Die Tiere sind die Lebensgrundlage eines Bauern, sein wertvollster Besitz. Und trotzdem kommt es immer wieder vor, dass sie vernachlässigt werden, sogar elend verenden. Eine steirische Expertin über die oft dramatischen Hintergründe.
Über Monate hinweg soll ein steirischer Landwirt seine Tiere vernachlässigt haben. Acht Schweine in seinem Mastbetrieb mussten getötet werden, nachdem sie im verdreckten Stall ihr Dasein gefristet hatten – ohne Einstreu, Futter oder Wasser, teils schwer verletzt. Ich war total überlastet“, schilderte der Angeklagte vor Gericht.
„Ich war krank, dann hat sich die Arbeit angestaut, und ich bin nicht mehr nachgekommen.“ Er habe nur gelebt, um zu arbeiten und nie einen Tag Urlaub gehabt. Dass es so weit gekommen ist, tue ihm aufrichtig leid, sagte er niedergeschlagen.
„Ich habe mich vor lauter Tieren nicht mehr rausgesehen. Die kranken Schweine habe ich gar nicht bemerkt, weil der Stall so überfüllt war“, gesteht ein anderer Landwirt, der heute in Graz vor Gericht steht – angeklagt ebenfalls wegen Tierquälerei. Die Bewilligung für eine Stallerweiterung hätte so lange gedauert. „Ich war total überfordert.“
Generationenkonflikte, Zukunftsängste und Druck
Einzelfälle sind das leider nicht. Immer wieder sorgen Berichte von vernachlässigten Kühen, Schweinen oder anderen Nutztieren für Schlagzeilen – und sie offenbaren oft nicht nur tierisches Leid. Barbara Kiendlsperger von der Initiative „Lebensqualität Bauernhof“ in der steirischen Landwirtschaftskammer sind derartige Fälle bekannt. Hohe unternehmerische Arbeitsleistungen, Zukunftsängste, Generationenkonflikte und der große Druck, den steigenden Anforderungen von Markt und Gesellschaft gerecht zu werden, gehören zum Alltag auf den Betrieben.
Die Arbeitsbelastung ist eine sehr große. Und viele bäuerliche Betriebe funktionieren nur deshalb so gut, weil sie Familienbetriebe sind. Und weil die Vorgängergeneration noch sehr fleißig mithilft.

Barbara Kiendlsperger, Lebensqualität Bauernhof
Bild: Barbara Majcan/LK
Diese Belastungen wirken sich auch stark auf die psychische Gesundheit und das mentale Wohlbefinden der Bauern aus. Im ländlichen Raum sind aber psychische Probleme und andere persönliche Krisen (ein Elternteil stirbt, der Partner erkrankt und eine Arbeitskraft fehlt) noch immer ein Tabuthema.
Strategien zur Konfliktlösung
„Ein wesentlicher Bestandteil von ,Lebensqualität Bauernhof‘ ist es, Menschen dahingehend zu unterstützen, zu schulen, ihnen Denkanstöße und Module in die Hand zu geben, damit sie solche herausfordernden Situationen besser bewältigen können“, schildert Kiendlsperger. Auch Strategien zur konkreten Konfliktlösung stehen im Mittelpunkt: wie etwa auch bei Hofübernahmen, wo nicht selten Welten aufeinanderprallen.
„Die Hofübergabe-Seminare werden gut angenommen. Alleine im Vorjahr hatten wir 477 Teilnehmer. Und das Besondere ist, es kommen Männer und Frauen, Jung und Alt.“
Vernachlässigung ist ein schleichender Prozess
Neben der Weiterbildung ist aber auch die Stärkung der Landwirte in allen Situationen wichtig. Da helfen das (anonyme) Sorgentelefon und die psychosoziale Beratung. Die Vernachlässigung passiere ja nicht von jetzt auf gleich. „Das sind schleichende Prozesse, wo anfangs niemand etwas merkt. Und viele schämen sich, immerhin hat es die Vorgängergeneration ja auch geschafft“, weiß die Expertin.
Deswegen sei es ganz wichtig, gemeinschaftlich hin- statt wegzuschauen. „Das fällt ein bisschen unter Zivilcourage.“ Denn die Betroffenen selbst sind oft nicht mehr in der Lage, Hilfe zu holen. Die Unterstützung ist ohne Gesichtsverlust möglich, sie muss nur angenommen werden. Denn nichts rechtfertigt Tierquälerei!
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