Die Europäische Union zählt weltweit zu den größten Geldgebern im Kampf gegen Hunger. Doch obwohl sie seit Jahren Milliardenbeträge in Ernährungssicherheit und Nothilfe steckt, zeigt ein neuer Bericht des Europäischen Rechnungshofs (ERH): Viel zu oft kommt die Unterstützung nicht dort an, wo sie am dringendsten gebraucht wird – und erzeugt nur begrenzte langfristige Wirkung. Der Bericht zeichnet ein nüchternes Bild eines Systems, das zwar gut finanziert, aber in der Praxis häufig schlecht ausgerichtet ist.
Die Bekämpfung des Hungers zählt zu den wichtigsten Zielen der Vereinten Nationen. Die EU sieht sich hier als eine der tragenden Kräfte: Sie finanziert Nahrungsmittelhilfe, unterstützt landwirtschaftliche Entwicklung und hilft beim Aufbau nachhaltiger Ernährungssysteme.
Mehr Menschen leiden Hunger statt weniger
Der geografische Schwerpunkt liegt seit Jahren auf Subsahara-Afrika, jener Region, die weltweit am stärksten von Hunger und Unterernährung betroffen ist. Zwischen 2014 und 2024 stellte die EU dort mehr als 11 Milliarden Euro für Maßnahmen rund um Landwirtschaft, aquatische Systeme und humanitäre Hilfe bereit.
Doch die Lage bleibt dramatisch: 295 Millionen Menschen in 53 Ländern litten 2024 unter akuter Ernährungsunsicherheit – ein Plus von 13,7 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Besonders betroffen sind Frauen und Kinder: Mehr als 37,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren waren akut unterernährt. In vielen Ländern südlich der Sahara hat sich die Situation in den vergangenen Jahren kaum verbessert.
Der ERH untersuchte Projekte aus den Jahren 2014 bis 2024 - darunter auch neue Programme unter dem aktuellen Finanzinstrument NDICI „Global Europe“ (2021-2027). Die Prüfer waren in Äthiopien, Kenia und Sambia vor Ort, weitere Länder wurden aus den Akten bewertet.
Ursachenbekämpfung bleibt schwierig
Die EU-Kommission verfüge laut Bericht über keine belegte Methode, um die Hilfe vorrangig an Regionen mit dem größten Bedarf zu vergeben. Das schmälere die Wirksamkeit erheblich. Dazu seien manche Maßnahmen nicht gut genug vorbereitet gewesen oder hätten unzureichend auf lokale Gegebenheiten reagiert.
Der Bericht bemängelt auch, dass Erfolge und Misserfolge teils unzureichend dokumentiert wurden. Das mache es schwer, Projekte zu steuern oder aus Fehlern zu lernen. Konflikte, Klimawandel und wirtschaftliche Instabilität übersteigen zudem häufig die Möglichkeiten der EU-Hilfe und blockieren nachhaltige Fortschritte.
„Kein Hunger“ ist in weiter Ferne
Das ernüchternde Fazit der Prüfer: Setzt sich der derzeitige Trend fort, werden bis 2030 weiterhin Millionen Menschen unterernährt sein - das UN-Nachhaltigkeitsziel „Kein Hunger“ ist in weiter Ferne. Der ERH fordert die EU-Kommission auf, die Hilfe gezielter auszurichten und Priorisierungskriterien transparent festzuhalten, Entwicklungsprojekte besser zu planen.
Außerdem müsse die Verbindung zwischen humanitärer Hilfe, Entwicklungsprogrammen und Friedensinitiativen gestärkt, die Überwachung und Erfolgskontrolle ausgebaut, und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen erhöht werden.
Das Finanzinstrument NDICI „Global Europe“ umfasst von 2021 bis 2027 insgesamt 79,5 Milliarden Euro, davon rund 19,5 Milliarden für Subsahara-Afrika. Zwischen 2020 und 2024 hat die EU weltweit 18 Milliarden Euro für Ernährungssicherheit bereitgestellt – fast die Hälfte davon für Subsahara-Afrika.
Auch Österreich engagiert sich
Österreich engagiert sich im Rahmen seiner Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ebenfalls stark im Bereich Ernährungssicherheit. Das österreichische Programm der Entwicklungspolitik 2025-2027 verfolgt zwei Schwerpunkte:
Akute Krisenhilfe – etwa nach Naturkatastrophen wie Erdbeben. Langfristige Ernährungssicherheit – durch Unterstützung nachhaltiger landwirtschaftlicher Entwicklung, Schutz von Ökosystemen und Klimaanpassung. Österreich arbeitet dabei bilateral (z. B. Auslandskatastrophenhilfe, Nahrungsmittelhilfe) und multilateral (über die EU oder über UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm WFP).
Die Erkenntnisse sind auch für den nächsten EU-Finanzrahmen relevant. Der Rechnungshof sieht dringenden Handlungsbedarf, damit Hilfsgelder künftig zielgerichteter, überprüfbarer und nachhaltiger zum Einsatz kommen. Denn trotz Milliardeninvestitionen bleibt Hunger in vielen Teilen Subsahara-Afrikas bittere Realität.
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