Mit „Like To Party“ öffnete 2013 Burna Boy die Welt des Afro-Sounds und ist seitdem ein international fester Bestandteil der Musikszene. Mit einem Grammy in der Tasche und millionenfach gestreamten Hits meldet er sich nun mit seinem achten Studioalbum zurück. „No Sign Of Weakness“ vereint globale Sounds und große Features, doch hält die Platte, was sie verspricht? Wir haben sein neues Werk genauer geprüft.
Damini Ebunoluwa Ogulu alias Burna Boy gilt seit 2013 als der „King of African Pop“ – und das völlig zurecht. Denn wer im globalen Popgeschäft mitspielen will, kommt an ihm nicht vorbei. Coldplay etwa landeten mit der gemeinsamen Hymne „We Pray“ einen der meistgestreamten Songs des Jahres 2024. Der Künstler, der sich immer wieder neu erfindet, feierte seinen Durchbruch mit dem Hit „Like To Party“. Der Song öffnete nicht nur ihm die Tür, sondern verschaffte dem Afro-Sound weltweit mehr Gehör. Seitdem verbindet er traditionelle afrikanische Klänge mit Pop, Hip-Hop, R&B, Soul, Country oder Rock – und das durchwegs erfolgreich.
Regelmäßig arbeitet er mit hochkarätigen Features: Fall Out Boy, Major Lazer, Beyoncé oder – besonders eindrucksvoll – mit britischen Künstlern wie Lily Allen und J Hus. Für sein Album „African Giant“ wurde er 2020 zwar „nur“ nominiert, aber – und das ist das große Aber – 2021 gewann er tatsächlich seinen ersten Grammy, für „Twice As Tall“ in der Kategorie „Best Global Music Album“. Und weil Burna Boy Geschichte schreibt, stand er im vergangenen Jahr als erster afrikanischer Künstler überhaupt im ausverkauften Stade de France in Paris auf der Grammy-Bühne. Außerdem landen seine Songs regelmäßig in den TikTok-Charts – „Tschawala Boom“ wurde zur viralen Hymne.
Pidgin, Igbo und Wut
Burna Boy ist und bleibt ein Überflieger im Musikgeschäft. Und weil er einfach nicht aufhört, erfolgreiche Hits zu produzieren, meldet er sich nun mit seinem mittlerweile achten Studioalbum zurück. „No Sign Of Weakness“ ist eine klare Ansage: keine Schwäche zeigen – weder musikalisch noch persönlich. Gleich zu Beginn setzt er mit „No Panic“ ein Zeichen. Trommeln, ein laid-back Groove, der an moderne Afrobeats erinnert, aber mit urbanem, fast trap-artigem Unterbau. Seine Stimme klingt klar – als wolle er sagen: Ich bin da. Ich bleibe. Und ich bin der King. Es ist eine Kampfansage, aber eine gelassene. „Me, I No Panic“, sagt er im Chorus. Und man glaubt ihm jedes Wort.
Mit dem Titeltrack „No Sign Of Weakness“, der direkt danach folgt, zeigt der 34-Jährige eine düstere, wütendere Seite. Der Song beginnt mit einem spartanischen Spoken-Word-Intro, der Bass schwillt bedrohlich an – und macht klar: Auch wenn's dunkel wird, behält er die Kontrolle. Bei „Buy You Life“ folgt die erste Zäsur. Der Beat ist träumerisch, fast fröhlich. Es klingt nach dem Burna Boy, den man kennt – warm, eingängig, ehrlich. Und doch bleibt die Botschaft bitter: Kein Geld der Welt kann dir dein Leben kaufen. Zwischen Pidgin, Igbo und Englisch erinnert er daran, worauf es wirklich ankommt. Pidgin ist die Alltagssprache Westafrikas – direkt, lebendig und weit verbreitet. Igbo gehört zu den größten indigenen Sprachen Nigerias. Burna Boy nutzt beide bewusst – als Zeichen seiner Wurzeln, seiner Haltung, seiner Identität.
