Neues Rap-Album

Shindy: Selbstverliebtheit macht nun mal Klicks

Musik
04.08.2025 09:00

Seit mehr als einer Dekade ist Shindy ein musikalisches Ass im Deutschrap. Der Halbgrieche aus Bietigheim hat jetzt sein siebentes Studioalbum mit dem Titel „<3 My People“ veröffentlicht. Fans vermuten: Der neue Longplayer ist ein Prequel zu „In meiner Blüte 2“, das noch kommen soll. Wir haben uns die Songs genauer angehört ...

kmm

Beef mit Rap-Kollegen, Anfeindungen, Schlägereien. Teure Ketten, teure Autos – und vier Nummer-eins-Hip-Hop-Alben. Michael Conrad Schindler sagt vielen nichts. Doch Shindy kennt jeder, der in den letzten Jahren irgendwas mit Deutschrap am Hut hatte. Der Halbgrieche aus Bietigheim ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Geschäft und weiß genau, wie man sich gekonnt in Szene setzt. Optisch wird er gern mit Drake verglichen. Musikalisch und was den Lifestyle betrifft, bewegt er sich irgendwo zwischen A$AP Rocky und Fabolous – letzterer war in den 2000ern so etwas wie die Blaupause für edlen Straßenrap mit Designerbrille.

Die letzten Jahre liefen für Schindler in Sachen Label eher holprig. Eingefleischte Rap-Fans wissen: Seine ersten Songs veröffentlichte er 2008 mit der Hip-Hop-Truppe Crime Payz – einem Zusammenschluss aus Shindy, Kay One und Jaysus. 2013 folgte der Umzug nach Berlin, wo er bei Bushidos Label ersguterjunge unterschrieb. Im selben Jahr folgte auch sein Debütalbum „NWA“ und erreichte in Deutschland, Österreich und der Schweiz Platz eins der Albumcharts. Damit war klar: Der Junge weiß, wie man Deutschrap macht. Auch seine nächsten Platten holten durchwegs Spitzenpositionen. Nach fünf Jahren bei ersguterjunge – inklusive Streit mit Kay One und später auch mit Bushido – gründete Shindy sein eigenes Label Friends with Money. Es folgte danach ein kurzer Abstecher zu Sony, wo das sechste Werk, „In meiner Blüte“ erschien. 
Inzwischen ist er bei Universal gelandet und droppte nun sein siebentes Studioalbum. Wie sagt man so schön: neues Label, neues Glück? Oder ist es einfach der nächste Halt auf einer ziemlich langen Reise?

Shindy in Bestform: Wer so aussieht, hat mehr als nur einmal die Skincare-Routine durchgezogen.
Shindy in Bestform: Wer so aussieht, hat mehr als nur einmal die Skincare-Routine durchgezogen.(Bild: Universal)

„This Is For The People“
Wenn man sich das Cover des neuen Albums anschaut, fragt man sich ernsthaft: „Ist das ein Scherz?“ Visuell wirkt es wie ein Mixtape – oder wie ein ausgedrucktes Word-Dokument in Arial, garniert mit einem Oldschool-Herzchen. Im Vergleich zum Cover von „In meiner Blüte“, das mit seiner Anspielung auf „Die Schöne und das Biest“ wirklich originell war, wirkt das hier eher unausgegoren. Eigentlich hatte der Rapper den zweiten Teil von „In meiner Blüte“ angekündigt, geworden ist es dann „<3 My People“. Viele Fans sind sich sicher: Das hier ist nur ein Übergangsalbum.

„10 Sommer“ eröffnet das Album und gleich der erste Takt klingt vertraut. Der Loop erinnert stark an den alten Hip-Hop-Sound aus den 2000ern. Viel Bass, klarer Rhythmus und dieser eine Synthie, den man nie vergisst. Die Einstiegs-Lines sprechen genau dafür: „Ich bin ein 80s-Baby, ich bin ein 90s-Kid, I Just F*****g Do It, guck auf meine Nikes B***h“. Der Track macht sofort klar, worum’s geht: Zehn Sommer erfolgreich im Rapgeschäft – und kein bisschen leise. 

Im zweiten Song des Albums, „Sport & Diät“, geht’s – wie der Titel schon sagt – um seinen gesunden Lifestyle. Statt Iced Matcha Latte à la Shirin David und Pilates-Kurs setzt Shindy auf Hantelbank und Disziplin. Lieber ein Set drücken vor dem Morgengebet, so lautet die Devise. Dann folgt auch schon das erste Feature des Albums: Yung Kafa & Kücük Efendi. Und jetzt Achtung – der Titel: „Einfach nur reich“. Worum’s geht? Genau darum. Was er hat, was er lebt. Shindy sagt selbst: „Ich halte meinen Alltag auf Luxury Level.“ Im amerikanischen Hip-Hop hat man schon immer darüber gerappt, womit man flexen kann. Schindler ist einer der wenigen, der sich diesen 2000er-Vibe holt, einen klassischen Beat darunterlegt – und darauf seinen Deutschrap-Part bringt.

