Brief im TV verlesen
Entmachteter Mursi über “Putsch” und “Entführung”
Bisher war nur wenig über den Verbleib Mursis seit seinem Sturz im Juli an die Öffentlichkeit gedrungen. "Das ägyptische Volk sollte wissen, dass ich gewaltsam entführt wurde und gegen meinen Willen vom 2. Juli bis 5. Juli in einem Haus der republikanischen Garde (eine Elite-Militäreinheit, die den Präsidentenpalast sowie weitere Regierungsgebäude bewacht) war, bis ich und meine Berater erneut gewaltsam in eine Marine-Basis der Streitkräfte für vier volle Monate verlegt wurden", las der Anwalt Mohamed al-Damati nun aus einem Schreiben Mursis vor.
Mursi: "Putsch ist ein Verbrechen und Hochverrat"
Der Jurist hatte den Islamisten am Dienstag im Gefängnis in Alexandria besucht. Mursi zufolge habe er bislang in der Haft nur die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sowie eine EU-Delegation und vier Staatsanwälte getroffen. In seinem am Mittwoch im Fernsehen verlesenen Brief warnte Mursi die neue Führung des nordafrikanischen Landes vor weiteren Unruhen. Es werde erst wieder Stabilität herrschen, wenn alle Folgen des "Putsches" beseitigt seien, betonte er. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie ägyptisches Blut vergossen hätten. "Dieser Putsch ist ein Verbrechen und Hochverrat", hieß es in der Erklärung weiter.
Ausnahmezustand nach drei Monaten aufgehoben
Die öffentlichkeitswirsksam verkündete Warnung des entmachteten Staatschefs kommt einen Tag, nachdem ein Gericht den vor drei Monaten ausgerufenen Ausnahmezustand aufgehoben hat. Neben nächtlichen Ausgangssperren hatte der Ausnahmezustand den Behörden Festnahmen ohne Haftbefehl und Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung ermöglicht. Übergangspräsident Adli Mansur will Angaben der Regierung zufolge in Kürze ein überarbeitetes Gesetz zum Umgang mit Protestbewegungen verkünden. Der Gesetzentwurf ist allerdings heftig umstritten, selbst bei Mitgliedern der Regierung und ihren Unterstützern.
Mursi-Prozess nach Eklat auf Jänner vertagt
Der Prozess gegen Mursi und 14 weitere Angeklagte der Muslimbruderschaft wegen Anstiftung zur Gewalt und des Todes von Demonstranten hatte Anfang November mit einem Eklat begonnen. Nach wiederholten Unterbrechungen aufgrund von Protestrufen des entmachteten Ex-Präsidenten vertagte der Richter die Verhandlung schließlich auf Jänner. Bei einem Schuldspruch droht dem ersten frei gewählten Staatschef der jüngeren ägyptischen Geschichte lebenslange Haft oder die Todesstrafe.
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