Tumulte in Ägypten

Mursi stationiert nun Panzer vor dem Präsidentenpalast

Ausland
06.12.2012 21:38
Nach erneuten schweren Krawallen mit sieben Toten und Hunderten Verletzten ist in Ägypten Donnerstag früh die Republikanische Garde mit mehreren Panzern vor dem Präsidentenpalast aufgefahren. Der schon seit Monaten schwelende Konflikt zwischen den regierenden Islamisten und der säkularen Opposition war in den vergangenen zwei Wochen weiter eskaliert.

Sicherheitskreise in Kairo betonten mehrmals, bei den vor dem Präsidentenpalast stationierten Truppen handle sich um die Republikanische Garde, die für den Schutz des Präsidenten verantwortlich ist, und nicht um Soldaten der Armee. In Ägypten war nach den jüngsten Krawallen bereits über einen möglichen Militärputsch spekuliert worden.

Wie die Republikanische Garde mitteilte, dienten die aufgefahrenen Panzer dazu, Anhänger und Gegner Mursis voneinander zu trennen. Die Garde versprach, nicht mit Gewalt gegen die Demonstranten vorzugehen und rief diese dazu auf, die Konfrontation zu beenden. Zudem bat sie die Anhänger des Präsidenten, sich zurückzuziehen.

Krawalle fordern Tote und Hunderte Verletzte
Bei Straßenschlachten zwischen den verfeindeten Lagern wurden in der Nacht auf Donnerstag in Kairo sechs Menschen getötet und über 600 weitere verletzt. Die Kontrahenten warfen Brandsätze und Steine aufeinander. "Keine Diktatur", riefen die Gegner Mursis. "Mursi verteidigen heißt, den Islam verteidigen", riefen seine Anhänger.

Bei den Toten handelt es sich um einen Islamisten, vier Anhänger der Opposition und Hussein Abu Dheif, einen Pressefotografen der unabhängigen ägyptischen Zeitung "Al-Fagr". Der Fotograf wurde mit einem Kopfschuss in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er kurz drauf starb. Mitglieder der Journalistengewerkschaft erstatteten Anzeige gegen führende Funktionäre der Muslimbruderschaft, der sie vorwerfen, die gewaltsamen Proteste provoziert zu haben.

Auch in anderen Landesteilen kam es zu Übergriffen. In den Städten Ismailia und Suez zündeten Oppositionsanhänger die örtlichen Büros der Muslimbrüderschaft an, aus deren Reihen Mursi ursprünglich stammt. In der südlichen Stadt Luxor gingen Tausende Anhänger der Islamisten auf die Straße und forderten die Einführung der Scharia.

Die Krawalle hatten am Mittwoch begonnen, als etwa 10.000 Mursi-Anhänger zu den seit Dienstag vor dem Präsidentenpalast protestierenden Gegnern einer weiteren Islamisierung des Landes zogen und anfingen, deren Zelte niederzureißen. Nach einer leichten Beruhigung der Lage am Abend seien die Auseinandersetzungen in der Nacht dann erst richtig aufgeflammt, meldete der arabische Nachrichtensender Al-Jazeera.

Islamisten drohen Gegnern mit "Heiligem Krieg"
Mehrere radikale Islamisten drohten den Oppositionellen mit einem "Heiligen Krieg", falls diese ihre Sabotagepolitik gegen Präsident Mursi fortsetzen sollten. Der Generalsekretär der Partei für Unversehrtheit und Entwicklung, Mohammed Abu Samra, sagte in einem Interview des Nachrichtensenders Al-Arabiya: "Wenn sie sich gegen die Legitimität stellen, dann werden wir äußerste Gewalt anwenden." Er fügte hinzu: "Wir sind keine Muslimbrüder und auch keine Salafisten, wir sind Dschihadisten."

Der für seine radikalen Ansichten bekannte Fernsehprediger Abdullah Badr sagte in einer Talkshow des ägyptischen Islam-Senders Al-Hafez, die Christen seien es, die den Protest gegen Präsident Mursi anführten. "Und wenn ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann reißen wir ihnen die Augen aus."

Ex-Mursi-Berater: "Komplette Elite ist eigennützig"
Indes traten drei Berater Mursis aus Protest gegen die Gewalt auf der Straße zurück. Der Politologe Seif Abdel Fatah verkündete seinen Rücktritt am Mittwochabend sogar live in einem tränenreichen Interview mit dem TV-Sender Al-Jazeera. Er erklärte, die komplette Elite des Landes sei eigennützig und habe nicht die Interessen der Bevölkerung im Blick.

Machtbefugnisse auf Kosten der Justiz ausgeweitet
Der Konflikt zwischen den Islamisten und der Opposition war in den vergangenen zwei Wochen eskaliert, nachdem der islamistische Staatschef seine Machtbefugnisse auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Als die Islamisten dann auch noch einen Verfassungsentwurf vorlegten, der die Rolle der islamischen Religionsgelehrten im Gesetzgebungsprozess aufwertet und die Rechte der Frau infrage stellt, schwoll die Protestwelle der liberalen Gruppen weiter an. Ein Referendum über die Verfassung soll am 15. Dezember stattfinden.

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