Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Musiker: Apache 207 meldet sich mit seinem vierten Studioalbum „21 Gramm“ zurück und zeigt dabei seine ehrliche Seite. Gleichzeitig beweist er erneut, was für ein starker Künstler er ist. Wir haben genauer hingehört und das neue Werk unter die Lupe genommen.
Wir schreiben das Jahr 2019 – das Jahr vor der großen Corona-Pandemie. Noch ahnungslos, dass bald Lockdowns folgen würden und man Songs wie diesen in Gammelklamotten beim Fensterputzen laufen ließ. Genau da lernte die Musikwelt einen zwei Meter großen Mann mit langen Haaren, Lederjacke und dunkler Sonnenbrille kennen. Er sang: „Sie machen Fotos, Taschen platzen, aber Apache bleibt gleich, Brudi, ich muss los, wenn die Roller wieder schrei’n.“ Dieser Song verschaffte Volkan Yaman mehr als 200 Millionen Aufrufe auf YouTube und bescherte ihm den Durchbruch. Apache 207 war geboren – und von da an nicht mehr wegzudenken. Nun meldet sich der 27-Jährige, mittlerweile ein „alter“ Hase im Musikgeschäft, mit seinem vierten Studioalbum zurück. „21 Gramm“ heißt das Album – Songs für die Seele, fürs Ohr und mit Stoff zum Nachdenken.
Den Anfang macht „8 Uhr“: ein langsames Intro, dann der direkte Einstieg, der wie ein Eröffnungsplädoyer klingt. Apache rappt von exzessivem Leben, vom Dauerunterwegssein und von großen Momenten, die doch immer mit Kalkül verbunden sind. „Dieses Album wird ein ehrliches“, kündigt er an – und man spürt es sofort. Die Stimme rau und kratzig, der Bass wummert, die Snares treiben: Der Ton ist damit gesetzt.
Zwischen 80er-Vibes, Sonnenbrille und verletzlichen Momenten
Viele Songs der Platte tragen die Handschrift des Jahrzehnts, das Apache längst für sich entdeckt hat: die Achtziger. „Bis tief in die Nacht“ ist mit 1:55 Minuten der kürzeste Track, ein schneller, melodischer Cruising-Song, perfekt für nächtliche Autofahrten. Dass Apache diesen Vibe so selbstverständlich verkörpert, liegt auch an seiner konsequenten Inszenierung: Lederjacke, lange Haare, hochgekrempelte Jeans, Stiefel – und natürlich die dunkle Sonnenbrille, sein unverkennbares Markenzeichen. In der Doku „Apache bleibt gleich“ aus dem Jahr 2022 erklärte er: „Die Augen sind der Spiegel der Seele – und nicht alles muss preisgegeben werden.“ Dieses Spiel mit Distanz und Offenheit durchzieht nicht nur sein Image, sondern auch die Songs auf „21 Gramm“.
Auch die Single „Morgen“ lebt von ihrem schnellen Retro-Sound, während Apache zwischen Karriere, Familie und dem Bedürfnis nach Augenblicken ohne Zukunftsdenken schwankt. Der Song „Die Welt“ verbindet Pop-Elemente mit 80er-Anleihen. Darin beschreibt der Mannheimer den Zwiespalt zwischen Ruhm und Normalität: Trotz halber Million auf dem Konto fährt er mit zerkratzter Felge durch seinen alten Block. In der Hook fragt er, ob er sich die Welt holt oder in einem Hotelzimmer stirbt – eine der stärksten und düstersten Passagen der Platte. Besonders interessant ist auch die Zeile: „Sitz mit Skimaske beim Dinner, damit niemand mich erkennt, ich fühle mich nirgendwo mehr sicher, nicht einmal auf der Toilette, denn das ganze Land erkennt mich nur an meiner Silhouette.“ Hier drängt sich die Frage auf: Wird ihm der Trubel zu groß? Fehlt ihm manchmal das alte, normale Leben?
