„Er hat sich das Messer selbst hineingerammt“, sagt ein Wiener schon vor der Polizei, bleibt bei dieser Version auch vor Gericht. Mit einem Stich in die Brust tötete er einen Tschetschenen in einem Gerangel. Notwehr entscheiden die Geschworenen - wenn auch übertrieben ...
„Achtung Messer“, schrie ein Zeuge dem Opfer noch zu. Doch die Warnung kam zu spät, da stach ihm der 38-Jährige schon in die Brust. Sofortige Erste-Hilfe-Maßnahmen und eine Notoperation konnten dem Mann nicht mehr helfen, er starb neun Tage später im Krankenhaus.
Gerangel bei U-Bahn-Station Margaretengürtel
Aber warum zückte der nun wegen Mordes angeklagte Wiener sein Klappmesser? Das wird auch im Prozess im Wiener Landesgericht nicht klar. Es hätte einen Streit zwischen dem Angeklagten und dem getöteten Tschetschenen gegeben - den Auslöser kann keiner der Zeugen nennen.
Aus Streit wurde Gerangel beim Kebapstand bei der U4-Station Margaretengürtel: Das Opfer habe auf den 38-Jährigen eingeschlagen, ihn zu Boden gerissen. Also zückte er ein kleines schwarzes Messer, hielt es schützend vor sich. „Weil sich das Opfer auf ihn werfen wollte, habe er sich das Messer selbst hineingerammt“, schildert die Staatsanwaltschaft die Version des Wieners in der Anklage.
Als ich das Messer vor mich gehalten habe, ist er im selben Moment auf mich zugestürmt.
Angeklagter Wiener spricht von Notwehr gegen den Tschetschenen.
Die er auch vor Gericht vertritt, denn er wäre angegriffen worden, er sei das eigentliche Opfer - er habe um sein Leben gefürchtet. So aggressiv wäre der Tschetschene auf ihn losgegangen. „Als ich das Messer vor mich gehalten habe, ist er im selben Moment auf mich zugestürmt“, schildert der Angeklagte der Richterin.
Die Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger und Lukas Hruby sprechen deswegen von einer Notwehrsituation. Denn auch die Zeugen berichten unisono von einem Gerangel zwischen den zwei Männern, bevor der Wiener das Klappmesser zückte. Sogar ein Freund des Opfers verlässt den Verhandlungssaal nach seiner Zeugeneinvernahme mit den Worten: „Er ist unschuldig.“
Überwachungsvideo bringt Klarheit
Und das glauben auch die Geschworenen: Den tödlichen Bruststich durch den 38-Jährigen bewerten sie als Notwehr-Exzess. Es lag also eine Situation vor, in der er sich wehren musste - das gerechtfertigte Maß der Verteidigung überschritt er aber.
Wir waren von Anfang an von der Unschuld unseres Mandanten überzeugt. Der Schwurgerichtshof hat richtig und zu Recht die Notwehrsituation erkannt.
Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger und Lukas Hruby
Vom angeklagten Mord - mit einer Strafdrohung von bis zu lebenslanger Haft - wird der zehnfach vorbestrafter Wiener freigesprochen. Er kassiert wegen grob fahrlässiger Tötung - schließlich war ein Messer im Spiel - eine vergleichsweise milde Strafe: Vier Jahre Haft - nicht rechtskräftig.
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