Von chemiebelasteter Billigmode über Zuckerbomben bis hin zu riskanten Finanzprodukten – Influencer verkaufen im Netz Produkte ohne klare Werbekennzeichnung sowie Risikohinweise und nutzen damit ihr Naheverhältnis zu Millionen Followern aus, kritisiert die Arbeiterkammer Wien am Mittwoch.
Die Organisation hat mit 13 weiteren Konsumentenschutzunternehmen aus zwölf Ländern das Influencer-Marketing auf TikTok, Instagram, YouTube und Snapchat untersucht. Von März bis September wurden die Influencerinnen und Influencer auf den digitalen Plattformen unter die Lupe genommen. Dabei ging es um drei Bereiche: Billigware aus Drittländern, Lebensmittel und Finanzen.
Den Bericht „Influencer Marketing Unboxed“ hat die BEUC, der EU-Dachverband von mehr als 40 europäischen Konsumentenschutzorganisationen, erstellt. Dabei zeigte sich, dass eine Selbstregulierung nicht funktionieren würde. Plattform-Richtlinien und Branchenvereinbarungen würden zu kurz greifen, Gesetze seien zersplittert, Zuständigkeiten unklar, die Rechtsdurchsetzung schwach, meinte die AK Wien, auch im Hinblick auf das Social-Media-Verbot für Unter-16-Jährige in Australien.
Förderung von Überkonsum
Influencer würden die Kultur des Überkonsums in Sachen Mode fördern, kritisierten die Organisationen. Die Textilindustrie verursache rund zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Jede Sekunde werde eine Lkw-Ladung Kleidung vernichtet. Plattformen wie die Billiganbieter Shein und Temu würden die Überproduktion im Modebereich weiter befeuern – mit Risiken für Umwelt und Konsumenten.
Die von Influencern betriebenen Massen-Einkäufe (sogenannte Hauls) werden als Must-haves verkauft. Dokumentiert ist etwa eine norwegische Influencerin mit 35.000 Euro Einkaufswert. Rabattcodes, Gratisprodukte und Provisionen würden verschleiert werden. Statt Werbung werde mit „persönlicher Empfehlung“ gespielt.
Auch Werbung für Fast-Food werde nicht richtig gekennzeichnet – besonders bei Kurzvideos und 24-Stunden-Posts. Junk-Food würde als Belohnung oder Selbstfürsorge dargestellt. Kooperationen mit Games und Stars würden das ungesunde Essen als Teil der Kindheit normalisieren. Auch bei Nahrungsergänzungen werden Falschaussagen getätigt. Bei Muskel- und Beautypillen seien neun von zehn Aussagen fachlich falsch. Dabei lebe jedes dritte Kind in Europa mit Übergewicht oder Fettleibigkeit. Die WHO mache auch allgegenwärtiges Marketing dafür verantwortlich, so die AK Wien.
Falsche Tipps von Finfluencern
Eine aktuelle AK-Analyse sogenannter Finfluencer in Österreich zeige ebenso massive Probleme. Als „Finanzbildung“ verkaufte Inhalte seien oft fragwürdig. Sparbücher werden pauschal schlechtgeredet („Ihr verliert Geld!“), Wertpapiere mit überzogenen Renditen gepusht – ohne Risikohinweise. „Bestes Online-Sparkonto“, „bester Broker“ – ob sachliche Empfehlung oder provisionsgesteuerte Info, die Provisionen dafür bleiben oft im Dunkeln, Hinweise maximal im Kleingedruckten. Manche treten als „Unternehmensberater“, „Werbeagentur“ oder sogar „Frühstückspension“ auf – eine Berechtigung zur Vermögensberatung fehlt häufig.
Die AK fordert daher dringenden Schutz für Minderjährige. Unrealistische Renditeversprechen ohne Risiko-Infos und ungesunde Ernährungsempfehlungen müssen EU-weit gesetzlich verboten werden. Es müsse auch Schluss mit Schleichwerbung sein. Eine klare, EU-weit einheitliche Kennzeichnung, wer wofür bezahlt wird, sei unerlässlich. Verstöße müssten wirksam bestraft werden.
Auch Qualifikationen müssten offengelegt und auf Provisionen deutlich hingewiesen werden. „Wer Ernährungs- oder Finanztipps gibt, braucht nachweisbare Kompetenz und muss seinen gewerberechtlichen Status zeigen“, so die AK. Auch die Plattformen müssten in die Pflicht genommen werden. Klare Regeln, faire Verteilung der Verantwortung zwischen Influencerinnen und Influencern, Agenturen und Plattformen seien auf EU-Ebene nötig.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.