Der Leichenfund einer Frau (34) und deren Tochter (10) in Kühltruhen in Innsbruck sorgt weiter für pures Entsetzen. Ein Brüder-Paar sitzt in U-Haft. Die Indizien sind teilweise belastend – wie geht es nun weiter? Zudem erklärt Andrea Laske, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol, was derart brutale Kriminalfälle in Opfern und Tätern auslösen.
Der 55-jährige Hauptbeschuldigte und sein 53-jähriger Bruder – es handelt sich laut Julia Klingenschmid, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Innsbruck, bei beiden um Ursprungs-Österreicher („Sie wurden in Österreich geboren, sind hier aufgewachsen und lebten immer hier“) – bestreiten ein mögliches Tötungsdelikt. Vielmehr seien die Syrerin und das Mädchen „bei einem Unfall“ ums Leben gekommen.
Obwohl es somit kein Geständnis gibt, liegt für die Staatsanwaltschaft dennoch ein dringender Mordverdacht vor – basierend auf erdrückenden Indizien, die im Zuge der bisher rund elf Monate andauernden Ermittlungen zum Vorschein gekommen sind.
Die Liste der Indizien:
„Diese Wohnung ist erstmals im Juni dieses Jahres rund um die Festnahme der beiden Verdächtigen durchsucht worden. Das Versteck der Kühltruhen ist den Beamten damals nicht aufgefallen, weil alles schön verputzt und geweißelt war“, so Klingenschmid. Die Rigipswände reichten vom Boden bis zur Decke und vermittelten den Eindruck eines „normalen Ecks“. „In vielen Wohnungen gibt es nicht quadratische Räume“, ergänzt die Sprecherin.
Warum hat man sich die Wohnungen nicht schon früher angesehen? „Man hat immer entsprechend dem jeweiligen Ermittlungsstand gehandelt und intensiv auch international nach den Vermissten gesucht. Das aktuelle Bild hat sich erst schrittweise ergeben.“
Am 12. November hat sich Blatt gewendet
All diese Ermittlungsergebnisse reichten schließlich aus, um die Brüder im Juni dieses Jahres festzunehmen. Von Mutter und Tochter fehlte weiterhin jede Spur – bis zum 12. November: Der 55-Jährige legte ein Teilgeständnis ab. „Er räumte ein, dass es zu einem Unfall gekommen sei und er die Leichen aus Furcht vor den Konsequenzen versteckt hat“, klärt Klingenschmid auf. Zwei Tage später fanden die Beamten in der Wohnung des Bruders die Kühltruhen mit den Leichen der Syrerin und ihrer Tochter darin. Auch der Bruder habe die Verschleierungshandlungen teilweise eingeräumt.
Warten auf weitere gerichtsmedizinische Untersuchungen
Zum Tathergang und Motiv sowie zur Todesursache können noch keine Angaben getätigt werden. „Die Ermittlungen laufen weiterhin auf Hochtouren – und zwar mit besonderer Dringlichkeit“, versichert Klingenschmid, „insbesondere warten wir auf die Ergebnisse weiterer gerichtsmedizinischer Untersuchungen.“ Der Zeitraum bis zu einer möglichen Anklage sei nicht seriös abschätzbar. Für die Brüder gilt die Unschuldsvermutung.
Andrea Laske ist Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol. Im „Krone“-Gespräch erklärt sie, was derartige Fälle in den Klientinnen und Tätern auslösen.
„Krone“: Was machen solche Fälle mit den Klientinnen?
Andrea Laske: Sie bekommen dadurch noch mehr Ängste und Sorgen, weil sie zeigen, dass es tatsächlich Personen gibt, die derartige Vorhaben bis zum Ende durchziehen. Ein Großteil unserer Klientinnen kennt die wiederkehrende Drohung mit dem Umbringen. Vor allem Trennungen entpuppen sich oft als gefährliche Situationen.
Und was lösen diese hingegen in Tätern aus?
Wir bekommen von Klientinnen immer wieder erzählt, dass Täter auf solche aktuellen Fälle Bezug nehmen und den Frauen teils sogar klar sagen, dass richtig gehandelt worden sei und sie die Nächsten seien, denen es so ergehen werde. Das ist auch sehr beängstigend.
Einige Betroffene nehmen das zum Einlass, sich bei uns zu melden und Hilfe zu holen.

Andrea Laske, Gewaltschutzzentrum Tirol
Bild: Privat
Welche Rolle spielen Kinder?
Das hören wir ebenfalls regelmäßig, dass der Täter droht, auch das Kind umzubringen. Kinder sind das beste Druckmittel, um die Frauen zu halten.
Suchen Menschen nach solchen Fällen mehr Hilfe bei Ihrer Organisation?
Es gibt welche, die das zum Anlass nehmen, um sich bei uns zu melden und Hilfe zu holen – weil ihnen deutlich realistischer vor Augen geführt wird, dass so etwas Schreckliches wirklich passieren kann. Aber es gibt auch welche, die dadurch einen Rückzieher machen und weiter in der Gewaltsituation bleiben – aus Angst. Leider ist es so – und das wissen wir auch –, dass sich viele Frauen, die umgebracht worden sind, keine Hilfe bei Opferschutzeinrichtungen geholt haben.
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