Unsere Spitäler werden kaputtgespart, wie jetzt der nächste Fall zeigt. Ein Salzburger (79) wartete Ende März nach einem Aorteneinriss stundenlang auf einen Not-Eingriff, weil Spitalspersonal fehlte. Er starb vier Stunden später in Linz kurz vor dem OP-Saal. Der Anwalt der Angehörigen übt Kritik und fordert eine „Systemänderung“.
Die „Krone“ deckte den Fall einer Mühlviertlerin (55) auf, die nach einem Aorteneinriss vergeblich auf einen Eingriff gewartet hatte – und verstarb. Dabei hatte sich heuer schon ein ganz ähnlicher Fall in den Salzburger Landeskliniken (SALK) ereignet – mit tödlichen Konsequenzen.
Am 27. März hatte ein Salzburger (79) Schmerzen in der Brust gespürt, er rief die Rettung. Um 15.30 Uhr war er im Uniklinikum. Rasch war klar, dass es sich um einen Aorteneinriss (Aortendissektion) handelt. Ergo: Eine sofortige Operation war notwendig – ein Wettlauf gegen die Zeit.
Um 15.30 Uhr in der Klinik, um 19.30 Uhr in den Heli
Das Problem: Das einzige zu der Zeit im Dienst stehende Notfall-Team der SALK war mit einem anderen Notfall beschäftigt. Wie im Fall der Mühlviertlerin versuchte das Salzburger Spital, den Patienten in einem anderen spezialisierten Krankenhaus behandeln zu lassen: beispielsweise im Linzer Kepler-Uniklinikum. Um 18.30 Uhr, drei Stunden nach der Ankunft im Spital, war der Patient noch immer im Salzburger Uniklinikum, wartete noch immer auf den Not-Eingriff. Und erlitt zu dem Zeitpunkt einen Kreislaufstillstand. Der 79-Jährige konnte reanimiert werden.
Um 19.30 Uhr, vier Stunden nach seiner Ankunft, starteten die Rotorblätter des Rettungshelikopters in Richtung Linz. Das dortige Krankenhaus hatte zugesagt, den Patienten zu übernehmen – offensichtlich aber zu spät. Der 79-Jährige starb kurz nach Landung in der Schleuse am Weg zum Operationssaal. „Trotz dringlicher Notwendigkeit einer Operation wurde der Patient nicht operiert“, kritisiert Anwalt Stefan Rieder. Angehörige haben im Juli eine Zivilklage gegen die SALK eingereicht: Sie fordern Schmerzengeld.
Wegen Sparmaßnahmen kann auf Notfälle nicht mehr adäquat reagiert werden. Das ist ja schon ein Glücksspiel. Das System muss sich ändern.
Rechtsanwalt Stefan Rieder vertritt die Angehörigen.
In der Klagsschrift spricht Rieder von einem „Organisationsverschulden“ der im Besitz des Landes stehenden Kliniken. „Wenn die SALK schon zwei Operationssäle haben, dann müssen beide benutzbar sein.“ An jenem März-Tag war eben nur ein OP-Saal und nur ein Notfall-Team zur Verfügung.
„Es ist fragwürdig, dass man bei zwei gleichzeitig auftretenden Notfällen auf andere Spitäler angewiesen ist“, wundert sich Rieder, der eine „Systemänderung“ einfordert: „Das ist man doch den Menschen schuldig.“
Für die Behandlung eines Aneurysmas steht ein Notfall-Team rund um die Uhr bereit. Wenn dieses gerade beschäftigt ist, muss auf andere Zentren ausgewichen werden.
Sprecher der Salzburger Landeskliniken
Zum Fall des 79-Jährigen wollten die SALK keinen Kommentar abgeben. Aber allgemein wird bestätigt: „Am Abend und in der Nacht können nicht beide OP-Säle für Notfall-Operationen genutzt werden.“ Grund: Es gibt nur ein Notfall-Team. Jährlich gibt es zwischen 20 und 25 derartiger Notfälle, heißt es.
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