Propaganda-Vorwurf

Film über Bin-Laden-Tötung: Jetzt mit mehr Obama

Ausland
25.10.2012 07:00
Just zwei Tage vor der Wahl am 6. November läuft im US-Fernsehen der erste Spielfilm über die Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden. Brachte alleine schon der Sendetermin Produzent Harvey Weinstein den Vorwurf ein, im Finale des Wahlkampfs unverhohlen Propaganda für Präsident Obama zu betreiben, hat die "New York Times" nun weitere brisante Details zutage gefördert: Einem Bericht der Zeitung zufolge hat Weinstein den Film umschneiden lassen - um Obama stärker in den Mittelpunkt der Handlung zu rücken.

Der Film mit dem Titel "SEAL Team Six: The Raid on Osama bin Laden" soll am 4. November vom US-Kabelsender National Geographic ausgestrahlt werden. Bereits die Ankündigung des Sendetermins hatte für heftige Kritik gesorgt, spielt die Bin-Laden-Tötung doch eine nicht unwesentliche Rolle in der Wahlkampagne des Präsidenten. Als Oberbefehlshaber des US-Militärs hatte Obama damals persönlich grünes Licht für den Angriff gegeben.

Kabelsender hofft auf Quotenhit
Der National Geographic Channel, ein mäßig erfolgreicher Sender im üppigen Kabelangebot des amerikanischen TV-Markts, hofft mit der Ausstrahlung von "SEAL Team Six" seine Quoten anheben zu können - der umstrittene Termin für die Ausstrahlung nur zwei Tage vor der US-Präsidentenwahl dürfte dabei als Erfolgsfaktor wohlwissend einkalkuliert worden sein. Von reinem Quotenkalkül bei der Entscheidung könne aber, sind Kritiker überzeugt, keine Rede sein - denn immerhin zählt Hollywood-Legende Weinstein zu den langjährigen Anhängern von Barack Obama.

Doch nicht nur die Wahl des Ausstrahlungstages bringt den Film und vor allem Weinstein mittlerweile ins Kreuzfeuer der Kritik. Laut einem Bericht der "New York Times" sei der - bereits fertiggestellte - Streifen nochmals stark überarbeitet worden, nachdem sich Produzent Weinstein im vergangenen Mai beim Filmfestival in Cannes die Rechte an dem Film für rund 2,5 Millionen Dollar gesichert hatte.

Neue Schnittfassung rückt Obama in den Mittelpunkt
Was aber auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich erscheint - immerhin trägt Weinstein auch den Spitznamen "Harvey Scissorhands", weil er eingekaufte Filme vor der Veröffentlichung gerne kassentauglicher schneiden lässt -, ist aber im Fall von "SEAL Team Six" durchaus von Brisanz: In der neu geschnittenen Version, die am 4. November ausgestrahlt werden soll, seien nämlich fast ausschließlich weitere Szenen mit dem Präsidenten hinzugefügt worden. Mittels Nachrichten- und Dokumentationsmaterial sei Obamas Rolle bei der Tötung Bin Ladens in der aktuellen Schnittfassung stärker in den Mittelpunkt gerückt worden, so das Fazit der "New York Times", der beide Versionen des Films zum Vergleich vorlagen.

So beginnt die Handlung nun mit dem Präsidenten bei einem jährlich stattfindenden Dinner im Weißen Haus - nur einen Tag vor der Bin-Laden-Mission. In einer weiteren Szene ist Obama bei einem langen, einsamen Spaziergang zu sehen, als er offenbar gerade die Entscheidung zu dem Einsatz traf. Zudem habe auch das Ende des Films eine Portion mehr Obama verpasst bekommen. Die neue Version ende demnach mit der Fernsehansprache des Präsidenten, bei der er mit den mittlerweile historischen Worten "Der Gerechtigkeit ist Genüge getan" den Tod Bin Ladens verkündet hatte.

Regisseur spielt Bedeutung der Obama-Szenen herunter
Regisseur John Stockwell bemühte sich allerdings sogleich, die Bedeutung der neuen Obama-Szenen herunterzuspielen. Er betonte, ebenso wie Weinstein, in einem Telefoninterview mit der "New York Times", dass die Änderungen nicht politisch motiviert seien, sondern den Film lediglich "realistischer" wirken lassen sollen. Der Regisseur bestätigte jedoch zugleich, dass einige der Obama-Szenen auf Vorschlag von Weinstein ergänzt worden seien.

Verantwortlich dafür, dass der Präsident in "SEAL Team Six" in ein besseres Licht gerückt wurde, sei laut "New York Times" jedenfalls Produzent Weinstein. Eindeutiger Beleg dafür: Er setzte nach dem Erwerb der Filmrechte die Produzentin Meghan O'Hara auf das Projekt an. O'Hara arbeitete in der Vergangenheit u.a. eng mit Michael Moore bei seinen Filmen "Fahrenheit 9/11" und "Sicko" zusammen.

Romney-Szene wurde wieder entfernt
Zumindest ein Propaganda-Vorwurf im Zusammenhang mit "SEAL Team Six" sei aber laut Howard T. Owens, Senderchef des National Geographic Channel, entschärft worden. So habe die neue Schnittfassung zunächst auch eine Szene enthalten, die Obamas Kontrahenten Mitt Romney zeigt, wie er sich gegen die Bin-Laden-Mission ausspricht. Die Stelle wurde aber wieder entfernt und werde am 4. November nicht zu sehen sein. "Wir würden den Film nicht zeigen, wenn er Propaganda wäre", versicherte Owens gegenüber der "New York Times".

Den Vorwurf der Einflussnahme auf den Wahlkampf muss sich der Sender trotzdem gefallen lassen. Beim aufwendiger produzierten Bin-Laden-Projekt "Zero Dark Thirty" der Oscar-gekrönten Regisseurin Kathryn Bigelow sah man etwa von einem Kinostart vor der Wahl ab - um Vorwürfen der Wählerbeeinflussung aus dem Weg zu gehen.

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