Zu viele kleine Krankenhäuser, zu viel Föderalismus und zu viel Politik: Experten analysieren nach dem tragischen Vorfall in Oberösterreich, als eine 55-jährige Akutpatientin nach mehrfacher Abweisung verstarb, die Schwächen im Gesundheitssystem.
„Ja, wir haben ein systemisches Problem“, sagt Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. „Aber das kann man nicht am Tod der Patientin festmachen, sondern nur am anachronistischen Versuch, eine Herzchirurgie für die Patientin zu finden.“ Es gebe seit Jahrzehnten seitens des Bundes für herzchirurgische Notfälle Vorgaben, die von den Ländern ignoriert würden.
In Oberösterreich sei es besonders absurd, zumal die Landespolitiker gleich zwei Spitäler für solche Fälle bestimmten, die aber nur gemeinsam als ein Referenzzentrum dienen – Wels und die Kepleruni in Linz. „Wie die beiden abgestimmt waren, oder eben nicht waren, hat dieser Fall deutlich aufgezeigt.“
„Mehr Wähler als Patienten“
Die Politiker würden an allen Standorten festhalten wollen, „weil es immer mehr Wähler als Patienten gibt.“ Trotz jahrzehntelanger Versuche werde es nicht geschafft, Spitäler rund um den Bedarf der Patienten zu errichten, sondern nur entlang populistischer Politikerwünsche. In der Steiermark etwa schaffe man es nicht, aus drei zu kleinen Spitälern ein großes und taugliches zu machen. Generell gilt: Zu viel Personal in kleinen Einheiten, das in großen dann oftmals fehlt.
Weichen Sie längst auf teure Wahlärzte aus, weil Sie keine Zeit zu verlieren haben? Sind Sie mit den angebotenen Behandlungen (un)zufrieden? Wie viel zahlen Sie monatlich in das System der Krankenkassen ein – und bekommen Sie genug dafür? Wo muss das Gesundheitswesen dringend sparen und wo muss viel mehr Geld hineingepumpt werden? Wurden Sie Opfer einer falschen Behandlung, eines Kunstfehlers, oder wo wurden Sie sensationell gut versorgt? Was haben Sie erlebt mit Ärzten, Pflegern, der Rettung – gutes wie weniger gutes.
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Christoph Hörmann, Leiter der Klinischen Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin in St. Pölten ergänzt zum konkreten Fall in Oberösterreich: Neben der Notwendigkeit eines Expertenteams hätte es adäquate postoperative Versorgung auf der Intensivstation gebraucht, um das nach solchen Eingriffen häufig auftretende Multiorganversagen behandeln zu können. Die Versorgung dieser Erkrankung beschränke sich daher auf Kliniken, in denen eine Herzchirurgie etabliert sei. Ein weiteres Problem im Bereich von heiklen Notfällen.
Was helfen würde
Die Neos verweisen auf eines der „teuersten Gesundheitssysteme, das offensichtlich nicht das effizienteste ist“, sagt Sozialsprecher Johannes Gasser. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn Menschen sterben, weil niemand weiß, wo es noch freie Kapazitäten gibt. Das ist kein medizinisches, sondern ein organisatorisches Problem – im 21. Jahrhundert völlig unverständlich.“
Unterstützung kommt von der ehemaligen Gesundheitsministerin und Krankenhausmanagerin Andrea Kdolsky: „Wir brauchen eine Strukturreform, eine Reformpartnerschaft zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Notfallversorgung, Notfallketten und zentrales Versorgungs- und Kapazitätsmanagement müssen gewährleistet sein, und zwar über Bundeslandgrenzen hinweg, zu jeder Tages- und Nachtzeit.“
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