Nach diesem furiosen Beginn zieht der Diamant-Künstler das Tempo runter. „Porsche 911“ entfaltet sich mit Gitarre, Synthieflächen und ruhigem Gesang – eine balladeske Metapher für Sehnsucht und Verletzlichkeit. Auch „Engel“ und „Wir haben uns lieb“ sind zarte Liebeslieder, mal versteckt, mal direkter – Songs, in denen Apache seine ehrliche Seite zeigt und sich nach einem unbeschwerten Leben sehnt. Der Titel „7er“ lässt zunächst an ein Auto denken, tatsächlich aber erzählt der Song vom Cruisen im 7er mit den Jungs, vom Wunsch nach Entlastung vom Starleben. Am Ende bleibt nur eine E-Gitarre übrig – stille Intimität statt Bombast.
Wolken weinen, dann ziehen sie weiter
Auch die zwei Singles, die ziemlich nah beieinander veröffentlicht wurden, fügen sich schlüssig ein. „Wolken“ übersetzt 80er-Vibes in die Gegenwart: ein melancholischer Groove, bei dem Apache die Metapher der Wolken nutzt – erst wenn sie weinen, können sie weiterziehen. Quasi Schmerz als Voraussetzung für Stärke. „Mann muss“ geht hier in eine andere Richtung: ein funky, tanzbarer Track, ebenfalls mit 80er-Anklängen, in dem er ironisch Männlichkeitsklischees auseinandernimmt. Seine kratzige Stimme passt perfekt zu dieser Attacke auf alte Rollenbilder. Apache versteht es, seinem Stil treu zu bleiben und zugleich neue Facetten zu zeigen. Ein wenig anders klang er noch auf der gemeinsamen EP „Gesegnet“ mit Luciano: Da war es eher hymnisch, clubtauglich, voller Größengefühl. Auf dieser Platte zeigt er sich nun deutlich persönlicher, nahbarer und mit mehr Raum für Zwischentöne.
Feiersongs dürfen trotzdem nicht fehlen – auch wenn hier nicht nur die Girls Spaß haben. „GWHF“, schon länger als Single erschienen, ist ein basslastiger Raptrack mit klarer Falco-Attitüde und im Video mit ausgelassener Party-Stimmung unterlegt. Weiter gehts mit „Für die Kamera“, dieser bringt denselben Vibe in schnellerer Form – Blitzlichtgewitter, Exfreundinnen, Clubszenen. Doch auch hier steckt Ambivalenz: Zwischen Top-Speed und Exzess blitzt immer wieder Müdigkeit auf.
Das Finale gehört „Ein Lied für dich“. Textlich tiefgründig, soundtechnisch modern, bleibt es klar im Pop-Rap verankert. Ein Song über Kindheitsträume, Chancenungleichheit und das Gefühl, trotz Ruhm noch immer nahbar und menschlich zu sein. Auch die Fans feiern den Track: Yaman veröffentlichte ihn einen Tag vor dem Album-Release samt Video. Auf YouTube schwärmen viele von „Gänsehaut und Heilung zugleich“ und hören sogar Alternative-Rock-Vibes heraus. Ein würdiger Schlusspunkt.
Fazit: Mit „21 Gramm“ zeigt Apache 207 eine erstaunlich ehrliche Seite. Der rote Faden ist klar: ein starker Beginn, eine ruhige Mitte, ein intensives Ende. Soundtechnisch dominiert der 80er-Einfluss, textlich kreisen die Songs um Erfolg, Zweifel, Überdruss und die Sehnsucht nach einem einfachen Leben. Apache bleibt sich treu – und zeigt zugleich neue Facetten. Doch man spürt: Eigentlich sehnt er sich nach Ruhe, die er auf absehbare Zeit wohl kaum finden wird ...
Wer nun Lust bekommen hat, Apache live zu erleben: Am 7. Jänner tritt er in der Wiener Stadthalle auf. Tickets gibt es auf www.oeticket.com – und seine Shows versprechen, mindestens so intensiv zu werden wie seine Songs.

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