"Gesundheits-Lotto"

US-Klinik verlost kostenlose Behandlungen

Ausland
09.12.2013 09:09
Mossamat Jhumu (Bild) hat im Lotto gewonnen. Die 39-Jährige jubelt jedoch nicht über Geld - sondern über kostenlose medizinische Versorgung. Mit etwa hundert anderen Menschen wartet die Schwesternhelferin an einem Herbstmorgen geduldig in der Kälte, bis die Arlington Free Clinic in einem Vorort von Washington ihre Türen öffnet.

"Das ist mein vierter Versuch", sagt die aus Bangladesch stammende US-Bürgerin, die wie 48 Millionen Landsleute nicht krankenversichert ist. Als die ersten Gewinner gezogen werden, gibt es Jubelschreie. "Das sieht nach Jackpot aus", ruft Jhumu. Ab sofort ist sie eine von rund 1.700 Patienten, die in der Klinik stationär oder ambulant von ehrenamtlichen Ärzten behandelt werden.

"Lotterie" findet einmal im Monat statt
In Arlington sind nach Einschätzung von Jody Steiner Kelly, Verwaltungsdirektorin der Klinik, rund zehn Prozent der Bürger nicht krankenversichert. Zwar können sie in dringenden Fällen in die Notaufnahme kommen, doch "für umfassende Versorgung sind wir hier ein Rettungsring", sagt Steiner Kelly.

Einmal im Monat nimmt die spendenfinanzierte Privatklinik über die Lotterie 20 bis 25 Patienten neu auf - ob mit Krebs, Diabetes oder Rückenschmerzen. "Die meisten, die zu uns kommen, haben chronische Krankheiten, weil sie bis zum letzten Moment warten", sagt Steiner Kelly. Viele Arme müssten sich eben entscheiden, ob sie Lebensmittel kaufen, die Miete bezahlen - oder einen Arzt.

Republikaner stellen sich gegen Gratisversicherung für Arme
Im US-Bundesstaat Virginia gelten 400.000 Menschen als bedürftig. Für sie hat das politische Tauziehen um die Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama direkte Auswirkungen: Die Republikaner, die im Parlament von Virginia die Mehrheit haben, sind gegen den von Obama geforderten Ausbau von Medicaid, der Gratisversicherung für Arme. Laut Gesetz darf jeder Bundesstaat selbst entscheiden, ob er die Kriterien für eine Aufnahme in die Versicherung ausweitet. Mehr als 20 republikanisch geführte Bundesstaaten verweigern dies aus finanziellen Gründen, darunter auch Virginia.

Obamacare verschafft nicht allen eine Krankenversicherung
Nach dem Start von Obamas Gesundheitsreform Obamacare Anfang Oktober versuchte Jhumu auch schon, über die Internetseite healthcare.gov eine Krankenversicherung abzuschließen. Doch zum Start des Portals häuften sich technische Pannen. "Ich warte, bis sie das System repariert haben, und dann hoffe ich, dass ich mich versichern kann", sagt sie.

Zusammen mit ihr wartet Claudia Nerio Mejia aus El Salvador, die nach eigenem Bekunden illegal in den USA ist und unklare Schmerzen im Fuß untersuchen lassen will. "Ich kann keinen Arzt besuchen, weil es zu teuer ist", sagt die 28-Jährige. Ohne Papiere würde sie auch mit Obamacare keine Krankenversicherung bekommen.

Mit Hilfe eines Übersetzers erklärt Steiner Kelly spanischsprachigen Wartenden die Regeln: "Die Klinik steht nur Erwachsenen offen", sagt sie. "Kinder behandeln wir nicht, auch keine Vollzeit-Studenten. Außerdem müssen Sie ein ganzes Jahr in den USA verbracht haben." Die Direktorin hofft, dass Obamacare nun endlich in Gang kommt. "Mit jedem Patienten, der sich versichern kann, können wir hier jemanden behandeln, um den wir uns vorher nicht kümmern konnten", betont sie. Dann ruft sie denen, die im Kranken-Lotto leer ausgingen, noch nach: "Nächste Lotterie am 10. Dezember!"

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