Details durchgesickert

So russlandfreundlich ist der Ukraine-Friedensplan

Außenpolitik
21.11.2025 09:01

Der US-Plan zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war bisher nicht öffentlich, jedoch war schon die Rede von erheblichen Zugeständnissen an Moskau. Jetzt wurde der Vorschlag geleakt: Die Details zeigen, wie russlandfreundlich er tatsächlich ist. 

Am Donnerstagabend stellte der ukrainische Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko, der zur Oppositionsfraktion Europäische Solidarität gehört, den Plan via Telegram ins Netz. Auch Mehrere Medien wie das US-Nachrichtenportal „Axios“ veröffentlichten die 28 Punkte umfassende Auflistung, deren Inhalt auch von Regierungsvertretern aus den USA und der Ukraine bestätigt wurde. 

Vieles deckt sich mit Kriegszielen Putins
Das Weiße Haus hatte zuvor Bedenken wegen einer Begünstigung Moskaus zurückgewiesen, jetzt versucht man die Wogen zu glätten, indem man von einem „Arbeitsdokument“ spricht. Denn die Zugeständnisse an das russische Regime lassen sich jetzt nicht mehr leugnen: Die Forderungen decken sich im Wesentlichen mit den Kriegszielen des Kremls.

Weitreichende Gebietsabtretungen
So sieht der US-Vorschlag den Verzicht der Ukraine auf die wichtige Industrieregion Donbass vor. Die dazu gehörenden Regionen Donezk und Luhansk würden ebenso wie die Krim „de facto als russisch anerkannt werden, auch von den Vereinigten Staaten“, heißt es in dem Entwurf. Aus dem noch von ihr kontrollierten Teil von Donezk würde sich die Ukraine demnach zurückziehen, er soll zu einer entmilitarisierten Pufferzone unter russischer Kontrolle werden. Die beiden teilweise von Russland kontrollierten und annektierten Regionen Cherson und Saporischschja im Süden der Ukraine würden dem Plan zufolge entsprechend der aktuellen Frontlinie aufgeteilt. Das Atomkraftwerk Saporischschja solle der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA unterstellt und der dort produzierte Strom zu gleichen Teilen zwischen der Ukraine und Russland aufgeteilt werden.

Präsident Selenskyj empfing am Donnerstagabend den Staatssekretär des ...
Präsident Selenskyj empfing am Donnerstagabend den Staatssekretär des US-Verteidigungsministeriums, Daniel Driscoll (re.) und bestätigte den Erhalt des Plans.(Bild: AP)
Die Karte zeigt die von Russland kontrollierten und eroberten Gebiete in der Ukraine laut einem US-Plan. Donezk und Luhansk sollen vollständig aufgegeben werden. Saporischschja und Cherson sollen entlang der Frontlinie geteilt werden. Die ukrainische Armee soll deutlich verkleinert werden. Quelle: APA, ISW.

Verzicht auf NATO-Beitritt
Die Ukraine hatte auf eine von Europa angeführte Friedensmission gehofft, doch Russlands Weigerung, dem zuzustimmen, spiegelt sich auch in diesem Plan wider. So würde sich die NATO verpflichten, keine Truppen in die Ukraine zu entsenden. Im Gegenzug würde die Ukraine „zuverlässige Sicherheitsgarantien“ erhalten, heißt es in dem Plan vage. Im NATO-Land Polen sollen demnach „europäische Kampfflugzeuge“ stationiert werden. Die Ukraine müsste sich verpflichten, auf einen Beitritt zum Militärbündnis zu verzichten – eine weitere Kernforderung Russlands. Die Ukraine müsste atomwaffenfrei bleiben und die Truppenstärke der Armee auf 600.000 Mann begrenzen. Sie dürfte aber der EU beitreten.

Aggressionen abschwören
Die Souveränität der Ukraine sollte bestätigt – und Russland, die Ukraine und Europa die Konflikte der vergangenen 30 Jahre für beendet erklären. Sie sollten vereinbaren, sich gegenseitig nicht anzugreifen. Russland und die USA würden laut dem US-Plan wieder über nukleare Rüstungskontrolle sprechen. Russland sollte sich per Gesetz dazu verpflichten, Aggressionen gegenüber Europa und der Ukraine abzuschwören.

Wahlen binnen 100 Tagen
Eine weitere zentrale Forderung Moskaus und ein Punkt in dem Plan sind Wahlen in der Ukraine innerhalb von hundert Tagen. US-Präsident Donald Trump hatte sich diese russische Forderung Anfang des Jahres zu eigen gemacht, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „Diktator ohne Wahlen“ bezeichnete. Trump selbst würde laut diesem Plan einem „Friedensrat“ vorstehen, der den Waffenstillstand überwachen soll – angelehnt an den Nahost-Friedensplan und die darauf basierende Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel. Außerdem sieht Trumps Plan eine amerikanisch-russische Arbeitsgruppe zu Sicherheitsfragen vor, die über die Einhaltung des Abkommens wachen sollte.

Rehabilitierung Russlands
Laut dem Vorschlag soll Russland „wieder in die Weltwirtschaft integriert“ und in die G8-Staatengruppe aufgenommen werden, aus der es 2014 nach der Annexion der Krim ausgeschlossen worden war. Bei einer erneuten Invasion der Ukraine würden die Sanktionen gegen Russland wieder in Kraft treten. Allerdings werden Moskau darin nur wenige militärische Einschränkungen auferlegt – der Plan besagt lediglich, dass „von Russland erwartet wird, dass es keine Nachbarländer angreift“.

Wiederaufbau der Ukraine – mit Gewinnen für USA
Zum Wiederaufbau der Ukraine und zur Entwicklung der Infrastruktur soll ein internationaler Fonds gegründet werden. 100 Milliarden US-Dollar (rd. 87 Mrd. Euro) des beschlagnahmten russischen Staatsvermögens sollen in von den USA angeführte Bemühungen für Wiederaufbau und Investitionen in der Ukraine fließen – und die USA dann 50 Prozent möglicher Gewinne erhalten. Die EU sollte dagegen 100 Milliarden US-Dollar zum Wiederaufbau selbst beisteuern und beschlagnahmtes russisches Vermögen wieder freigeben.

Umfassende Amnestie
Der US-Plan sieht weiters vor, dass Gefangene und Tote nach dem Prinzip „Alle gegen alle“ ausgetauscht werden. Zivilisten müssten freigelassen, Familien zusammengeführt werden – und für alle am Krieg Beteiligten sollte es eine umfassende Amnestie geben. Beide Seiten sollten sich verpflichten, in Schulen gegenseitiges Verständnis und Toleranz zu lehren. Die Ukraine müsste die sprachlichen und religiösen Rechte von Minderheiten nach EU-Standards zusichern.

Selenskyj: Brauchen „würdevollen Frieden“
Der ukrainische Präsident reagierte am Donnerstagabend mit Bedacht auf den US-Vorschlag. Er ging nicht direkt auf die Punkte ein, sondern verlieh seiner Haltung Nachdruck, dass die Ukraine einen „würdevollen Frieden“ brauche. Einen echten Frieden, der nicht von einer dritten Invasion gebrochen werde, betonte Selenskyj. Man wolle „ehrliche Arbeit“ dafür leisten und sich nicht zu „scharfen Äußerungen“ hinreißen lassen. In den nächsten Tagen will sich Selenskyj dann mit US-Präsident Trump treffen, um über den Friedensplan zu reden.

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