Mitten im Album wird der Musiker leiser, aber nicht schwächer. In „Love“ schlägt er sanfte Afro-R&B-Töne an, unterstützt von Chorstimmen. Es geht um echte Loyalität, um das Prinzip: „Na Who Love Me I Go Love“. Wer ihn liebt, bekommt Liebe zurück – ehrlich, klar, fast verletzlich. „Come Gimme“ knüpft daran an, noch intimer: ein Slow Burner mit verführerischer Klangfarbe, der mehr flüstert, als singt. Mit „Sweet Love“ zieht schließlich eine entspannte Stimmung ein – man spürt die Hitze auf der Straße, lehnt sich zurück, hört zu und chillt. Im Video spielt der selbsternannte „King of African Pop“ ein lockeres Wohnzimmerkonzert. Die Musik erinnert an Bob Marley oder Jah Cure, der Titel hält, was er verspricht: süß und unaufgeregt. Burna Boy zeigt hier, dass auch Stille Kraft haben kann.
Gescheiterte Stil-Fusion
Mitten in der Liebes-Duselei folgt „TaTaTa“ mit Travis Scott. Der Song lebt von funkiger Percussion, treibendem Beat und viel Energie, hat aber textlich wenig Substanz. Melodisch passiert wenig, dafür klingt er aber wie gemacht für späte Clubnächte. Man sieht sich selbst, wie man eigentlich schon gehen wollte – und dann nochmal kurz auf die Tanzfläche gleitet. Ganz okay, aber kein Song, der hängen bleibt. Es folgen noch weitere Features – zum Beispiel „Change Your Mind“ mit Shaboozey, das ihn überraschend stimmig in Country-Gefilde führt. Auch im Video: Pferde, die landschaftliche Weite und Cowboyboots. Die Produktion ist poppig, mit deutlichen Country-Elementen – und der amerikanische Künstler Shaboozey entpuppt sich als echte Entdeckung.
Eine glatte Enttäuschung dagegen ist „Empty Chairs“, der an der Seite von Kultsänger Mick Jagger ein echtes Highlight hätte werden können. Die Idee ist spannend, aber die Umsetzung wirkt unrund. Jeder für sich überzeugt, doch gemeinsam klingt es eher wie ein musikalisches Missverständnis. Der Chorus wirkt deplatziert. Ein Versuch, der leider wirklich „empty“ bleibt.„Pardon“ mit Stromae ist dagegen leise und tiefgründig. Burna Boy spricht über Schuld, über Fehler und über verpasste Chancen. Stromae singt auf Französisch. Die Klangfarbe der Stimme ist hier zart und verletzlich. „We Supposed To Love One Another, Like Romeo And Juliet.“ Eine Erinnerung an etwas, das hätte sein können?
Der Song, der besonders ins Auge fällt – und nicht ohne Grund als Single ausgekoppelt wurde – ist „Update“. Oldie but Goldie, könnte man sagen. Burna Boy nimmt sich den Soul-II-Soul-Klassiker „Back To Life“ vor, kombiniert ihn mit coolem Afro-Groove und macht daraus etwas Eigenes.Er blickt souverän von außen auf die Welt und das Business. Es ist kein Update im klassischen Sinne, sondern ein klarer Hinweis: Hey, ich bestimme das Tempo.
Last but not least beendet Burna Boy seine neue Platte mit „Born Winner“. Und da sind wir wieder bei der Kampfansage – aber auch mitten in der puren Prahlerei. Der Song beginnt mit einer Art Predigt: „You Are Born To Be Great“, „You Are Born To Win“. Es ist der große Rückblick. Der Grammy-Gewinner macht klar: Der Weg war lang, nichts daran war zufällig. Aufgeben war nie eine Option. Er steht da, wo er steht – weil er es verdient. Und doch schwingt etwas anderes mit. Ein Zweifel vielleicht? Die Frage: Muss er sich wirklich nichts mehr beweisen? Hat er Angst vor dem Fall? Wer könnte ihm den Thron denn streitig machen und wie lange wird das so weitergehen? Antworten auf diese Fragen gibt Burna Boy nicht direkt – aber sein Album spricht für sich. Es zeigt gleichermaßen Haltung und Selbstbehauptung.
Fazit: „No Sign Of Weakness“ ist nicht nur eine Kampfansage, sondern Burna Boys Versuch, seinen Platz ganz oben zu halten. Man merkt: Er will relevant bleiben und alles zeigen, was er kann. Nicht jeder Stilwechsel sitzt, nicht jeder Track wirkt rund – aber das stört ihn nicht. Denn der „King of African Pop“ lässt sich nicht verdrängen. Zumindest noch nicht ...
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