netze. "Wenn wir segeln, sehen wir normalerweise jeden Tag irgendwelche Verschmutzung."

Experte: "Position der Wrackteile kaum mehr auszumachen"
Wo sich die Wrackteile des verschwunden Flugzeugs dreieinhalb Wochen nach dem Absturz befinden könnten, ist laut dem Ozeanographen Jochen Kämpf von der Flinders University in Australien "kaum mehr auszumachen". "Selbst wenn wir die genaue Absturzstelle kennen würden, hätte das Suchgebiet enorme Ausmaße", sagt er.

Grund dafür seien große, fast unberechenbare Wirbel im Wasser: "Sie sind wie Wettererscheinungen in der Atmosphäre, mit Hunderten Kilometern Durchmessern." Schwimmende Teile würden darin mit einer Geschwindigkeit von 43 Kilometern am Tag treiben - und könnten außerdem von einem Wirbel zum nächsten gereicht werden. "Die Unwägbarkeit ist deshalb riesig", so Kämpf.

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