Heidelberg – ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird und Romantik spürbar ist. Die Stadt am Neckar beherbergt nicht nur die älteste Universität Deutschlands, sondern bietet auch eine Kulisse, die seit jeher Dichter, Denker und Reisende verzaubert.
Was ich heute für Sie tun darf, hat Mark Twain 1880 gemacht. Im Werk „A Tramp Abroad“ („Bummel durch Europa“) schrieb er u. a. begeistert über seine Zeit in der Stadt am Neckar. Mit dem Text hat er, wie andere Literaten und Dichter, die Stadt bekannt gemacht. Wegen der auch heute aktiven, vielfältigen Literaturszene ist Heidelberg seit 2014 UNESCO City of Literature.
Von meinem Zimmer im fünften Stock des Plaza Premium Hotels genieße ich einen ersten Blick auf das Schloss und bekomme Lust auf mehr. Umso besser, dass mich Gästeführer Steffen zu einer Altstadttour abholt. Zwischen Bismarckplatz und Marktplatz reihen sich zahlreiche Geschäfte auf der rund 1,4 Kilometer langen Hauptstraße, die zu den längsten Fußgängerzonen Europas zählt, aneinander. Besonders sind die Innenhöfe vieler Gebäude, in denen Ruhe abseits des Rummels herrscht.
ALLGEMEINE INFORMATIONEN:
zu Deutschland: www.germany.travel/de
zu Heidelberg: www.heidelberg-marketing.de
ANREISE: Mit dem Flugzeug nach Frankfurt und weiter mit der Bahn oder per Pkw/Zug.
ANGEBOT: Heidelberg mit Herz (April bis Oktober): 1, 2 oder 3 ÜF im EZ oder DZ, inklusive Heidelberg Card, Altstadtrundgang und Schifffahrt mit der „Neckarsonne“.
Preis: ab 150 € pro Person im DZ
Es gibt viel zu sehen, das Kurpfälzische Museum etwa, wo man mehr über die Geschichte der Kurfürsten – sie durften den Kaiser wählen (küren) – erfährt. Wichtig in Heidelberg: die Universität, 1386 von Kurfürst Ruprecht I. gegründet. Sie ist älteste Hochschule Deutschlands. An ihr studieren 30.000 junge Menschen, 10.000 büffeln an anderen Hochschulen. Somit ist jeder Vierte der 155.000 Einwohner Student – das zeigt sich auch im Stadtbild.
Vorbei geht es an der Jesuitenkirche zur Heiliggeistkirche am Marktplatz. Zwischen den Strebepfeilern finden sich kleine Läden – eine Tradition aus dem Mittelalter. Eine Augenweide ist das älteste Bürgerhaus Heidelbergs, in dem sich heute das Hotel Zum Ritter St. Georg befindet. 1592 ließ es ein aus Frankreich ausgewanderter Hugenotte erbauen. Im Dreißigjährigen Krieg und 1693, während der Eroberungen Ludwigs XIV., wurde Heidelberg schwer zerstört – und immer wieder neu aufgebaut. Die Gebäude der Altstadt, wie man sie heute sieht, entstanden größtenteils vor 300 Jahren.
Wie Konditor Knösel einen „Kuss“ erfand
Zwischendurch wird es süß. Ich mache Bekanntschaft mit dem „Heidelberger Studentenkuß“, eine mit Nougat und Waffelcrisp gefüllte Praline aus Schokolade. Konditor Fridolin Knösel erfand 1863 die Süßigkeit für sein Café. Denn in Heidelberg gab es im 19. Jahrhundert zahlreiche Mädchenpensionate.
„Die jungen Damen wollten sich Männer angeln, wurden aber meist von Gouvernanten ins Café begleitet“, so Steffen. Mit dem „Studentenkuß“ konnten die jungen Studenten dennoch ihre Zuneigung zu den Damen ausdrücken. Moritz, der in der Chocolaterie arbeitet, gibt mir einen „Kuß“ zu kosten, für mich als Schokoladefan ein Traum! In die ganze Welt hat es die Süßigkeit schon geschafft. Sogar – am Secret Service vorbei – bis ins Weiße Haus nach Washington.
