Starker Mini-Schwede

Volvo EX30: Wirklich so gut, wie alle glauben?

Motor
25.03.2024 05:00

Er ist schon ein Schnuck, der kleine Volvo. EX30 heißt er, fährt rein elektrisch und ist mit 4,23 Meter Länge der wahrscheinlich kleinste Volvo aller Zeiten. Knackiges Äußeres, starker Antrieb, googeliges Betriebssystem, das macht Eindruck. Was der kompakte Kabeltanker wirklich kann, klärt „Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl hier im Video-Fahrbericht.

(Bild: kmm)

Der Schwedischste aller Volvos ist er nicht, schließlich gehört die Marke mittlerweile zum chinesischen Geely-Konzern. Trotzdem ist er ein schwedisches Auto, auch wenn die Plattform von der asiatischen Mutter stammt. Darauf bauen zum Beispiel auch Smart #1 und #3 auf, die insgesamt deutlich chinesischer wirken, weil Karosserie und Software viel verspielter sind.

Ganz anders der Volvo. Da ist sportlich-nüchterne Eleganz ein Thema, mit guten Proportionen und einer klassischen Kompaktwagenform. Nur leicht hochgestellt, aber das fällt kaum auf. Nur beim Einsteigen merkt man, dass man sich nicht so weit runtersetzt wie erwartet. Thors Hammer leuchtet uns aus den Scheinwerfern entgegen, dazwischen prangt die klassische Volvo-Spange. Wirkt moderner, als es ist – Matrix-Fernlicht gibt’s hier nicht.

Skandinavisch wohnen
Das Interieur wirkt skandinavisch kühl, klar, reduziert, allerdings etwas zu sehr aufgeräumt. Es braucht einiges an Eingewöhnungszeit, bis man mit dem Bediensystem klarkommt. Spiegelverstellung? Über Touchscreen und Lenkradtasten. Vieles ist verwirrend, auch die Tempomatregelung erschließt sich nicht auf Anhieb, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Am Display hat man auf nichts direkten Zugriff, man muss immer ins Menü oder zumindest auf eine nächste Ebene. Sogar für Temperatur oder Lautstärke.

Die Bedienlogik an sich ist aber sehr ok. Das Ganze basiert auf Google, und auch die Navigation ist Google Maps. Man kann auch über Apple Car Pay und Google Maps navigieren, dann muss man aber auf die Route mit automatisch geplanten Ladestopps verzichten. Und die braucht man auf längeren Strecken, denn der Volvo ist kein Kostverächter. Aber dazu später.

Die Materialien im Innenraum sind zum großen Teil nachhaltig, also viel Recyceltes, kein Leder. Das fällt zum Teil auch auf. Gerade die Türverkleidung schaut ein wenig so aus, als hätten sie vergessen, das Dämmmaterial abzudecken. Aber das unterstreicht sie das Nachhaltige und ist gewollt.

Besonders auffällig im positiven Sinn ist der massive, edle Türgriff, mit dem man die Tür auch dann ganz automatisch fest in der Hand hat, wenn eine Sturmböe sie einem entreißen möchte. Zum reduzierten, aber durchaus wohnlichen Eindruck im Innenraum tragen auch die versteckten Lautsprecher bei – die befinden sich unterhalb der Windschutzscheibe in der Soundbar.

Das Handschuhfach befindet sich nicht vor dem Beifahrer, sondern klappt per Bildschirmtatsch aus der Mittelkonsole nach unten. Ein Schiebefach lässt sich aus der nicht aufklappbaren Mittelarmlehne nach vorne fahren, es ist allerdings unpraktisch formatiert: Was man hineinlegt, kann nach hinten rutschen/rollen und muss dann entweder per Vollbremsung nach vorn geholt werden oder indem man die Hand hineinzwängt.

An der Vorderkante der Mittelarmlehne befinden sich zwei Tasten für die Fensterheber. Vier wären besser, denn das Umschalten zwischen vorn und hinten funktioniert nur mäßig.

So fährt es sich im Volvo EX30
Von den Fahrleistungen her: sportlich. Auch wenn der Testwagen „nur“ den „schwachen“ Antrieb hat, mit Heckantrieb und 272 PS (es gibt auch noch den Allradler mit 428 PS) sowie 343 Nm. Der Volvo geht mit seinen 1787 kg laut Zulassung richtig ab. Nach 5,3 Sekunden stehen 100 km/h am Tacho. Dass er nur 180 km/h läuft, liegt an Volvos Sicherheitsbeschluss.

Nicht sportlich ist hingegen das Fahrwerk. Komfortabel ist es aber auch nicht. Der Volvo EX30 ist ziemlich hart gefedert. Man spürt also Unebenheiten ziemlich deutlich. Vorteil: Er neigt sich in Kurven kaum zur Seite. Aber: Die Dämpfung ist ziemlich weich. Deshalb liegt er nicht sehr satt, weil die Federn lang nachschwingen. Schnelle, enge Kurven, vor allem wenn es nicht ganz eben ist, sind also heikel. Da greift dann gern mal das ESP ein.

Dazu kommt die völlig gefühllose Lenkung. Also man spürt nicht so genau, was das Auto gerade macht. Das wirkt alles eher schwerfällig. Aber wer keine sportlichen Ambitionen hat, sondern eher gemütlich unterwegs ist, der wird trotzdem zufrieden sein.