„Du bist wie gemeißelt“ 
Irgendwo in der Mitte des Albums taucht ein kurzer, aber unterhaltsamer Skit mit Rapper und Comedian Illmat!c auf (bürgerlich: Costa Meronianakis). In der Sprachnachricht geht’s darum, wie sehr sich Shindy körperlich verändert hat. „Das sind doch keine Muskeln, du bist wie gemeißelt, Malaga“, sagt Meronianakis mit charmantem griechischem Akzent.


Ob Shindy wirklich fünf Personaltrainer hatte oder nicht – er ist offensichtlich in Bestform. Und natürlich lässt er das auch in mehreren Songs hören. Direkt nach dem Skit kommt die Single „Prototyp“ – ein Track mit niemand Geringerem als Massiv, der hier wie die Faust aufs Auge passt. Dieser Song ist eine Ausnahme auf dem Album, denn hier hört man einen aggressiveren Sound. Der Beat hört sich kurz gesagt aufgekratzt an. In Zeiten von Bushido hat Shindy öfter solche Songs gemacht. Seit der Loslösung dominieren Mandelmilch, Skin-Care und Luxus. Und das rappt er auch: „Mein Körper ist ein Prototyp, alles wie gezeichnet / Als hätte ich Kabel unter meiner Haut, ich fühl’ mich hightech.“ Ach ja – dass er mittlerweile Wahlbayer ist, erwähnt er auch noch nebenbei.

Beim Titel „Physique“ bleibt Shindy sich dann wieder treu. Der Sound ist hier dezent und verspielt und klingt nach den 2000ern. Der Beat erinnert stark an „I Know What You Want“ von Mariah Carey & Busta Rhymes. Raptechnisch bleibt alles smooth, fast schon zurückgelehnt. Vieles versteht man nicht auf Anhieb, was auch daran liegt, dass er bewusst nuschelt und mit dem Denglischen spielt. Es ist mehr Vibe als Message.

Die nächsten zwei Songs auf der Platte bedienen sich bekannter Hip-Hop-Samples. „Skims Hoes“ mit Kalim basiert auf „I Like That“ von Houston feat. Nate Dogg – und bringt sofort gute Laune. Man fühlt sich zurückversetzt in alte Clubnächte, wenn genau bei so einem Beat die Hüften kreisten und man beim Refrain mit den Freunden laut mitgesungen hat. So ein Gefühl von Oldschool-Rap schafft eben nur der Schindler. Auch bei „Get It On“, dem bekanntesten Song von Montell Jordan, bedient er sich sogar mit selbem Titel. Inhaltlich geht’s um Designerdüfte, Dom Pérignon und schöne Frauen. Der Musiker will hier ein flirty Gefühl erzeugen – und dank seiner Coolness gelingt ihm das auch.

Irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn
Als ich „Habemus Papam“ lese, frage ich mich: Macht Shindy jetzt einen auf christlich? Dann kommt der Einstieg – eine Stimme spricht Latein, es klingt nach echter Papstverkündung. Und genau so inszeniert er sich: unantastbar, göttlich gestylt, mit viel Selbstvergötterung und einem Augenzwinkern. Und wieder ein sakraler Größenwahn, der auf Luxusrap trifft. „All About“ wirkt dagegen fast schon nachdenklich – zumindest im Vergleich zum Rest des Albums. Gerappt wird hier über Erinnerungen, Beziehungen und die kleinen Fluchten im Alltag. Es geht nicht mehr nur ums Haben, sondern ums Sein. Der Beat ist ruhiger, fast melancholisch. Und plötzlich blitzt da zwischen Designerlabels und Coolness ein Hauch Verletzlichkeit durch.

Der Luxusrapper kommt nach Wien 

Shindy startet seine „Blüte 2“-Tour nächstes Jahr und kommt am 22. Februar in die Raiffeisen Halle im Wiener Gasometer. Tickets unter: www.oeticket.com

Nach den zwei Bonustracks ist Schluss mit „<3 My People“ – und man bleibt zwiegespalten zurück. Mag man es oder nicht? Wer Shindys Welt akzeptiert, also das Gefasel über Luxus, Designermarken, durchtrainierte Körper und den Oldschool-Vibe wie US-Rap, der wird das Album feiern. Alle anderen schalten wahrscheinlich spätestens nach Track drei ab und fragen sich: Hat dieses Rich Kid eigentlich Freunde – oder nur noch Uhren? Manchmal verkauft sich Selbstverliebtheit eben ziemlich gut ..

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