„Quälen und Vernachlässigen einer unmündigen oder wehrlosen Person“ nennt diesen Tatbestand das Strafgesetzbuch. „Martina K. musste mit dem Leben bezahlen, und ihr Bruder Andreas leidet an wahnhaften Störungen“, sagt Staatsanwältin Brigitte Loderbauer in Steyr.
Der Leiter der Jugendwohlfahrt hat die Familie seit 1995 betreut. Er war eingeschaltet worden, weil die älteren Brüder von Martina oft der Schule ferngeblieben waren. In erster Linie hat er sich in den folgenden Jahren aber um Unterhaltszahlungen gekümmert. Loderbauer: „Er machte sich keine Gedanken über das Schicksal der Kinder!“ Bis zum Tod von Martina seien im Fürsorgeakt nur sieben Hausbesuche vermerkt, die dürftigen Protokolle seien nach dem tragischen Sterben des Teenagers ergänzt worden.
Er sah keinen Anlass für Vorgehen gegen die Mutter
Für ein konsequenteres Vorgehen gegen die Mutter, die ihre Kinder vorwiegend mit in kaltem Wasser angesetzten Kräutern ernährt hat, sah der ehemalige Novize keinen Anlass. Obwohl Nachbarn, Lehrer und mehrere Ärzte ihn auf den bedrohlichen Zustand des Mädchens und den Wahn der Mutter aufmerksam gemacht hatten, scheute er vor einer Zwangseinweisung ins Spital zurück. „Die Tragweite des Wahns der Mutter war für mich nicht erkennbar. Die Auswirkung auf die Kinder auch nicht“, sagt er. Auch der erfahrene Pflegschaftsrichter hätte die Tragweite nicht erkannt.
Für Richter Günter Bittermann drängt sich da die Frage auf, ob man nicht einfach nur abwarten wollte, bis das Mädchen volljährig und das Jugendamt damit aus dem Schneider sei . . . Ob er ein „engagierter Arbeiter mit Herz sei“, will der Richter vom Angeklagten wissen. „Ich glaube schon, dass ich meine Pflicht erfüllt habe.“ Urteil am Mittwoch.
Foto: Chris Koller
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