Schwedische Handlanger
Iran nutzt Gangsterbosse für Anschläge in Europa
Gangsterclans, mysteriöse Anschlagsziele und ein gnadenloser Krieg: Schwedische Bandenbosse werden zu Handlangern Teherans. Eine schwedische Doku enthüllt, wie der Iran Europas Unterwelt für Anschläge auf jüdische Ziele nutzt – mit Aufträgen in Schweden, den Niederlanden, in Frankreich bis in die USA.
Kriminelle, mafiöse Netzwerke gibt es nicht nur in Italien – auch in Schweden liefern sich Gangsterbosse immer wieder einen brutalen Krieg. Dabei stechen zwei Namen besonders heraus, im nordeuropäischen Staat kennt sie jeder: Die beiden Bandenchefs Rawa Majid alias „Kurdischer Fuchs“ und Simail Abdo, Spitzname „Erdbeere“.
Beide Clans liefern sich einen unerbittlichen Krieg ohne Rücksicht auf Verluste. Ihre Ziele sind dabei überwiegend auf die jeweilige Gegnerseite gerichtet – nicht nur Gangmitglieder, auch Familienangehörige bleiben nicht verschont.
Attentate gegen israelische Einrichtungen
Handlanger der beiden Clanchefs verübten unüblicherweise von Ende 2023 an auch Attentate gegen israelische Einrichtungen. Dank einer ausführlich recherchierten Doku-Serie des schwedischen Fernsehsenders SVT ist nun bekannt, wer dahintersteckt und wie eine Rüstungsfirma in dem kriminellen Netzwerk verwoben ist, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Der Bandenkrieg begann 2022, als der schwedisch-türkische Dealer Ismail Abdo seinem früheren Chef, dem schwedisch-kurdisch-iranischen Paten Rawa Majid, auf dem Drogenmarkt Konkurrenz zu machen schien. Seither wird das sonst politisch ruhige Schweden beinahe täglich von Bombenanschlägen erschüttert. Premierminister Ulf Kristersson brachte sogar den Einsatz des Militärs ins Spiel.
Türkei verweigert Auslieferung Majids
Nachdem Majid die Mutter seines Gegenspielers Abdo ermorden ließ, schickte dieser mehrere Auftragsmörder in die Türkei. Majid hatte sich 2018 an die Schwarzmeerküste abgesetzt und sich durch einen Immobiliendeal die türkische Staatsbürgerschaft erkauft. Von dort verschickte er Aufträge und Todeslisten. Die Türkei weigerte sich, ihn auszuliefern – trotz Interpol-Fahndung. Als Abdos Killer auftauchten, floh Majid Ende 2023 in den Iran, wo er festgenommen wurde. Offenbar stellte ihn das Regime vor die Wahl: Haft oder Zusammenarbeit. Ein Vertrauter sagt in der schwedischen Doku: „Majid erhält Schutz vom Iran. Er hat nichts zu verlieren – er kann nirgendwo hin.“
Im Jänner 2024 der erste Anschlag: Eine Handgranate wurde auf das Gelände der israelischen Botschaft in Stockholm geworfen – sie detonierte nicht, sorgte aber für viel Wirbel in den Medien. Genau das, so eine Quelle, habe der Iran gewollt: Angst und Verunsicherung. Majid dürfte sich mit diesem Auftrag freigekauft haben. Es folgten sechs weitere, dilettantisch ausgeführte Anschläge auf israelische Einrichtungen: In Brüssel wurde eine Softair-Granate geworfen, in Stockholm geschossen, in Kopenhagen zwei Handgranaten entdeckt. In Göteborg schoss ein unter Drogen gesetzter 13-Jähriger vor Polizisten auf das Gebäude der Rüstungsfirma Elbit.
Der israelische Geheimdienst Mossad und die schwedische Sicherheitspolizei Säpo äußerten mehrfach die Vermutung, dass Personen aus dem Umfeld von Ismail Abdo an einigen Anschlägen beteiligt waren. Ein Vertrauter Abdos erklärte, man sei zwar von iranischen Agenten unter Druck gesetzt worden, habe sich aber geweigert – man wolle „nicht auch noch einen Krieg gegen Israel“ führen. Ein anderer Mittelsmann aus dem Clan räumte jedoch ein, dass sie auf das regimekritische persischsprachige Nachrichtenportal Iran International angesetzt worden seien. Der Auftrag: die Redaktion in London „in die Luft zu sprengen oder zu töten“ – sowie Anschläge auf „alles, was mit Israel zu tun hat, egal in welchem Land“.
Es gibt Jobs in Deutschland, Belgien, Großbritannien – überall. Sie benutzen uns als Strohmänner.
Einer von Abdos Vertrauten in der Doku
„Jobs in Deutschland, Belgien, Großbritannien“
Der Iran wollte offenbar, dass die Anschläge auch im Sommer fortgesetzt werden: Am Ende der Dokumentation sagt einer von Abdos Vertrauten, es gebe „jetzt Jobs in Deutschland, Belgien, Großbritannien – überall. Sie benutzen uns als Strohmänner.“
Der Auftragsterrorismus ist dabei kein Einzelfall, der Iran agiert schon länger in kriminellen Netzwerken für seine Zwecke – und zwar europaweit. 2015 und 2017 bezahlte der iranische Geheimdienst niederländische Gangster, um zwei Niederländer iranischer Herkunft zu exekutieren. In Frankreich plante eine Zelle rund um einen Drogenboss 2023 vier Brandanschläge auf Firmen mit israelischen Eigentümern – und überwachte die Kanzlei eines jüdischen Anwalts. In den USA stand Anfang 2024 ein iranischer Drogenhändler vor Gericht: Er soll zwei Landsleute ermordet haben, die in Maryland lebten.
Wie gleichgültig Teheran ist, wer solche Taten verübt, zeigt ein Fall aus Schweden: Nach mehreren Koranverbrennungen im Frühjahr und Sommer 2023 verschickten iranische Hacker an 15.000 Handys in Skandinavien eine Botschaft – mit dem Aufruf, „Rache zu nehmen“ an allen, die den Koran schänden.
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