Sehr gut ist das Bremsgefühl, also das, was man bekommt, wenn man aufs Bremspedal steigt. Wenn man den Fuß vom Fahrpedal nimmt, wird entweder fast gar nicht rekuperiert oder one-pedal-mäßig stark. Mehr Variation lässt sich nicht einstellen.

Die soft skills beim Fahren
Wichtig: Man muss auf den ersten Metern den Tempolimitwarner und den aktiven Spurhalteassistenten abschalten. Das geht recht schnell mit insgesamt vier Klicks. Und das ist insofern wichtig, als der Limitwarner noch schlechter funktioniert als bei den meisten anderen Herstellern. Es ist mir nicht nur einmal passiert, dass in einer Ortschaft z.B. ein Limit von 100 km/h angezeigt worden ist.

Und das mit dem Spurhalter ist auch so ein eigenes Thema. Man kann zwar auf kurzem Weg den aktiven abschalten, das betrifft aber nicht den Spurhalte-Lenkradvibrator. Der ist gut im Menü versteckt und ebenfalls nach jedem Neustart wieder aktiv.

Auch sonst ist die Elektronik teilweise kritikwürdig. Der Fernlichtassistent ist unbrauchbar, weil er immer wieder kurz aufblendet, wenn man hinter jemandem herfährt. Der glaubt dann, dass man ihn bedrängen will.

Was gut funktioniert, ist der selbst lenkende Pilotassist. Allerdings nur bis Tacho 130, mehr lässt er nicht zu. Der nicht lenkende Abstandstempomat erlaubt bis zu 150 km/h. Wie man die beiden aktiviert, muss man wissen (siehe Video).

Gewöhnungsbedürftig: die nicht blind zu bedienenden Touchelemente am eckigen Lenkrad und der fehlende Tacho dahinter. Das Tempo wird links am Display eingeblendet, Kontrollleuchten – etwa die für das Fernlicht - rechts oben an der Kante, also maximal weit weg. Das ist weder im Sinne des Fahrers noch der Verkehrssicherheit.

Schnell voll, aber auch schnell leer
Der EX30 ist nicht gerade der Sparsamste. Sein WLTP-Verbrauch liegt zwar bei nur 17 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Im Test zeigte der Bordcomputer aber im Schnitt 27,5 kWh/100 km, und das bei Temperaturen, die sich immer im zweistelligen Bereich befanden.

In der Realität komme ich also mit 64 Kilowattstunden Netto-Kapazität von 100 bis 0 Prozent 230 Kilometer weit, nicht 476. Und ganz realistisch würde ich wahrscheinlich von 80 bis zehn Prozent fahren, dann sind’s noch gut 160 Kilometer. Nota bene: Ich fahre E-Autos so, wie ich auch Verbrenner fahre. Das heißt auch Tacho 140 auf der Autobahn. Wer sachte und sparsam fährt, kommt wahrscheinlich weiter.

Das Aufladen geht aber schnell: mit maximal 150 kW dauert’s von 10 auf 80 Prozent gerade mal 26 Minuten. An der Wallbox lädt der EX30 serienmäßig mit 11 kW, das Topmodell hat ein 22-kW-Ladegerät. Es wird auch noch eine kleinere Batterie angeboten, die fasst netto 49 Kilowattstunden (WLTP-Reichweite: 344 km).

Das Platzangebot
Das Ladekabel passt in den kleinen Frunk, wenn man geduldig ist und es geschickt zusammenrollt. In den Kofferraum hinter der serienmäßig elektrischen Heckklappe passen 318 bzw. 900 Liter. Er hat einen praktischen doppelten Boden. Auf den Rücksitzen geht es hingegen beengt zu.

Die Preise
Bei 36.950 Euro für den Single-Motor-Hecktriebler in Ausstattung Core mit 49-kWh-Akku fängt die Preisliste an, das Upgrade auf die eigentlich unverzichtbare 64-kWh-Batterie kostet 5220 Euro. Macht also einen Einstiegspreis von 42.170 Euro, abzüglich Förderung von 5400 Euro. Die Topausstattung Ultra kommt auf 48.830 Euro, da ist aber z.B. weder Sitz- noch Lenkradheizung dabei. So kommt der Testwagen auf einen Preis von über 50.000 Euro.

Interessantes Detail: Die Wärmepumpe ist bei der zweimotorigen Variante serienmäßig, für den Single Motor aber gar nicht erhältlich.

Fahrzit
Ein flotter, kleiner Stromer ist er, der Volvo EX30. Allerdings auch ein teurer, wenn man die größere Batterie wählt, weil die kleinere nur für den städtischen Bereich brauchbar ist. Er tritt sympathisch auf, zeigt im Detail aber Schwächen. Über die kann man hinwegsehen, wenn einem das Design und die Aura der Marke Volvo wichtiger sind. Das wäre dann ein Zugang, wie er bei Elektrogeräten eigentlich üblich ist.

Warum?
Sympathischer Auftritt
Spritziger Antritt

Warum nicht?
Unausgewogenes Fahrwerk
Unausgereifte Bedienung

Oder vielleicht ...
... Smart #1 und #3, Jeep Avenger, Peugeot e2008, Opel Corsa E, Hyundai Kona Electric

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(Bild: kmm)



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