Sparpaket-Debatte

Den Jubelchören folgte Oppositions-Gewitter

Österreich
28.03.2012 12:56
Aufmerksame Zuhörer, einhelliger Applaus, fast perfekte Ein- und wohlklingende Mehrstimmigkeit am Podium: Es war ein Ausnahmeabend im österreichischen Parlament, als am Dienstag die "Hohe Haus Musik" - der Chor aus Abgeordneten und Parlamentsmitarbeitern - gemeinsam mit Musicalstars wie Uwe Kröger, Maya Hakvoort oder Ramesh Nair ein Benefizkonzert gab. Den Jubelchören folgte am Mittwoch allerdings ein heftiges Oppositions-Gewitter über das Sparpaket im Parlament.

Der Abend davor verlief jedenfalls harmonisch: Auf Initiative von Chorsängerin Christine Marek wurde zum Benefizkonzert gerufen, die Einnahmen kommen vollständig dem Verein "Rainbows" zugute, der Kinder nach Trennung oder Scheidung der Eltern begleitet. Hits aus "Dirty Dancing" oder "James Bond", aber auch Wienerlieder und "Lollipop" bestimmten die Darbietung von "Hohe Haus Musik" und begeisterten die Zuhörer (Video in der Infobox).

Dass die Zusammenarbeit von wenigen Profis und vielen Laien im Parlament so reibungslos funktionierte, lag nicht zuletzt an der intensiven Probenarbeit unter Chorleiter Jean-Jacques Rousseau. "In jeder freien Minute haben sie ihre Probentermine", erzählte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und meinte gelassen: "Schaden wird's nicht." Ein frommer Wunsch von Moderator Alexander Goebel - "Wer heute gemeinsam atmet, kann morgen vielleicht nicht gleich wieder streiten" - ging dann allerdings nicht in Erfüllung.

Sparpaket-Debatte beginnt mit "Husch-Pfusch"
Bereits vor Beginn der offiziellen Sparpaket-Debatte brach am Mittwoch nämlich ein Oppositions-Gewitter über die Regierung herein. Mit einer Einwendung gegen die Tagesordnung hievte sich das BZÖ an die Spitze der Rednerliste und konnte seinen Obmann Josef Bucher als Ersten über die "einmalige Husch-Pfusch-Aktion" der Koalition schimpfen lassen.

Bucher beklagte, dass das Konsolidierungspaket durchs Parlament gepeitscht worden sei. Auch davor habe es gerade einmal eine Woche Zeit für eine Begutachtung gegeben - und das obwohl sich schon jetzt zeige, dass die vorgelegten Zahlen falsch seien.

Strache vergleicht Fekter mit Pippi Langstrumpf
In der offiziellen Debatte nahm FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache dann eine Anleihe in der Welt des schwedischen Kinderbuchs und verglich Finanzministerin Maria Fekter mit Pippi Langstrumpf: "Ich mache mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt." Denn nach der Absage des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble an die Finanztransaktionssteuer und der Zurückhaltung der Schweiz in Sachen Steuerabkommen sei klar, dass außer den Belastungen für die Bevölkerung sämtliche Ebenen des Sparpakets wegbrechen würden. Fekter aber tue so, als gäbe es diese Probleme gar nicht.

"Kleinmut tut selten gut", antwortete SPÖ-Klubobmann Josef Cap quasi in Vertretung der Finanzministerin und betonte, dass man nach Schäubles Worten erst recht für die Finanztransaktionssteuer kämpfen werde. Cap blieb auch gleich beim Kämpfen. Dem wolle er sich nämlich auch beim Steuerabkommen mit der Schweiz widmen, versprach der Fraktionschef, nicht ohne die Eidgenossen und vor allem Liechtenstein dafür zu tadeln, dass es für Personen wie Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser dort möglich sei, verschwiegen Gelder zu bunkern.

Glawischnig gegen Steuerabkommen mit der Schweiz
Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig wiederum wandte sich überhaupt gegen ein Abkommen mit der Schweiz, würden damit doch Steuersünder sogar profitieren. Stattdessen brauche es in Europa einen automatischen Datenaustausch über Steuersünder. In Sachen Transaktionssteuer riet Glawischnig der ÖVP, einmal den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und bei der Schwesterpartei CDU in Deutschland anzurufen, um Konsens für das Projekt herzustellen. Gelinge das nicht, solle die Koalition wenigstens ehrlich sagen, woher sie das Geld für ihr Sparpaket sonst nehmen wolle.

Er verstehe nicht, wieso die Oppositionspolitiker überhaupt in der Politik seien, seufzte daraufhin ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll und vermutete: "Für Sie ist Politik Lust an der Schwarzmalerei." Auch wenn die Transaktionssteuer vielleicht nicht so komme, wie sie jetzt am Tisch liege, werde es eine Finanzsteuer geben - "in absehbarer Zeit". Was das Sparpaket insgesamt angeht, geriet Stummvoll ins Schwärmen: Eine "gewaltige Leistung" sei, dass zwei Parteien mit so unterschiedlichen Grundpositionen solch ein ausgewogenes Paket zusammengebracht hätten.

Regierung lässt sich ihr Sparpaket nicht madigmachen
Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger wollten sich das Sparpaket von der Opposition jedenfalls nicht madigmachen lassen. Faymann verwies einmal mehr auf das niedrige Zinsniveau bei Staatsanleihen und die guten Beschäftigungsdaten im internationalen Vergleich. Österreich gehöre zu den Musterländern in Europa, von instabilen Verhältnissen könne keine Rede sein. "Das kann doch nicht von ungefähr kommen." Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern habe man für die Stabilisierung der Staatsfinanzen weder die Mehrwertsteuer erhöht noch die Pensionen real gekürzt. "Wir unterscheiden uns von jenen, die mit Sozialabbau diese Krise beantwortet haben", sagte Faymann.

Die Finanztransaktionssteuer will der Kanzler weiter mit vollem Einsatz verfolgen, auch wenn es dazu in Deutschland "keine Einheitlichkeit in der Meinungsbildung" gebe. Ähnlichen Optimismus versprühte auch Spindelegger. Wie schon den Fiskalpakt könne man eine solche Steuer durch verstärkte zwischenstaatliche Zusammenarbeit zustande bringen, auch wenn es dann kein Projekt der EU-27 sei.

Spindelegger: "Ob es Ihnen passt oder nicht"
Die Abgeltungssteuer mit der Schweiz werde man ebenso ins Finale bringen, "ob es Ihnen passt oder nicht", so der Vizekanzler in Richtung Opposition. Schon mit den nun zum Beschluss anstehenden Gesetzen des Konsolidierungspakets habe man ein "gewaltiges Programm" im Zeichen des Schuldenabbaus geschafft. "Die nächsten Generationen haben das Recht darauf, dass wir ihnen Chancen vererben, und nicht Schulden", betonte er. Finanzministerin Fekter mit Pippi Langstrumpf zu vergleichen, war für Spindelegger nur mit dem "kindlichen Gemüt" von FP-Klubchef Strache erklärlich.

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