Wende im Mafiaprozess um erpresserische Entführung: Im Verfahren gegen zwei mutmaßliche Mitglieder des montenegrinischen Kavač-Clans zeichnet sich am Mittwoch in Wien eine überraschende Wendung ab. Nicht wie ursprünglich angenommen der Vater eines Opfers sollte erpresst werden, sondern ein Geschäftspartner – es ging um Schwarzgeld aus illegalem Handel. Beide Männer wurden zu Haftstrafen verurteilt.
Die Angeklagten, ein 39-jähriger Montenegriner und ein 50-jähriger Serbe, sollen am 14. März 2020 gemeinsam mit fünf weiteren Mittätern zwei Kroaten nach Wien gelockt und in einem Appartement am Rudolfsplatz festgehalten haben. Die Opfer – damals 41 und 64 Jahre alt – wurden laut Staatsanwaltschaft gefesselt, misshandelt und mit dem Tod bedroht. Ursprünglich hatte die Anklage einen Erpressungsversuch gegenüber dem Vater des Jüngeren wegen einer Million Euro vermutet.
„Wir entführten ihn nicht wegen Papas Millionen“
Nach Vertagung der Verhandlung ließ die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen durchführen. Die Auswertung von Chats über abhörsichere Krypto-Handys ergab nun, dass mit den Begriffen „Baba“ oder „der Alte“ nicht der Vater, sondern ein Geschäftspartner gemeint war. „Wir entführen ihn nicht wegen Papas Millionen, sondern wir entführen ihn wegen dem Schwarzgeld“, heißt es in den Chats. Die Verteidigung kritisierte, dass die Ermittlungen lange in die falsche Richtung liefen.
Das Apartment war laut Staatsanwaltschaft mit Nylonfolie ausgekleidet, die Entführten sahen sich bewaffneten Tätern gegenüber. Als der 64-Jährige zustimmte, 750.000 Euro zu zahlen, wurden die Opfer freigelassen. Letztlich seien 10.000 Euro in Zagreb übergeben worden. Zwei Mittäter, die vorgeführt wurden, verweigerten die Aussage.
Prozess unter strengen Sicherheitsvorkehrungen
Die Auswertung der Chats gab detaillierte Einblicke in die Planung der Tat: Wer welche Aufgabe übernahm, welche Ausrüstung besorgt wurde und wie die Einreise nach Wien trotz beginnender Corona-Beschränkungen erfolgen sollte. Die beiden Angeklagten gehören der mittleren Hierarchie der kriminellen Gruppe an.
Der Prozess läuft unter strengen Sicherheitsvorkehrungen, unter anderem mit der WEGA im Saal. Gegen 15.30 Uhr haben sich die Geschworenen zur Beratung zurückgezogen. Am Abend gab es dann ein Urteil: Die Angeklagten wurden zu sechs und sieben Jahre wegen schwerer Erpressung verurteilt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Geschworenen verwarfen die angeklagte erpresserische Entführung. Die beiden, vertreten von Mirsad Musliu und Alexander Philipp, erhielten die Strafe wegen teils versuchter und teils vollendeter schwerer Erpressung. Der 50-Jährige muss als Beitragstäter in Haft. Während die Männer die Strafe annahmen, kündigte die Staatsanwaltschaft Strafberufung in beiden Fällen an.
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