Auch ohne Parlament?

Syrien: Hollande rührt wie Obama die Kriegstrommel

Ausland
03.09.2013 18:36
Nach dem Rückzieher der britischen Regierung ist Frankreich neben den USA das einzige große westliche Land, das sich nach wie vor vehement für einen Militäreinsatz in Syrien ausspricht. Wie US-Präsident Barack Obama sucht sein französischer Kollege Francois Hollande offenbar nach einer breiten Unterstützung an der Heimatfront. Doch am Ende könnte die Regierung in Paris - durch die Verfassung garantiert - auch ohne Zustimmung des Parlaments in den Krieg ziehen.

Auf zu viel Parlamentarismus möchte Hollande nämlich verzichten, wie es Minister seines Kabinetts und Kollegen in seiner sozialistischen Partei in den vergangenen Tagen immer wieder durchklingen ließen. Außerdem verlautbarte die Regierung, dass am Mittwoch die Nationalversammlung zwar über eine Syrien-Intervention beraten, aber nicht über ein Ja oder Nein abstimmen werde.

Zwar sei eine Abstimmung, wie der für Parlamentsfragen zuständige Minister Alain Vidalies am Dienstag betonte, "kein Tabu" für den Präsidenten. Aber das von einigen Parlamentariern geforderte Votum kann Hollande problemlos verweigern. Die französische Verfassung ist in dem Punkt recht klar. In Artikel 35 heißt es: "Trifft die Regierung die Entscheidung, die Streitkräfte im Ausland einzusetzen, so informiert sie das Parlament spätestens drei Tage nach Beginn des Einsatzes darüber." Nur eine Kriegserklärung bedarf der Zustimmung. Erst ein Einsatz von "mehr als vier Monaten" müsste zur Genehmigung vorgelegt werden. Beides ist wohl nicht von Hollande geplant.

Ministerin: "Thema ist für Polit-Posieren zu ernst"
Was die Verfassung nüchtern formuliert, bringt Gesundheitsministerin Marisol Touraine vesentlich schärfer auf den Punkt: "Das Thema ist zu ernst, um es für ein politisches Posieren zu öffnen." Elisabeth Guigou, Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, stößt ins gleiche Horn: "Ich sehe keinen Sinn darin, eine Abstimmung abzuhalten."

Hollande als erfolgreicher Kriegsherr in Mali
Als Kriegsherr hat der gerade einmal gut 15 Monate amtierende Hollande schon reichlich Erfahrung. Der ebenfalls ohne Parlamentsvotum durchgeführte französische Feldzug in Mali gegen islamistische Extremisten gehört zu den wenigen Aktionen, bei denen die inzwischen so Hollande-kritischen Franzosen mit sehr großer Mehrheit hinter ihrem Präsidenten standen. Beim Thema Syrien liegen die Umfragen dagegen bei aktuell üblichen schlechten Werten - zuletzt waren rund 64 Prozent gegen einen Strafeinsatz gegen Damaskus.

Geheimdienstbericht soll eindeutige Beweise liefern
Aus diesem Grund versucht Hollande wohl auch die öffentliche Meinung in Frankreich auf seine Seite zu ziehen. Kurz vor der Debatte in der Nationalversammlung wurde am Montag ein Dokument mit angeblichen Beweisen für den Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg veröffentlicht. Demnach habe das Assad-Regime "vorsätzlich eine Schwelle überschritten". Paris will 47 Videos systematisch ausgewertet haben. Hinzu kämen Berichte von Augenzeugen.

Noch kann sich Hollande für eine Abstimmung im Parlament oder für einen Alleingang des Kabinetts entscheiden. Beobachter sehen den französischen Staatschef vor eine schwierige Wahl gestellt. Das Ignorieren der Volksvertreter würde den Präsidenten mit Sicherheit in der Volksgunst schwächen. Sollte die Nationalversammlung allerdings die Pläne ablehnen, würde den USA nach den Briten ein weiterer großer Verbündeter abhanden kommen.

Obama hat Unterstützung des ranghöchsten Republikaners
US-Präsident Obama hat unterdessen im Ringen um eine breite Zustimmung für einen Militärschlag gegen die syrische Führung auch die Unterstützung des ranghöchsten Republikaners gewonnen.

Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, rief am Dienstag seine Kollegen auf, sich ebenfalls hinter den Präsidenten zu stellen. Wenige Stunden zuvor hatten sich schon andere namhafte Republikaner auf die Seite des demokratischen Präsidenten geschlagen (siehe Story in der Infobox).

Obama will den Kongress über einen Angriff auf Syrien wegen eines mutmaßlichen Einsatzes von Giftgas entscheiden lassen. In seiner demokratischen Partei herrscht zum Teil aber Skepsis. Russische Parlamentarier appellierten in einem Brief an ihre US-Kollegen, einen Militäreinsatz abzulehnen.

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