In letzter Instanz
Berlusconi blitzt ab: Mediaset-Prozess geht weiter
Die Richter urteilten, dass Berlusconi im März 2010, als er noch als Ministerpräsident im Amt war, kein Recht hatte, die Verschiebung von Gerichtsterminen wegen seiner institutionellen Verpflichtungen zu beantragen, wie er es gefordert hatte. Daher sei der Mediaset-Prozess rechtskonform und könne in dritter Instanz vor dem Kassationsgericht weitergeführt werden. Mit einem definitiven Urteil in diesem Verfahren ist noch bis Ende dieses Jahres zu rechnen.
Berlusconi: "Urteil widerspricht jeglicher Vernunft"
Berlusconi reagierte am Mittwochabend empört auf die Entscheidung. "Das Urteil der Verfassungsrichter widerspricht jeglicher Vernunft", protestierte der Medienzar. Obwohl der Richterspruch politisch beeinflusst sei, werde er nicht aus Protest die Regierung verlassen, die seine Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PDL) seit zwei Monaten unterstützt.
"Trotz eines seit 20 Jahren andauernden Versuchs, mich aus Italiens politischem Leben zu verbannen, wird niemand mein Engagement für ein freies und gerechteres Land schwächen können", betonte Berlusconi. Er werde weiterhin loyal die Regierung unter Premier Enrico Letta unterstützen. Die PDL-Parlamentarier hatten vor dem Urteil mit ihrem Auszug aus dem Parlament gedroht, sollte der Medienunternehmer letztinstanzlich zum Ausschluss aus allen öffentlichen Ämtern verurteilt werden.
"Ruby"-Urteil für kommende Woche erwartet
Berlusconi stehen weitere entscheidende Tage bevor. Am kommenden Montag ist ein Urteil in dem seit April 2011 laufenden Ruby-Prozess zu erwarten. Dem Ex-Premier wird vorgeworfen, 2010 mit der damals siebzehnjährigen Marokkanerin Karima El Marough alias "Ruby" Sex gehabt zu haben. Zudem soll er 2010 sein Amt als Regierungschef missbraucht haben, um bei der Polizei die Freilassung der wegen Diebstahls festgenommenen "Ruby" zu erwirken. Staatsanwältin Ilda Boccassini hat eine Haftstrafe von sechs Jahren und den lebenslänglichen Ausschluss von öffentlichen Ämtern für Berlusconi gefordert (siehe Infobox).
Am 27. Juni beginnt in Neapel die Vorverhandlung im Fall des Ex-Parlamentariers Sergio De Gregorio. Die Richter müssen entscheiden, ob gegen Berlusconi ein Prozess wegen der Bestechung des Ex-Senators und Mitte-links-Politikers im Jahr 2006 beginnen soll. Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, De Gregorio drei Millionen Euro für seinen Seitenwechsel in das damals oppositionelle Lager Berlusconis angeboten zu haben, zwei Millionen davon in bar.
Fininvest-Prozess geht in nächste Instanz
Am 27. Juni überprüft das Kassationsgericht in Rom schließlich das Urteil, mit dem ein Berufungsgericht in Mailand 2011 die von Berlusconi kontrollierte TV-Holding Fininvest zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 560 Millionen Euro verurteilt hatte. Die Entschädigung muss Fininvest an die Mailänder Industriegruppe CIR zahlen, weil bei der Übernahme des Mondadori-Verlags in den 1990er-Jahren drei Vertraute des Regierungschefs einen Richter bestochen haben sollen. Die Summe soll CIR für ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1991 entschädigen, mit dem Berlusconis Fininvest die Kontrolle über das Verlagshaus Mondadori erhielt. Ein Strafgericht hatte Jahre später geurteilt, dass der damalige Richterspruch "gekauft" worden war - Berlusconi wurde wegen Verjährung jedoch nie dafür belangt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.