Die Franzosen haben zwar die Stadt zerstört. Es war aber auch ein Franzose, der dafür gesorgt hat, dass die Schlossruine erhalten bleibt: Charles de Graimberg. Die Heidelberger wollten die Reste als Steinbruch nutzen, das verhinderte er. 1720 verlegte der Kurfürst seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Unter anderem, weil ihm die mehrheitlich protestantischen Heidelberger vereinfacht gesagt zu „renitent“ waren. Sie wollten nicht katholisch werden. Auch viele Dichter, Maler und Philosophen prägten die Stadt, Goethe und Hölderlin waren etwa hier. Ich könnte Steffens spannenden Schilderungen noch lange zuhören, doch der Magen knurrt.
Eine Ruine zieht die Menschen in ihren Bann
Beim Abendessen gewährt der Gastgarten des Wirtshauses Zum Nepomuk – in der Stadt gibt es unzählige nette Cafés, Bars und Restaurants – einen direkten Blick auf das Brückentor. Der Heimweg führt mich über die Alte Brücke aus rotem Sandstein, die mittlerweile neunte Brücke an dieser Stelle, über den Schlangenweg zum Philosophenweg. Der Aufstieg ist etwas steil, die Aussicht auf Stadt und Schloss, das mir tags darauf Audienz gewährt, macht das wieder wett.
Daniel Vuynovich, studierter Geologe, ist Gästeführer und beeindruckt mit seinem Wissen über die Stadt. Wir spazieren durch die Altstadt, vorbei an der Uni-Bibliothek zum Kornmarkt. Von hier bringt uns die moderne Bergbahn zum Schloss. Daniel erzählt über die beeindruckende Geschichte der Schlossruine, etwa des dicken Turms, den Goethe einmal gemalt hat. Es ist eine spezielle Anziehungskraft, die die Ruine auf ihre Besucher ausübt. Nicht nur auf mich, auch Kaiserin Sisi war mit Tochter Marie Valerie wegen des Schlosses mehrmals in der Neckarstadt.
Ein Gefängnis für Aufmüpfige Studenten
Anschließend geht es mit der Bergbahn weiter hinauf. In der Station Molkenkur steigen wir in die alte Bergbahn um, die uns zum Königsstuhl, dem höchsten Punkt der Stadt, und dem Berggasthof bringt. Bei guter Sicht liegen einem hier Stadt und Neckartal zu Füßen. Zurück in der Altstadt führt uns ein Abstecher in den Studentenkarzer. Bis 1914 saßen hier Studierende wegen kleinerer Vergehen wie nächtlicher Ruhestörung oder Trinkgelage ein. Einige Tage, manchmal auch ein paar Wochen. Viele waren stolz darauf, wie Daniel verrät. Malereien und Silhouetten der Studenten – viele mit den Mützen von Studentenverbindungen, die es heute noch in der Stadt gibt – entführen in frühere Zeiten.
Am Weg zur „Neckarsonne“, einem nur mit Solarenergie betriebenen Schiff, kommen wir beim ehemaligen Zeughaus, das heute die Uni-Mensa beherbergt, vorbei. Es herrscht reger Trubel. Der Blick vom Wasser aus macht die Schönheit der Stadt nochmal auf eine andere Art erlebbar. Von hier aus lassen sich auch Schiffstouren ins Neckartal unternehmen. Daniel verabschiedet sich, ich gönne mir im malerischen Innenhof-Garten des Café Schafheutle Kaffee mit Kuchen und atme noch mehr der romantischen Heidelberger Luft.
Ein fast kitschiges Ende findet meine Reise im Restaurant La Concha auf dem historischen Schiff „Schlossblick“, das seinem Namen zu 100% gerecht wird. Während ich spanische Spezialitäten genieße, färbt die frühe Abendsonne das Heidelberger Schloss mit einem besonderen Licht. Die Stadt, die Mark Twain und viele andere so fasziniert hat, hat mich nicht nur in ihren Bann gezogen, sondern sie hat – um es in Anlehnung an einen berühmten Schlager über Heidelberg zu sagen – mein Herz für sich gewonnen!
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