Weihnachtstraditionen
Die Welt feiert mit Gurken, Hexen und Häufchen
Still, besinnlich und leise? Von wegen! Rund um den Globus wird der Advent laut, schräg und manchmal nicht wenig schrill gefeiert – mit uralten Mythen, Bräuchen und sehr skurrilen Figuren.
Weihnachten ist weit mehr als nur ein Datum im Kalender – es ist ein Gefühl. In Städten und Dörfern, in Wohnzimmern und auf Straßen entsteht jedes Jahr ein Mix aus Erinnerungen, Ritualen und kleinen Gesten, die das Fest einzigartig machen. Manche sind uralt, andere modern, viele einfach liebgewonnen. Ein Blick auf die Vielfalt dieser Bräuche zeigt, wie unterschiedlich wir feiern – und warum diese Zeit für so viele die schönste im Jahr ist.
In Island gehört zu Weihnachten nicht nur Kerzenschein, sondern auch echter Grusel. Die Jólakötturinn, eine riesige, schwarze Weihnachtskatze, streift laut Legende in dunklen Winternächten durch Städte und Dörfer. Ihr Ziel: Kinder und sogar Erwachsene, die zu Weihnachten keine neuen Kleider tragen. Wer leer ausgeht, wird gefressen. Der Ursprung ist praktisch: Wer im Herbst fleißig beim Wollverarbeiten half, bekam neue Kleidung und war sicher. Wer faul war, riskierte den Zorn der Katze. Heute findet man die Kultfigur in Liedern, Büchern und Deko. Neue Socken unter dem Baum sind hier daher eine wahre Lebensversicherung.
Im heißen Mexiko beginnt Weihnachten nicht erst am 24. Dezember, sondern schon neun Tage früher. Bei den Las Posadas ziehen Familien, Freunde und Nachbarn jeden Abend gemeinsam durch die Straßen. Singend stellen sie die Herbergssuche von Maria und Josef nach. Mehrfach werden sie aber erst symbolisch abgewiesen, bis sich schließlich die Türen öffnen. Dann beginnt das Fest: Es wird gegessen und gebetet, dann gelacht und gefeiert. Besonders wichtig sind die bunt geschmückten Piñatas, die für Hoffnung und Segen stehen. Las Posadas verbinden Glauben mit Gemeinschaft und machen klar: Weihnachten ist hier kein stilles Ereignis, sondern ein soziales Erlebnis voller Musik, Wärme und Nähe.
Urig: In Rumänien wird Weihnachten laut, wild und uralt gefeiert. Mitten im Winter tanzt die Capra, die Ziege, durch Dörfer und Städte. Männer tragen dann äußerst kunstvoll verzierte Ziegenkostüme mit einem beweglichen Maul, bunten Bändern, Glocken, Fell und Hörnern. Begleitet von Trommeln, Flöten und Gesang ziehen sie von Haus zu Haus. Der Tanz soll Fruchtbarkeit, Wohlstand und Glück für Mensch, Tier sowie Feld im kommenden Jahr bringen. Seine Wurzeln reichen bis in vorchristliche Zeiten zurück. Für viele erinnert das Spektakel stark an die Krampusläufe – in der Bedeutung aber genau das Gegenteil: ein heidnisches Glücks- und Fruchtbarkeits- ritual statt Strafsymbolik.
In unserem Nachbarland Italien kommt die Bescherung verspätet – und auf einem Besen. Die Befana, eine alte Hexe mit Kopftuch und krummer Nase, bringt erst in der Nacht auf den 6. Jänner Geschenke. Brave Kinder bekommen von ihr Süßigkeiten, unartige ein Stück Kohle. Mittlerweile gibt es aber Naschereien, die wie Kohle aussehen und gern geschenkt werden. Der Legende nach wollte Befana das Jesukind sehen, kam aber zu spät. Seither sucht sie es rastlos. Gefeiert wird sie landesweit, aber besonders spektakulär in Venedig, wo bei der „Befana Regata“ verkleidete Hexen in Booten über den Canal Grande rudern. Statt für Angst sorgt die Befana hier für Humor und gute Unterhaltung.
Zwischen Kugeln und Lichterketten versteckt sich in manchen US-Wohnzimmern eine grüne Gurke im Christbaum. Denn wer sie am Weihnachtsmorgen zuerst entdeckt, bekommt ein Extra-Geschenk oder besonderes Glück fürs neue Jahr. Der Brauch soll angeblich aus Deutschland stammen – dort kennt ihn aber kaum jemand. Wahrscheinlich entstand er im 19. Jahrhundert als cleverer Marketing-Gag. Egal: Die Gurke hat Kultstatus erreicht und sorgt jedes Jahr für Suchspaß, Lacher und eine leicht absurde Weihnachtsstimmung.
In Norwegen verschwinden zu Weihnachten die Besen aus Fluren und Abstellkammern. Ein alter Volksglaube besagt, dass Hexen und böse Geister in der Weihnachtsnacht Besen suchen, um damit durch die Lüfte zu fliegen. Wer keinen findet, bleibt am Boden. Der Brauch stammt aus vorchristlicher Zeit, hält sich aber bis heute – oft augenzwinkernd. Manche verstecken den Besen aus Tradition, andere aus Spaß. Schaden kann es nicht. Und sicher ist sicher, wenn Hexenflugverbot herrscht.
Mitten in spanischen Weihnachtskrippen sitzt eine Figur, die Besucher regelmäßig zweimal hinschauen lässt: der sogenannte Caganer. Mit heruntergelassener Hose verrichtet er seelenruhig sein Geschäft – zwischen Maria, Josef und dem Jesuskind. Was respektlos wirkt, ist tatsächlich ein Glückssymbol. Der Caganer düngt die Erde und steht für Fruchtbarkeit, Wohlstand und ein erfolgreiches neues Jahr. Wer ihn findet, darf sich etwas wünschen. Heute gibt es ihn als Politiker, Promis oder Fußballstars – ein derber, aber lieb gewonnener Weihnachtswitz mit Tradition.















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